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60 Jahre Audiokassette – ein paar nostalgische Gedanken

19. September 2023

Ich hätte eigentlich Musikproduzent werden können, zumindest rein technisch. In meiner Jugend hatte ich Schallplatten und Kassetten sowie von meinem Papa ein Tonbänder. Ich hatte ein Vierspur-Mixer von Tascam und wollte Hörspiele aufnehmen und scheiterte an meinem Erstlingswerk Krieg und Frieden von Lew Nikolajewitsch Tolstoi auf ganzer Länge. Warum klein anfangen, dachte ich mir, griff nach den Sternen und scheiterte. Meine einzige Leistung als Musikproduzent war, dass ich Schallplatten auf Musikkassette überspielte oder eigene Mixtapes zusammenstellte. Dabei blieb es dann auch.

Die Musikkassette verschwand im Laufe der Jahre aus meinem Leben, die Vinyl-Schallplatte überlebte bis heute. Ein Tapedeck von JVC liegt noch im Keller, die meisten Musikkassetten wurden entsorgt. Ich habe nur noch das Bundle von „War of the Worlds“ von Jeff Wayne von 1978, zwei Kassetten. Leider ist der Pappschuber inzwischen verschwunden.

Die Musikkassette wurde dieses Jahr 60 Jahre alt. Eigentlich war sie 1963 als sprechendes Notizbuch gedacht, entwickelte sich aber zum preisgünstigen Medium für Musik und für mich als Nachwuchsmusikproduzent war sie ideal. Die Tonbänder meines Vaters klangen zwar besser, waren aber deutlich teuerer.

1963 wurde die Musikkassette auf der Funkausstellung vorgestellt und zog seinen Siegeszug an. Als Kind hatte ich Märchenaufnahmen auf Vinyl und auch auf Kassette. Letztere waren wichtig, denn der Kassettenrekorder, wir sprechen hier nicht vom Ghettoblaster, sondern von einem einfachen Batteriebetrieben Mono-Abspielgerät, das war auf Autofahrten meiner Eltern meine Unterhaltung und wohl auch die Qual meiner Eltern. Ein Kassettendeck im Auto kam erst viel später in unsere Familie. Pumuckl und Hui-Buh waren meine Helden.


In den Kauf von bespielten Musikkassetten bin ich nie groß eingestiegen. Ich setzte mehr auf Vinyl und später auf CD. Die Musikkassette war eher was, um selbst Musik aufzuzeichnen. Freitag abend, die Top Ten mit der Hoffnung, dass der Moderator nicht ins Lied quatscht. Press Record and Play – hieß es damals. Aufgezeichnet wurde bei mir auf BASF- und TDK-Kassetten, mein C60 und auch auf C90. Es hab auch C120-Kassetten, die rissen allerdings öfters beim Hin- und Herspulen. Und dann war noch das leidige Thema Bandsalat, ältere Leser wissen noch, was ich meine.

Jetzt habe ich gesehen, dass Künstler wieder Musikkassetten von ihren Werken verkaufen und junge Menschen legen große Euros dafür hin. Da bin ich raus. Ich bin zwar ein Retro-Liebhaber, aber das tue ich mir nicht mehr an in meinem Retro-Wahn. Und ich höre, dass die Kassetten gar nicht angehört, sondern vielmehr gesammelt werden. Es scheint ein lukrativer Markt zu sein, der allerdings ohne mich stattfindet. Als Kinofan erinnere ich mich an Guardians of the Galaxy. Hier ziert eine Musikkassette den Soundtrack mit alten Lieder meiner Jugend. Hollywood befeuert den Trend zurück zur Musikkassette. Das JVC-Kassettendeck bleibt im Keller und verstaubt. Aber der Musikkassette gratuliere ich natürlich von Herzen zum 60. Geburtstag.