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Star Trek Beyond – meine Filmkritik

29. Juli 2016

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Grundsätzlich: Was ist das für eine Welt, in der die Beastie Boys mit Sabotage das gesamte Universum retten? Wäre es da nicht besser, die Welt würde untergehen? Diese grundsätzliche Frage sei Star Trek Beyond mal vorangestellt.
Als seltene Spezies, der sowohl Star Trek als auch Star Wars mag, musste ich Star Trek Beyond natürlich unbedingt sehen, wie alle anderen Star Trek-Filme bisher auch. Fazit: Unterhaltsamer Film, aber viel zu schnell geschnitten, routinierte Schauspieler und überragender Soundtrack. Kann man schauen, muss man als Fan aber auf alle Fälle. Star Trek Beyond ist der 13. Film der Reihe und kommt rechtzeitig zum 50. Jubiläum der Serie. Also wieder ein Kultur-Beitrag zur 4. Blogparade #Kulttrip meiner IronBlogger-Kollegin Tanja Praske.
Ich habe das Gefühl, dass Star Trek Beyond irgendwie als Versöhnungsnummer daher kommt. Regisseur Justin Lin will den alten Trekkies-Fans die Hand reichen. Star Trek Beyond erinnert in manchen Momenten an die alte Serie: Die Kulissen, die Monster und sogar ein altes Motorrad ist dabei. Sehr schön. Aber dann kommt es wieder knüppelhart: Die Story wird seichter, die Action nimmt zu, die doofen Sprüche da.

Heimlicher Held ist nicht Kirk und Co, sondern die Tricktechnik. CGI kann zeigen, was State of the Art ist. Neben der Zerstörungsorgie rund um die Enterprise (schon wieder ist ein Schiff kaputt), hat mich vor allem die Weltraumstation Yorktown fasziniert. So könnte eine aufgeblasene ISS in der Zukunft aussehen — Deep Space nine war nur der Anfang. Straße, Plätze, Züge der Zukunft – eine faszinierende Sichtweise. Vielleicht gibt es ja ein Hinter den Kulissen-Buch, das Yorktown näher zeigt. Diese visuellen Effekte sind wunderbar, doch leider verlieren sich da die Darsteller. Manches Mal erkannte ich keine Handlung mehr, nur noch grandiose Effekte.
Auch die Geschichte passt in unsere Zeit. Die ersten Minuten des Films, die die Routine auf der Enterprise zeigen, zeugen von Humor. Szenen einer Ehe, Szenen von Beziehungen, Szenen von Langeweile – aber alles humorvoll. So war die alte Enterprise. Kirk ist gelangweilt, Spock am Ende seiner Liebschaft mit Uhura – Pille freut sich auf den Alkohol. Dann wird der Humor wieder der typische Blockbuster-Humor. Am Ende des Cliffhangers einen dummen Spruch zur Auflockerung – braucht es das wirklich?

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Regisseur Justin Lin dreht auf
Regisseur Justin Lin dreht voll auf. Und ich schlagartig wusste ich wieder, warum ich die The Fast and the Furious-Serie nicht mag. Zu wenig Inhalte, zu viel Action – die Zeichnung der Charaktere blieb in diesen Filmen auf der Strecke. Bei Star Trek Beyond reißt sich Justin Lin größtenteils am Riemen. Das liegt aber vor allem daran, dass dem Zuschauer seit Jahren die Charaktere bekannt sind. Justin Lin lässt keine Zeit der Entwicklung zu, sondern wirft den Zuschauer voll ins Geschehen und setzt Inhalte und das Trekkie-Beziehungsgeflecht einfach voraus. Damit habe ich als alter Hase kein Problem, aber für Neueinsteiger in die Serie ist dieser Film absolut nichts. Da sollte man besser bei Star Trek von J.J. Abrams einsteigen, wenn nicht gar bei der ganz alten Serie. James „Jim“ T. Kirk leidet unter dem Trauma seines alten Herrn, Cmdr. Spock hat ein Verhältnis mit Lt. Nyota Uhura, Lt. Cmdr. Montgomery „Scotty“ Scott kommandiert Keenser herum, Fähnrich Pavel Chekov will alles richtig machen und und und. Leider entwicklen sich die Figuren im Film kaum weiter. Einzig vielleicht Spock nach dem Tod seines Alter Egos. Und Sulu – aber dazu später.
Eine absolute Bereicherung des Films ist Jaylah, die ein wenig an das David Bowie-Design der siebziger Jahre erinnert. Sie bringt frischen Wind in die Serie und wird am Schluss in die drögen Sternenakademie-Klamotten gepresst. Ihre Freiheit ist dahin, Anpassung lebe hoch – vielleicht ist das die Lehre des Films.

Sulu ist homosexuell
Neu, absolut neu, war die homosexuelle Beziehung von Lt. Hikaru Sulu. Er hat sein Coming-Out in diesem Film. Der ursprüngliche Sulu-Darsteller der TV- und alten Kinoserie George Takei ist homosexuell und vielleicht war dies der Grund, warum Drehbuchautor Simon Pegg einen schwulen Sulu in den Star Trek Beyond hineingeschrieben hat. Dem Film selbst bringt das Coming-Out nicht weiter, aber es ist eine interessante Information am Rande, die sicherlich unter Trekkies diskutiert wird. Star Trek-Schöpfer Gene Roddenberry lehnte Homosexualität in seiner Serie ab, weil die Welt noch nicht soweit sei. Nun, Kirk hat als erster Weißer eine Farbige geküsst und damals eine TV-Revolution ausgelöst, da kann heute Sulu ruhig homosexuell sein. Eine Kino-Revolution wird es nicht mehr auslösen.
Schade, dass Fähnrich Pavel Chekov nicht mehr dabei sein wird. Sein Darsteller Anton Yelchin starb mit 27. Jahren bei einem Autounfall. Er bekam eine Widmung im Abspann genauso wie der Spock Darstellers Leonard Nimoy. Der nächste Teil der Star Trek Serie ist übrigens bereits in Auftrag gegeben, die ersten Verträge sind unterschrieben.

Hammermusik von Michael Giacchino
Zum dritten Mal komponierte Michael Giacchino die Musik zu einem Star Trek-Film. Mein Empfinden: Mit Star Trek Beyond liefert Michael Giacchino sein Meisterstück ab und hat sich endgültig von Jerry Goldsmith gelöst. Ich habe den Soundtrack bisher nur im Film gehört – das Album Star Trek Beyond erscheint erst in den nächsten Tagen. Mein subjektiver Eindruck während des Films: Das ist ein großartiger Score.

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Wagner im Kino – Parsifal mit Popcorn und Bier #KultTrip

27. Juli 2016

Das erste Mal, dass ich mit der Musik von Parsifal konfrontiert war, muss Anfang/Mitte der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gewesen sein. Eine kulturbeflissene Freundin aus Bildungsbürgerkreisen schleifte mich in die Verfilmung von Hans-Jürgen Syberberg in ein Münchner Kino mit. So etwas hatte ich bis dato nicht gesehen. 255 Minuten eröffnete sich mir eine komplett neue Welt. Das war bewusst mein erster Kontakt zu Richard Wagner und Parsifal ist bis heute meine prägendste Oper des Meisters.

Parsifal neben Star Trek.

Parsifal neben Star Trek.

So hab ich mich gefreut, als ich hörte, dass es in Bayreuth eine Neuinszenierung des Bühnenweihfestspiels geben sollte. Ich hätte sogar eine Karte für die Premiere in Bayreuth bekommen können, aber eben nur eine. Meine Frau hätte zuhause bleiben müssen, was ich nicht wollte. Daher entschieden wir uns für einen anderen Weg des Kulturgenusses, der mich an meine ersten Erlebnisse mit Parsifal erinnerte. Wir schauten uns die Übertragung von Parsifal live im Kino an. Das ist dann auch gleichzeitig mein Beitrag zur 4. Blogparade #Kulttrip meiner IronBlogger-Kollegin Tanja Praske.
Übertragungsort von Wagner im Kino war wie die vergangenen Jahre zuvor das Scala Kino in Fürstenfeldbruck. Neben Fans von Independence Day 2 und Star Trek Beyond trafen sich rund 30 lokale Wagner-Fans zumeist älteres Semesters in der Lobby des Kinos. Ich muss den Betreibern des Scala Kinos mein Lob und meine Anerkennung aussprechen, dass sie eine Übertragung aus Bayreuth zeigen und nicht auf einen US-Blockbuster setzen, der garantiert mehr Umsatz bringt. Vielen Dank liebes Scala-Team, dass ihr uns wie die Jahre zuvor dieses Kulturereignis ermöglicht. Chapeau.

Danke liebes Scala in FFB für die Übertragung des Parsifal.

Danke liebes Scala in FFB für die Übertragung des Parsifal.

Wagner im Kino ist dann doch etwas anders als Wagner im Bayreuth. Im August bin ich wieder beim Holländer vor Ort und quetsche mich in die engen Stühle. Im Kino geht es lockerer zu. Es begann damit, dass ich mir Bier und Popcorn in den Saal mitnahm. In Bayreuth wäre ich dafür am Fahnenmast des Opernhauses aufgeknüpft worden. Klamottentechnisch hatte ich Anzug, Fliege und besondere Schuhe im Kino an – FashionShow muss eben auch im Kino sein.

Sekt vor der Übertragung.

Sekt vor der Übertragung.

Es gab ein Glas Sekt zum Einstand für mich, den ich alleine genoss. Meine Gattin verspätete sich aufgrund eines ärgerlichen S-Bahn-Schadens des MVV. In Bayreuth zu spät zu kommen, kommt einer Todsünde gleich. Wer zu spät kommt oder während der Vorstellung den Saal verlässt, der bleibt vor der Tür bis der Akt/Aufzug beendet ist. Strenge Gesetze sind dies in Bayreuth. Im Kino konnte meine Frau nach Vorstellungsbeginn einfach in den Kinosaal huschen und neben mir Platz nehmen.

Axel Brüggemann gibt sich Mühe, aber Katharina Wagner ist nicht bei der Sache.

Axel Brüggemann gibt sich Mühe, aber Katharina Wagner ist nicht bei der Sache.

Zudem gab es im Kino ein Erläuterungsprogramm. Locker wie immer spricht Musikjournalist Axel Brüggemann mit den Verantwortlichen am grünen Hügel, wobei Katharina Wagner mal wieder komplett unsympathisch herüber kommt. Die Dame des Hauses schaut während des Interviews nach oben und ihre Antworten sind nicht gerade das, was ich unter Begeisterung verstehe. Da hätte ich gerne den musikalischen Direktor Christian Thielemann im Gespräch gehabt. Der hätte sich auch gleich zum Abgang des Dirigenten Andris Nelsons äußern können, an dem Thielemann seiner Meinung nicht Schuld gewesen sein soll. Nein, da lieber die Decke des Schweigens über den Eklat legen und Blabla machen.
Schön war daher das Interview mit dem eingesprungenen Dirigenten Hartmut Haenchen. Ich bin begeistert, von seiner Interpretation von Parsifal. Nach seinen Worten gibt er den Parsifal, wie ihn Wagner sich vorgestellt hat. Das bedeutet, Haenchen hat massiv an Tempo und Ausdruck gearbeitet und einen vergleichsweise kurzen Parsifal dargeboten. Andere Dirigenten brauchen für die gleiche Oper fast eine Stunde länger. Ich war bisher auf die Version von Knappertsbusch eingeschworen. Mir hat die neue musikalische Interpretation des Werkes durch Haenchen gefallen – und dies nach einer vergleichsweise kurzen Probephase, nachdem Nelsons das Handtuch geschmissen hat. Ich erinnere mich gerne an die schnelle Bayreuth-Aufnahme Parsifalvon Pierre Boulez. Haenchen durfte 1971 hospitieren und hat nun seine Interpretation geschaffen. Auch das Problem mit dem Bayreuther Graben hat Hartmut Haenchen wunderbar gelöst. Orchester und Sänger spielen zeitversetzt.

Stark: Georg Zeppenfeld als Gurnemanz

Stark: Georg Zeppenfeld als Gurnemanz

Für mich die beste Sängerleistung war Georg Zeppenfeld als Gurnemanz sowie Elena Pankratova als Kundry. Und auch die Inszenierung hat mir zugesagt. Die Neuinszenierung von Uwe Eric Laufenberg passte für mich ideal in die heutige Zeit. Parsifal ist ein sakrales Werk voller Leid. Und wenn am Ende die Sänger die religiösen Symbole aller Religionen in einen Sarg packten, hatte das für mich starke Symbolkraft. Diese religionskritische Interpretation angesiedelt an einem Ort zwischen Nordirak und Syrien fand ich prima. Gralsritter und das Mysterium des Grals und der heiligen Lanze im neuen Gewand. Die Verwandlungsmusik wird optisch durch das Herumstreifen im Weltall dargestellt. Es regnet Kreuze, die Kirche als Schutzplatz für andere Religionen – viel Stoff für Interpretationen. Über allen schwebte die göttliche Musik von Richard Wagner. Der Schluss mit dem Höchsten Heiles Wunder! demonstriere mir wieder, warum ich die Musik von Richard Wagner so mag. Politisch lehne ich Wagner ab, musikalisch verehre ich ihn.

Tolle Interpretation durch Hartmut Haenchen

Tolle Interpretation durch Hartmut Haenchen