Posts Tagged ‘Crazy Horse’

Neil Young: Mit 80 Jahren zwischen Rückkopplung und Rebellion

12. Juli 2025

Dreimal habe ich Neil Young live erlebt – zuletzt vor wenigen Tagen, unter freiem Himmel auf der Berliner Waldbühne. Der 80-Jährige trat auf mit Chrome Hearts, einer jungen Band, die er forderte, antrieb, mitnahm. Die Ära Crazy Horse ist vorbei – aber das Feuer brennt weiter, nun in neuen Körpern, neuen Händen, unter den alten Akkorden.

Zuvor hatte ich ihn gesehen – nicht leibhaftig, sondern durch die Linse des Netzes – beim legendären Glastonbury-Festival. Ein alter Mann mit aufrechter Haltung, ein Gitarrengurt wie eine Schärpe, ein Blick, der nicht fragt, ob er darf. Diese Energie! Also Zugticket gebucht, ab nach Berlin, mein erstes Mal auf der Waldbühne – einem Ort, der wie geschaffen scheint für Legenden.

Die Setlist war ein Geschenk an die Getreuen, an jene, die ihn seit Jahrzehnten begleiten. Es war eine Reise durch Jahrzehnte, ein Streifzug durch Höhen und Nebel. Nicht jeder Song ein Geniestreich – doch stets kraftvoll, aufrichtig, mit Haltung gespielt. Als „Hey Hey, My My“ erklang, laut und roh, stimmten 22.000 Seelen ein in die Hymne: „Rock and roll can never die.“

Ich lauschte, als die Zeilen kamen: „It’s better to burn out than to fade away. The king is gone but he’s not forgotten.“ Und ich wurde still. Da steht er, 80 Jahre alt, vor der Wand aus Lautsprechern, trotzt der Zeit – und stellt sich ihr zugleich.

Die Band spielte mit einer Freude, die mitriss. Besonders in den langen, offenen Passagen, wo Musik fließt, tastet, sich verliert und neu findet. Young selbst: ganz bei sich, ganz bei seiner Old Black – dieser schwarzen, zerschrammten Gibson Les Paul von 1953. Ein Relikt, ein Werkzeug, ein Begleiter.

Und dann die Momente, die unter die Haut gingen: „Like a Hurricane“, aufbäumend, stürmisch – „Rockin’ in the Free World“, trotzig, wütend, frei.

Am Ende reißt Neil die Saiten aus dem Holz, spielt mit der Rückkopplung, als würde er mit der Welt sprechen. Keine Pose. Kein Trick. Einfach Neil. Hier das Video

Hat er etwas Neues gesagt? Nein. Keine Revolution wie einst bei der Trans-Tour.
Aber das war nicht nötig. Es war Rock’n’Roll. Echt. Ehrlich. Unverstellt. Und was will man mehr?

Custers Fahne bringt 2,2 Millionen Dollar für Indianer Kunst

11. Dezember 2010

Gerade lese ich erstaunt, dass die Kavallerie-Fahne von General Custer für 2,2 Millionen US-Dollar bei Sotheby’s versteigert wurde. General Custer war ein sehr eigenwilliger General, der mit seinen 300 Mannen bei der Schlacht von Little Big Horn (Montana) komplett aufgerieben wurde. 2000 Lakota Sioux und Northern Cheyenne massakrierten die US-Soldaten 1876 dahin, die nach einer Fehleinschätzung der Lage die Indianer angegriffen hatten. Die Häuptlinge Sitting Bull, Crazy Horse und Big Foot rächten sich grausam. Interessant ist, dass Obmaa vor kurzem ein Kinderbuch veröffentlichte, in dem steht, dass Sitting Bull seinen Rivalen Custer persönlich richtete – ob das stimmt?

Der Kampf gegen die 7. Kavallerie war schnell vorüber. Die Indianer ließen keinen von Custers Leuten am Leben und plünderten. Die Fahne übersahen sie. Ein toter Soldat lag auf ihr. 1895 wurde die Fahne für 54 US-Dollar vom Detroit Institute of Arts (DIA) gekauft und jetzt für eine horrende Summe an einen privaten Sammler in New York weiter verkauft. So richtig viel erhalten ist von der Fahne, die bei den Amerikaner guidon heißt, nicht übrig: Von wem die Blutflecken stammen, weiß man nicht.

Noch heute wird Custer von vielen Amerikanern als Held verehrt. Wir Europäer kennen ihn besser aus Filmen und Songs. Ich selbst erinnere mich an die Heldenverehrung „Sein letztes Kommando“ und die filmische Abrechnung „Litle Big Horn“. Auch Johnny Cash bezeichnete Custer in dem gleichnamigen Song als brutal und grausam.

Ironie des Schicksals: Die 2,2 Millionen US-Dollar, die das DIA durch die Versteigerung einnahm, soll zur Pflege der Kunst der amerikanischen Ureinwohner verwendet werden. Custer dreht sich wahrscheinlich im Grab um.