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Der Brand von Notre Dame in sozialen Netzwerken

16. April 2019

Es waren schreckliche Bilder, die wir gestern sehen mussten. Notre Dame in Flammen. Der Dachstuhl der französischen Kathedrale brannte. Ich habe das Unglück live in den sozialen Netzwerken verfolgt und mir immer wieder gedacht, in welcher Welt wir leben.

Die erste Anlaufmeldung kam bei mir aufs Smartphone über die App des Bayerischen Rundfunks. Feuer in Notre Dame. Ich erinnerte mich als ich das erste Mal Notre Dame besucht hatte. Es war auf der Klassenfahrt vor dem Abitur Ende der Achtziger Jahre des vergangen Jahrhunderts. Damals stand viel Kultur auf dem Programm. Ich besuchte unter anderem den Louvre, das Grab von Jim Morrison und Victor Hugo (Der Glöckner von Notre Dame) und natürlich auch Notre Dame selbst. Das Bauwerk machte auf mich einen imposanten Eindruck. 

Dieser Erinnerung an die Schulzeit kam wieder hoch als ich die Flammen aus Notre Dame in den sozialen Medien sah. Zunächst verfolgte ich die Entwicklung des Brandes in Twitter. Dort kamen immer neue Bilder und kurze Clips aus Paris. Verschiedene Hashtags waren im Umlauf. Während Twitter die News brachte, kamen in Facebook die ersten Erinnerungen von Menschen an den Bau. Hier zeigte sich die unterschiedliche Wirkung und Einsatzmöglichkeiten von Social Media. K2 berichtete, dass eine Schulfreundin drei Stunden vor dem Ausbruch des Feuers die Kirche sogar besichtigt hatte. Sie stand mit der Freundin via Messenger in Kontakt. 

Um das Unglück live mitzubekommen, schalte ich auf Periscope um. Der Twitter-Dienst zeigte Live-Videomaterial aus Paris. Viele Menschen richteten ihre Smartphone auf Notre Dame aus und gingen live auf Sendung. Der Übertragungswagen in der Hosentasche ist live dabei. Ich sah wie ein Spitzturm von Notre Dame zusammenbrach und erinnerte mich schlagartig an den 11. September. Damals sah ich den Zusammenbruch der Zwillingstürme live im Fernsehen, heute sehe ich den Brand live im Internet – welche Welt haben wir? 

Die Kommentare in Periscope drehten sich vor allem um Bestürzung und viele drückten ihr Mitgefühl aus. Immer wieder meldeten sich Hater und Trolle in die Timeline, die von einem Attentat schrieben. Ein paar von ihnen habe ich bei Periscope gemeldet, ob es etwas genützt hat, weiß ich nicht. Mir wurden diese Spinner und Verschwörungstheoretiker zumindest ausgeblendet. Zweitweise liefen bei uns mehrere Periscope-Streams nebeneinander. iPhone, iPad und MacBook Pro lieferten den Brand aus unterschiedlichen Bildperspektivem, Mein Schulfranzösisch reichte im Großen und Ganzen aus, um den Fortgang der Löscharbeiten zu verstehen. Menschen schienen nicht durch den Brand zu Schaden gekommen sein. Etwas unverständlich war für mich der Vorschlag von US-Präsident Trump, doch Löschflugzeuge einzusetzen. Die Wucht des abgeworfenen Wassers hätte das historische Gebäude aber zerstört. Da waren die Beileidsbekundigungen unserer deutschen Politiker dann doch angebrachter.  

Am frühen heutigen Morgen dann die Meldung, dass das Gebäude zu retten sei. Einige Kunstwerke konnten auch aus Notre Dame transportiert werden, aber der Dachstuhl sei abgebrannt. Gleich nach dem Aufwachen im Bett schaute ich via Periscope wie der Stand der Dinge war. Der Brand war wohl gelöscht, die Feuerwehr hatte einen hervorragenden Job gemacht. Der Dachstuhl fehlte. In Facebook und Twitter posteten viele Freunde Bilder von ihren Erinnerungen an Notre Dame. Ich muss die alten Fotoalben noch raussuchen. Mein erster Griff in den Buchschrank gehörte einem Bildband von Serge Ramelli, der HDR-Aufnahmen von Paris in Schwarz Weiß gemacht hatte und in seinem wunderbaren Buch Paris veröffentlichte. Darunter auch einige Bilder von Notre Dame. Ein Bild gefällt mir dabei besonders gut. Über eine Doppelseite ein wolkenverhangener Himmel über Notre Dame und Paris. So behalte ich Notre Dame in Erinnerung.