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Filmkritik: Civil War – eine Reise von James Nachtwey zum Heart of Darkness

18. April 2024

Der Trailer lockt den Zuschauer auf eine völlig falsche Fährte. Wer gedacht hat, bei Civil War von Alex Garland handelt es sich um einen klassischen Actionfilm im US-patriotischen Flair von Freiheit und Aufrechtigkeit, der hat sich vollkommen geirrt. Civil War ist für mich die bisherige Überraschung des Kinojahr 2024 und ein absolut lohnenswerter Film.

Als ich aus der Pressevorführung trat, sah ich eine Reise von James Nachtwey zum Heart of Darkness, ein Road Movie mit dem Irrsinn von Apocalypse Now, allerdings nicht in den Gewässer von Indochina, sondern auf auf den staubigen Straßen um Washington.
Dieser Film polarisiert und regt zum Nachdenken an. Was wäre wenn… . Als Zuschauer ergreifen wir Partei für die handelnden Personen, allesamt Fotoreporter und Journalisten unterschiedlichster Ausprägung. Der alte Mann von der New York Times, die desillusionierte Fotoreporterin, der drogenabhängige Producer und das naive Greenhorn.

Es herrscht Bürgerkrieg, Milizen gegen das Establishment in der Rolle des US-Präsidenten. Die Hintergründe kennen wir nicht. Der Präsident scheint ein böser Bube zu sein, weil er eine dritte Amtszeit antritt und einige Staaten dagegen mit Waffengewalt protestieren. Unweigerlich kommt einen der Sturm auf das Kapitol 2021 in den Sinn und auch die Arroganz eines Donald Trump lässt sich beim Betrachten des Films nicht abstreiten. Was wäre wenn …

Der Film ist eine Verbeuung vor den großen Kriegsfotografen der Vergangenheit und Gegenwart: Vor Lee Miller, vor Robert Capra und immer wieder vor James Nachtwey. Und der Film ist eine Verbeugung vor Fotografie. Sobald ein Kriegsbild geschossen wird, verstummt der Ton, das Bild wird schwarz-weiß und zeigt die enorme Wirkung von Fotografie. Als ich den Film auf mich wirken sah, erkannte ich das Todesbild des spanischen Freiheitskämpfers von Robert Capra oder das Attentatsbild von Robert Bobby Kennedy von Boris Yaro. Die Bilder wurden zu ikonischen Symbolen für diese tragischen Ereignisse.

Ein bisschen Nostalgie schwingt in dem Film mit, wenn das junge Nachwuchsjournalistin mit einer alten analogen Nikon auf Film arbeitet, die Filmdose mit Entwickler rollt und den Film dann doch am iPhone anschaut, während die hartgesottene Kriegsfotografin gleich auf eine digitale Sony Alpha setzt. Natürlich sind diese Szene für mich als Bildjournalist Balsam für die Seele, aber seien wir doch mal ehrlich: Bewegtbild hat den Fotojournalismus schon längst geschlagen. Wer heute nur mit Fotos arbeitet, hat die Medienwelt des 21. Jahrhunderts nicht verstanden und das ist meine einzige wirkliche Kritik an diesem einzigartigen Film. Erst gegen Ende tauchen eingebettete Videojournalisten auf, was dann doch eher an die Medienrealität des 21. Jahrhunderts erinnert. Das sich Fotojournalisten frei durch ein Kriegsgebiet bewegen durften, das hat die USA in Vietnam gesehen, wohin es führt. Aber egal, Civil War ist eine Dystopie mit Botschaft und immer wieder der Gedanke: Was wäre wenn …

Graf Stauffenberg in New Orleans

4. August 2009

Zinnfiguren aus verschiedenen Kriegen

Es lohnt sich auch mal abseits der großen Touristenstraßen zu gehen, um etwas ungewöhnliches zu entdecken. Diese Regel gilt auch für New Orleans. Im French Quarter ist natürlich in erster Linie die Unterhaltung zu finden. Nach all den Galerien mit Kunst und Krempel hab ich einen originellen Laden entdeckt: „The Sword and Pen – le petit soldier shop“ in der 528 Royal Street in New Orleans.

Dort gibt es Kriegsdevotionalien wie Helme, Zeitungen, Waffen von verschiedenen Kriegen an denen die Amerikaner beteiligt waren: Bürgerkrieg, Erster und Zweiter Weltkrieg, Spanisch-Amerikanischer Krieg und ein paar Kriege aus der Neuzeit.

Dazu gibt es Zinnfiguren. Es gibt große und kleine Helden der amerikanischen Geschichte. Und es gibt eine kleine Ausstellung über Deutsche. Wir sind beschränkt auf die Kaiserzeit und natürlich auf die Zeit des Nationalsozialismus. Da steht der fette Göring neben einem Ritterkreuzträger, den ich nicht erkannt habe. Der irre Adolf mit Hitlergruß steht neben Mussolini, die Arme angeberisch in die Seiten gestützt, Charles de Gaulle ist auch da und auch Winston Churchill, die Hand zum Victory-Zeichen erhoben. SS-Truppen marschieren in schwarzen Topfenkopf Uniformen.

Beim ersten Weltkrieg gibt es einen Kaiser Wilhelm II und einen Paul von Hindenburg (kennt wohl in den USA keiner). Sehr putzig auch Graf Stauffenberg, der Held vom 20. Juli. Detailreich ist der Hitlerattentäter mit Augenklappe, Aktentasche (mit Bombe) und fehlenden Arm ausgestattet.

Die Masse der Figuren machen aber verschiedene Nord- und Südstaatentruppen aus. Ganze Schlachtenszenen sind mit Zinnfiguren nachgebaut und wer selbst kämpfen will, kann ein Schachbrett mit Unions- und Konföderierten heranziehen. Dazu gibt es allerhand echte Säbel aus verschiedenen Epochen, darunter auch eine Art Samuraischwert aus dem zweiten Weltkrieg, das einem japanischen Offizier gehört hatte. Deutschland ist mit einem Stahlhelm vertreten und einer Koppel mit der Aufschrift „Gott mit uns“. Das Motto „Gott mit uns“, welches zunächst alleiniger preußischer Sinnspruch war, zierte die deutschen Koppelschlösser auch nach der Kaiserzeit noch bis 1945.

Der Eigentümer Scott Condello findet wohl nichts daran, in Deutschland wäre so ein Laden unmöglich.