Posts Tagged ‘Debattenkultur’

Kein Spaß mit Gewalt – warum Erdinger bei mir durchgefallen ist

22. Mai 2025

Die Sitten verrohen im Netz und es ist schon interessant, welche Beschimpfungen einhergehen, wenn Kritik geübt wird. Ich kommentierte unlängst einen Instagram-Post von Erdinger Weißbier.

Die Brauerei veröffentlichtes ein auf Instagram Werbevideo zur Personalgewinnung was als verharmlosend gegenüber Gewalt gegen Frauen empfunden wurde. In dem inzwischen gelöschten Clip präsentierte eine junge Frau die Vorzüge ihres Arbeitsplatzes, während mehrere Hände bedrohlich Gegenstände wie einen Hammer, eine Bierflasche und einen Flaschenöffner um ihren Kopf positionierten. Die Szene suggerierte, dass unzureichendes Lob für das Bier Konsequenzen haben könnte.

Ich kritisierte unter diesem Post, dass ich Folter ablehne und daher auch auf den Genuss des Gerstensafts der Brauerei verzichten werde. Es entzündete sich unter meinem Post eine Debatte und ein Shitstorm gegen mich war die Folge. Mein Kommentar bekam viele Like und viele Beschimpfungen. Linksgrünversifter Troll als Kommentar war nur eine Bemerkung. Andere wurden deutlicher. Es zeigte mir, welches Niveau im Netz herrscht.

Nun sicherlich nicht wegen meiner Anmerkung zog Erdinger Weißbier nun den Spot zurück, sondern weil der Instagram-Account „Safe Space Chemnitz“ darauf einstieg und eine richtige Welle lostrat. Die Organisation kritisierte das Video scharf und warf der Brauerei vor, das Leid von Frauen für humoristische Zwecke zu instrumentalisieren. In Reaktion auf die öffentliche Empörung entfernte Erdinger das Video und betonte, es sei satirisch gemeint gewesen und habe niemanden verletzen sollen.
Die Brauerei ist um Schadensbegrenzung bemüht und betonte, dass man viel positives Feedback bekommen habe. Auf Folter und Frauenfeindlichkeit ein positives Feedback? Gehts noch?

Das Unternehmen ist auf eine Welle aufgesprungen ohne nachzudenken und ohne die Folgen zu beachten. Erdinger kündigte an, zukünftige Inhalte sorgfältiger zu prüfen, um ähnliche Vorfälle zu vermeiden. Ob die Marke Erdinger Schaden genommen hat, wird sich zeigen. Allerdings als Social Media-Fuzzi wurde mir klar, wie schnell ein Post nach hinten losgehen kann. Ich selbst überlege mir genauer, was ist poste und kommentiere, denn das Netz kennt keine Gnade und im Falle Erdinger zu recht.

Schulung und Vernetzung für Admins russischsprachiger Facebookgruppen

5. Juli 2021

Eine Zielgruppe, die ich im klassischen Kommunalwahlkampf berücksichtigt habe, aber im Netz noch nicht so viel Aufmerksamkeit gewidmet habe, ist die Klientel der Russlanddeutschen und Migranten aus den Ländern der Ex-UdSSR. Bis jetzt: Zusammen mit meiner Kollegin Maria Fillina habe ich im Auftrag der Hanns Seidel Stiftung in Kooperation mit dem BVRE (Bundesverband der russischsprachigen Eltern) ein Wochenendseminar im Bildungszentrum Kloster Banz für Facebook-Admins russischsprachiger Facebookgruppen in Deutschland organisiert. Sie erreichen über 180000 Facebooknutzer mit ihren unterschiedlichen Gruppen. 

Die russischsprachige Community ist mit ca. 3 Millionen die größte Gruppe unter den 6,5 Millionen deutschen Wählern mit Migrationshintergrund. Zwei gesetzte Ziele haben wir erreicht: Schulung und Vernetzung.

Die Seminarteilnehmer mit dem Leiter des Bildungswerkes Banz Michael Möslein (Mitte) und Seminarleiter Artur Kolbe (r).

Wirtschaftspsychologin Maria Fillina, selbst in Moskau aufgewachsen und Altstip der HSS, ist die neue Beauftragte für Russlanddeutsche der Stiftung. Zusammen mit mir veranstaltet sie Präsenz- und Onlineseminare sowie Workshops mit großem Erfolg zu den Themen Verschwörungsmythen und Hassreden sowie Cybermobbing. Als gelernter Journalist vermittelte ich an die Admins praktische Handwerkszeug, wie Falschmeldungen im Netz enttarnt werden können. Meine Tipps, die ich ausführlich erläutert habe:

Quellen prüfen

Argumente prüfen

Vergleichen mit seriösen Nachrichtenseiten

Bilder zurückverfolgen

Metadaten auslesen

Video zurückverfolgen

Informationen bewerten auf Datum und Zusammenhang

oder ist es einfach nur Satire 

Maria Fillina erläuterte die psychologischen Hintergründe, warum ein Mensch dazu neigt, lieber Falschmeldungen und Verschwörungen im Netz zu teilen. Der Glaube an Verschwörungen kommt verschiedenen menschlichen Bedürfnissen entgegen, die mit individuellen psychischen und sozialen Dispositionen verbunden sind. Je einschneidender das auslösende Ereignis, desto stärker die Neigung, außergewöhnliche Ursachen dahinter zu vermuten. Wenn Menschen aufgrund privater Problemlagen oder gesellschaftlicher Krisen das Gefühl haben, keine Kontrolle zu haben und sich ohnmächtig fühlen, versuchen sie Strategien zu finden, um damit umzugehen – und Verschwörungserzählungen können so eine Strategie sein. Eine andere Erklärung, warum Menschen an Verschwörungen glauben, hat eher instrumentellen Charakter. „Die Wahrheit“ zu sehen, kann nicht nur Kontrolle erzeugen, sondern auch das Gefühl verstärken, „Unwissenden“ etwas voraus zu haben, besonders zu sein und damit den eigenen Selbstwert erhöhen. 

Jurij Sargelis von BVRE bei seinen Erläuterungen.

In Arbeitsgruppen tauschen sich die Admins aus und erarbeiten gemeinsame Konzepte, um in ihren Gruppen Verschwörungen, Hatespeech und Falschmeldungen einzudämmen. Dabei kamen immer wieder Probleme mit Facebook gegenüber zur Sprache. Die Bots des Social Media-Riesens erkennen Wörter in den Posts der Mitglieder, die als sensibel gewertet werden, und verwarnen oder sperren gar die jeweiligen Gruppen.

Maria Filina und Barbara Becker, MdL.

Spontan erklärte sich die CSU-Landtagsabgeordnete Barbara Becker bereit, mit den Admins ins Gespräch zu kommen. Die Abgeordnete hielt sich mit ihrem Team in Banz für eine Klausurtagung auf. Sie bot den Admins einen Gesprächstermin im Landtag an und will dort eine Schnittstelle zwischen Politik und Admins schaffen. Das Statement gibt es hier als Video. 

Das Thema „Debattenkultur“ bewegt die Teilnehmer ebenfalls sehr: Wie kann in Foren eine effiziente Diskussion geführt werden, bei der einzelne Meinungen argumentiert vorgebracht werden, ohne dass dabei Emotionen hochkochen oder gar in Hass umschlagen! Zu diesem Thema soll in naher Zukunft ein praktisch orientierter Workshop stattfinden.