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Buchkritik: Woanders ist auch Alltag von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt

27. November 2023

Ein Traum vieler Journalistenkollegen meiner Jugend war der Beruf des Auslandskorrespondenten. In „Woanders ist auch Alltag“ präsentieren Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt den Lesern eine humorvolle und interessante Reise durch die ungewöhnlichen Orte und Kulturen der Welt. Dieses Buch, das 2014 veröffentlicht wurde, zeichnet sich durch seine Beschreibungen und Erzählungen aus.

Entstanden ist das Büchlein auf Basis einer Sendung namens „Alltag anders“ im Frühstückshörfunk von „Deutschland Radio Kultur“, die die beiden Autoren entwickelt haben. Entsprechend häppchenweise und mundgerecht ist auch das Buch dazu gestrickt, Tiefschürfendes zu anderen Kulturen sollte man nicht erwarten. Wenn Auslandskorrespondenten mal nicht über die große Politik sprechen, sondern über ihren Alltag vor Ort, erfährt man die wirklich wichtigen Dinge: Busfahren in Los Angeles sollte man unbedingt vermeiden, denn es macht einen zum Loser. Gibt es einen Blechschaden auf Buenos Aires Highways, kann man hemmungslos wüste Beschimpfungen ausstoßen, aber anhalten ist nicht nötig. Und öffentliche Toiletten sind in Japan sehr zu empfehlen, da wird selbst der Klogänger vollautomatisch gereinigt. – Überraschend, erhellend und unterhaltsam, denn das Alltagsleben rund um den Globus ist vertraut und fremd zugleich.

Die beiden Autoren, erfahrene Journalistenkollegen, haben ihre Begegnungen und Erfahrungen in den entlegensten Teilen der Welt gesammelt. Das Buch ist in sechs thematische Kapitel unterteilt, die verschiedene Aspekte des alltäglichen Lebens in ungewöhnlichen Regionen beleuchten. Die Themen reichen von Architektur und Wohnen über Essen und Trinken bis hin zu Arbeit und Freizeit.

Das herausragende Merkmal des Buches sind die Geschichten und Anekdoten, die die Autoren mit ihren Lesern teilen. Sie nehmen den Leser mit in abgelegene Bergdörfer in Nepal, auf die Straßen von Havanna in Kuba, in die schwimmenden Märkte von Bangkok und viele andere Orte. Die Autoren beschreiben die Menschen, die sie getroffen haben, und vermitteln ihre Geschichten auf eine Weise, die den Leser unmittelbar in die jeweilige Kultur eintauchen lässt.

Die sorgfältige Recherche und die Liebe zum Detail sind in diesem Buch offensichtlich. Die Autoren haben sich bemüht, die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Regionen, die sie besucht haben, gründlich zu verstehen. Sie werfen einen Blick auf die Architektur und die Art und Weise, wie Menschen in verschiedenen Teilen der Welt wohnen, was dazu beiträgt, die Einzigartigkeit und Vielfalt der menschlichen Kreativität zu würdigen.

Ebenso faszinierend ist die Betrachtung von Essen und Trinken in verschiedenen Kulturen. Die Autoren nehmen den Leser mit auf eine kulinarische Weltreise und stellen lokale Speisen und Getränke vor. Dieser Aspekt des Buches ist nicht nur informativ, sondern regt auch den Leser an, seine eigenen kulinarischen Horizonte zu erweitern.

Ein weiterer Punkt des Buches ist die Betrachtung von Arbeit und Freizeit in verschiedenen Kulturen. Die Autoren erkunden die verschiedenen Berufe, die Menschen in den besuchten Regionen ausüben, und zeigen, wie sich Arbeit und Freizeit in verschiedenen Teilen der Welt gestalten.

Obwohl das Buch ohne Illustrationen oder Fotos auskommt, gelingt es den Autoren dennoch, die Schönheit und Faszination des Alltagslebens in entlegenen Teilen der Welt auf eindrucksvolle Weise einzufangen. „Woanders ist auch Alltag“ ist nicht nur für Reiseliebhaber interessant, sondern für jeden, der an verschiedenen Kulturen und Lebensstilen interessiert ist. Und es ist eine interessante Arbeit von Auslandsjournalisten.

Persönlicher Nachruf auf Gerd Ruge

18. Oktober 2021

Mit 93 Jahren starb eine Legende: Gerd Ruge ist tot. Ein journalistisches Vorbild hat seine wachen Augen für immer geschlossen. Für mich war Ruge ein Vorbild, obwohl ich nie mit ihm arbeiten durfte. Diese Auszeichnung wurde mir nie zu Teil.
Ich habe die Arbeit von Gerd Ruge immer geschätzt, den Menschen kannte ich nur aus Erzählungen, aber der Reporter war mir Zeit seines Lebens präsent. Mein Vater hatte das Buch von Ruge Zwischen Washington und Moskau – Europa in der Konfrontation der Supermächte. Das bekam ich als Jugendlicher in die Hände und war über den Stil begeistert. Ich hatte damals Peter Scholl-Latour, Peter von Zahn und Dieter Kronzucker gelesen. Nun hatte ich Gerd Ruge für mich entdeckt.

Als es 1991 zum Putsch gegen Gorbatschow kam, hing ich vor dem Fernseher und verfolgte die Dauerreportagen von Gerd Ruge, der mir die Lage vom russischen Weißen Haus ins Wohnzimmer brachte. Manches Mal vernuschelt, aber immer objektiv. Der Mann konnte einfach mit Menschen. Später erschien dazu sein Buch: Der Putsch: Vier Tage, die die Welt veränderten
Er hatte den Dreh raus, um den Menschen zu erreichen. Ob er es unabsichtlich machte oder ob er diesen Stil bewusst einsetzte, das weiß ich nicht. Funktioniert hat es immer. Ich sagte einmal zu einem Kollegen, dass mich Ruge an die TV-Figur Colombo erinnerte – und das meine ich mit großem Respekt. Ruges Spruch lautete: „Wie ist das Leben?“ – und damit hatte er den Interviewpartner.

Mein Autogramm von Gerd Ruge.

Auf einer Veranstaltung, ich glaube es war die Verleihung des Gerd Ruge Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW, durfte ich ein paar Worte mit ihm wechseln. Und ich bat ihn um ein Autogramm. Ich hatte aus München extra eine alte Autogrammkarte vom WDR mitgebracht.
Er lachte und nuschelte etwas, warum ich kein neues Buch zum Unterschreiben dabei hatte. Ich lachte und sagte sinngemäß, dass er für mich ein Mann des Fernsehens sei und daher erschien mir die WDR-Autogrammkarte am passendsten. Wir beide lachten, er unterschrieb und das war leider meine einzige Live Begegnung mit Gerd Ruge. Das Autogramm hängt heute in meinem Arbeitszimmer.

Zur Person Gerd Runge
Gerd Ruge wurde am 9. August 1928 in Hamburg geboren. Seine berufliche Laufbahn begann er 1949 beim damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in Köln. 1956 ging er als erster ständiger Korrespondent für die ARD nach Moskau. 1963 entwickelte er mit dem Journalisten Klaus Bölling die ARD-Sendung „Weltspiegel“. Bis 1969 war Ruge Amerika- und Washington-Korrespondent der ARD und kehrte dann als ARD-Chefkorrespondent und Leiter des WDR-Studios zurück nach Bonn. 1973 bis 1976 war Ruge Korrespondent der Tageszeitung „Die Welt“ in Peking, wurde 1977 für den WDR ARD-Hörfunkkorrespondent in Moskau und ab 1981 WDR-Fernseh-Sonderkorrespondent. Gerd Ruge leitete u.a. die Redaktionen „Monitor“ und „Weltspiegel“ im WDR sowie die Programmgruppe Ausland. 1987 ging er als ARD-Korrespondent und Studioleiter zurück nach Moskau, wo er bis zum Ruhestand 1993 arbeitete.
Dem Bildschirm verbunden blieb Ruge durch seine Reisereportagen „Gerd Ruge unterwegs“ und die Moderation der 3sat-Talkrunde „NeunzehnZehn“. Von 1997 bis 2001 leitete er den Bereich Fernsehjournalismus an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. 1999 wurde er Präsident der Jury des „Prix International des Correspondants de Guerre“. Gerd Ruge war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. drei Adolf-Grimme- Preise, den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis sowie 2014 den Ehrenpreis der Stifter des Deutschen Fernsehpreises.

Anforderungen an den Journalisten von heute – Dietmar Gaiser im Interview

8. Dezember 2014

Dietmar Gaiser (r) im Gespräch mit Matthias J. Lange von redaktion42.

Dietmar Gaiser (r) im Gespräch mit Matthias J. Lange von redaktion42.

Wie muss der Journalist der Gegenwart und Zukunft aussehen? Diese Frage stellte ich einen alten Hasen der Zunft: Dietmar Gaiser.
Gaiser ist gelernter Tageszeitungsjournalist, arbeitete im Lokalen im Allgäu, berichtete ein Jahr als Korrespondent aus Vietnam und schrieb später für die tz München. Später wechselte er zum Bayerischen Fernsehen und wurde richtig bekannt als Moderator verschiedener Sendungen wie Kunst und Krempel oder Bürgersendungen wie Jetzt red i. Hier zeigte sich vor allem seine Schlagfertigkeit. Noch heute arbeitet Dietmar Gaiser als Coach und Trainer.
Gaiser gibt dem Journalisten eine Chance, aber das Berufsbild hat sich dramatisch verändert. Ein Journalist müsse alle Kanäle ausnützen und seine Geschichten in den verschiedenen Formen erzählen. Jemand, der für eine Tageszeitung nur die schönen Geschichten schreiben will, der werde keine Chance am Arbeitsmarkt haben. Der Journalist von heute müsse in der Flut von Meldungen und Nachrichten Orientierung geben. Das werde mehr denn je benötigt.
Ich führte mit Dietmar Gaiser dieses Interview: