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Musik- und Filmtipp: Deep Purple, California Jam 1974

30. Mai 2024

Natürlich ist die Ton- und Bildqualität von Konzerten aus den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht immer ideal und dennoch mag ich die Konzerte aus dieser Zeit. Sie haben oftmals mehr Power und Spielfreude als heutige cleane und durchgestylte Konzerte von Stars.

Vor 50 Jahren fand im April 1974 das 3 Tages-Festival California Jam auf der ehemaligen Rennstrecke Ontario Motor Speedway in Ontario, Kalifornien, USA, statt. Mit dabei zwei meiner Lieblingsbands ELP und Deep Purple. Leider existieren von Emerson, Lake & Palmer nur Videoausschnitte aus dem fulminanten Auftritt. Von Deep Purple ist das komplette Konzert mitgeschnitten worden. Es ist eine rauhe Perle und ein grandioser Auftritt der Mark III-Besetzung.

Ich hab das Konzert auf VHS und mir jetzt auf Bluray gekauft. Die Qualität ist besser, aber natürlich nicht mit heutigen Konzertaufnahmen vergleichbar. Die Originalaufnahmen sind US-Fernsehen, also NTSC (Never the Same Color)
Deep Purple war jung, voller Kraft und die Mark III-Besetzung wollte sich beweisen. Sie trat das erste Mal live vor großem Publikum auf. David Coverdale war der neue Sänger und Glenn (Graf Koks) Hughes der neue Bassist, nachdem sich die Mark II-Besetzung mit Ian Gillan und Roger Glover aufgelöst hat. Das Album Burn war vor kurzem auf dem Markt und es sollte unters Volk gebracht werden.

Das Konzert begann verspätet, weil Richtie – der schwarze Mann – Blackmore den Sonnenuntergang abwarten wollte, um sich besser in Szene zu setzen. Und dann wurde die Sau rausgelassen und mit Sau meine ich vor allem Blackmore. Die Band präsentierte unter einem künstlichen Regenbogen neue Stücke und zeigte sich improvisationsfreudig und voller Spiellaune. Große Monitore und Displays gab es nicht und wer weiter hinten stand, hat eigentlich nicht gesehen, aber wohl viel gehört. Es sollen 400000 Zuschauer dabei gewesen sein, um die beiden Headliner zu hören. Die Soundanlage galt als die lauteste dieser Zeit.

Und nachdem Herrn Blackmore die Regieanweisungen oder Bitten wohl zusehends auf den Geist gingen, riss bei ihm wohl der Faden und der Rest ist Legende. Blackmore stieß seinen Gitarrensteg in eine Fernsehkamera, zertrümmerte sein Instrument und machte den wilden Mann. Die Bühne brannte und die Show war perfekt.

Gitarrenzertrümmerer Pete Townshend von the WHO musste neidisch werden. So viel Feuer, so viel Agression auf der Bühne habe ich selten erlebt. Blackmore flippte aus, der Rest der Band spielte weiter.

Die Bluray hat einen neuen Schnitt, aber der alte Videoschnitt der VHS liegt auch als Bonus vor und als wirkliches Bonbon gibt es Super 8-Aufnahmen der Crew, verwackelt und unscharf, wie es eben so bei Super 8 möglich war. Aber der Fan bekommt einen kleinen Einblick hinter die Kulissen und sieht den wilden Mann Blackmore unscharf und von der Ferne seine Show machen.

Buchkritik: Deep Purple Photos 1970-2006 von Didi Zill

20. April 2014

Deep_Purple

Die britische Deep Purple gehört für mich zu den wichtigsten Vertretern des Hardrocks. Bis heute habe ich die Konzerte dieser Band immer wieder gerne besucht und auch darüber geschrieben. Verschiedene Besetzungen und Aufnahmen unterschiedlicher Qualität prägten die Bandgeschichte. Der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf hat für mich eine hervorragende Fotodokumentation der Jahre 1970-2006 vorgelegt. Fotograf dieser einzigartigen Werkausgabe Deep Purple Photos 1970-2006 ist der legendäre Didi Zill. Über ihn habe ich ja bereits schon berichtet.

Didi Zill war einstmals einer ganz großen Fotografen der deutschen Jugendzeitschrift Bravo. Diese Jugendpostille veröffentlichte zahlreiche Fotos des Ausnahmekünstlers und der Ausnahmeband. Für den Band Deep Purple ist Didi Zill noch mal in sein Analogarchiv gestiegen und brachte legendäre Aufnahmen zu Tage. Was diese Aufnahmen ausmacht, ist das besondere Verhältnis zwischen Fotograf und Künstler. Die britischen Hardrocker schienen den Fotografen ins Herz geschlossen zu haben. Zill nahm am Leben der Band teil. Seine Kamera war zeitweise Bandmitglied. Dies führte zu zahlreichen sehr privaten Aufnahmen. Heute sind sie ein Teil der Rockgeschichte.

Besonders herausragend ist für uns alle natürlich die Entstehung des Albums Machine Head mit dem Song Smoke on the Water. Didi Zill hat 1971 die Aufnahmen in Montreux geschossen inklusive des Augenblicks als Ian Gillan den Text für den legendären Songs schrieb. Durch Zufall war Zill vor Ort und drückte ab. Er hat so einen der wichtigsten Momente der Rockgeschichte für die Nachwelt erhalten – dafür müssen wir ihm sehr, sehr dankbar sein.

Der Text von Smoke on the Water - Originalfoto: Zill

Der Text von Smoke on the Water – Originalfoto: Zill

Das dicke Fotobuch umfasst zahlreiche gestellte Fotos, eben die typischen Starschnitt und Bandfotos der damaligen Zeit. Besonders schön waren die Gesellen nie, vom Glamourfaktor gab es sicher interessante Fotomotive. Aber wenn man sich die Visagen genau anschaut, stellt man die Kraft in den Gesichtern fest. Vor allem Ritchie Blackmoore war wohl noch nie eine der sympathischen Gestalten. Er spielte auch bei den Aufnahmen eher den geheimnisvollen dunklen Typen. Aber das Verhältnis Zill – Blackmore war besonders, was sich an diesem Buch zeigt.

Insgesamt teilt sich das 464-seitige Buch in drei Schwerpunkte auf. Gestellte Gruppenfotos, Live Aufnahmen und Session- und Aufnahmefotos. Für mich am interessantesten sind die Letzteren. Wir sehen noch mal die legendären Konzerte in Stockholm und natürlich die Japan Tour. Vieles kenne ich nur von alten Langspielplatten oder CDs. Vor allem Made in Japan kam jetzt wieder in eine neue veröffentlichten Form heraus. Deep Purple bringt für alle Fans immer wieder Live Aufnahmen auf den Markt und wir Fans kaufen natürlich.

Wir sehen den Zerfall der Mark II Besetzung und ihr Untergang in Japan. Ich sah faszinierend das umgeworfene Schlagzeug von Ian Paice, das symbolisch die Auflösung der Band markiert. Zill war dabei und hat auch diesen entscheidenden Meilenstein der Rockgeschichte mit seiner Kamera am 29. Juni 1973 in Osaka eingefangen. Zill war aber nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinterher in den Garderoben. Hier flossen Tränen, als die Gruppe auseinanderbracht und sich auflöste.

Aus und vorbei für Mark II. Originalfoto: Zill

Aus und vorbei für Mark II. Originalfoto: Zill

Es ging dann weiter mit David Coverdale und Glen Hughes, beide noch sehr jung. Zill war bei den Aufnahmen und Proben zu Burn dabei. Und wirklich laut gelacht habe ich beim Konzertaufnahmen vom 27. Juni 1974. Immer wieder habe ich von der Geschichte gelesen, als eine junge Dame komplett unbekleidet auf die Bühne von Kursaal Ballroom stieg und sich hinter Ian Paice stellte. Didi Zill lieferte endlich die Bilder zu diesem Event.

Sehr schön sind auch die Fotos von Didi Zill zu den Einzelprojekten der Musikanten. Jon Lord Aufnahmen mit Eberhard Schoener, Bühneneskapaden von Ritchie Blackmoore und seiner Band Rainbow mit Dio sowie David Coverdales Whitesnake, ich allerdings nicht so gerne mochte. Die meisten der Home Storys konnte man sich sparen, aber so erfahre ich wenigstens, dass Blackmoore eine Bar mit Stammtisch-Zeichen in dem Keller seines Anwesens hatte. Wer diese schrecklichen Home Story-Bilder überlebt hat, bekommt starke Aufnahmen von der Bühnenpräsenz der Band mit. Hier ist Didi Zill in seinem Element. Er dokumentierte zahlreiche Auftritte und nebenbei bemerkt man auch, wie sich die Fototechnik weiterentwickelte.

Rundum ein lohenswerter Band Deep Purple Photos 1970-2006 für Freunde des gepflegten Hardrocks. Klar Kaufempfehlung. Und zum kiloschweren Fotoband gibt es zudem noch ein Autogramm von Didi Zill dazu.

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