Ein großartiger Filmemacher war George R. Romero für mich nicht gewesen, aber er war ein verdammt wichtiger Filmemacher. Er spielte nie in der Liga eines Kubrick, Spielberg oder Hitchcock. Und doch: Ohne ihn gäbe es keine filmische Aufarbeitung der US-amerikanischen Rassenfrage im Horrorfilm. Und wenn Romero nicht gewesen wäre, dann hätten wir keine Konsumkritik in den Siebzigern und Achtzigern führen können. Seine Filme waren einen Szenepublikum vorbehalten, das treu dem Meister zur Seite stand und immer wieder in seine Filme ging. Das breite Publikum erreichte er nicht.
George R. Romero sorgte dafür, dass der Horrorfilm blutig wurde. Was schreibe ich blutig? Er war der Wegweiser des Splatter- des Gore-Filmes. In seinen Filmen ging es richtig zur Sache: Da zerplatzen Köpfe, Gliedmaßen wurden abgetrennt, Augen quollen heraus – ach ja, ohne George R. Romero hätte es die Gewaltdebatte im Videofilm nicht gegeben und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (wie die Behörde damals hieß) hätte weniger zu tun gehabt. Nach George R. Romero folgten die italienischen Vertreter des Genres, allen voran Lucio Fulci, die uns ihre preiswertere Version der Zombie-Saga erzählten wollten und Kasse machten.
Ohne George R. Romero hätte es fernsehtauglichen Zombie-Versionen nicht gegeben. Die Brutalität von Walking Dead ist um ein vielfaches höher als bei Dawn of the Dead und dennoch waren George R. Romeros Filme immer wieder ein Opfer der Zensur. Es wurde geschnitten und verstümmelt. Ich besorgte mir Schnittberichte und verglich Laufzeiten. Es war ein Aufwand, die Originalversionen zu erhalten. Es war immer schwer, an seine Filme in einer umgeschnittenen Version heranzukommen. Es gab und gibt gute Bezugsquellen in Österreich, die ich nutze. Mein erster Kontakt zu George R. Romero war eine Laserdisc von Dawn of the Dead von 1978, die ein Kumpel anschleppte. Im Kino hatte ich Dawn of the Dead nicht gesehen. Ich stand zwar vor dem Kinoplakat vor dem Capitol-Kino meiner Heimatstadt Fürstenfeldbruck mit der theatralischen Aufschrift „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, dann kommen sie zurück auf die Erde.“ Das reizte mich schon. Aber ich war zu jung, die Kontrollen waren zu streng und das Internet gab es noch nicht. Der erste Romero-Film für mich war übrigens Crazies, den ich als 16 mm-Kopie in einem Filmclub sah. Noch ganz ohne Zombies, aber mit einem guten Thema der Umweltzerstörung und die Folgen auf eine Kleinstadt.
Im Laufe der Jahre schaute ich mir all seine Living-Dead-Filme an. 1985 „Zombie 2“ („Day of the Dead“); 2005 „Land of the Dead“; 2007 „Diary of the Dead“; und 2009 „Survival of the Dead“. Der Reiz an Gore-Effekten ließ nach und ich interessierte mich mehr für die Inhalte. Und da erkannte ich für mich, welch guter Film Die Nacht der lebenden Toten ist. Preiswert in schwarzweiß gedreht ging der Film dem Zuschauer an die Nerven und griff eine Diskussion über Rassismus auf. Kein Wunder, dass die Nacht der lebenden Toten heute als Kunst gilt und in das Museum of Modern Art wanderte.
George Romero starb im Alter von 77 Jahren an den Folgen einer kurzen, aber schweren Lungenkrebserkrankung.
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Persönlicher Nachruf auf George R. Romero
17. Juli 2017Meine blutige Nacht mit Doom
15. Mai 2016Wie hat es mein Twitter Kollege Dr. Satan so schön ausgedrückt: Doom ist schnell, grob und brutal – und genau das trifft den Nerv des Spiels. Eigentlich wollte ich mir Doom für die PS4 nicht kaufen, ja eigentlich. Ich will doch eine anspruchsvolle Story, einen ausgewogenen Soundtrack, gut gezeichnete Charaktere und so was. Doom ist genau das Gegenteil: Geballer, Geballer und nochmals Geballer.
Ich habe das Spiel also am Erscheinungstag gekauft und den Intellekt ganz schnell auf die Seite geschoben. Hier ist nicht Taktik gefragt, sondern ran an den Feind, in unserem Fall die bösen Dämonen aus der Unterwelt. Doom bringt genau das, was es machen soll: Gemetzel in Vollendung.
Als ich ein Kind war, spielte ich bei einem Nachbarsjungen Doom auf dem PC. Ich hatte einen Mac und kam erst viel später zu meiner Kopie, die ich mir in den USA besorgte. Es war Doom 3. John Ramone war der Schöpfer des Spiels und die Bundesprüfstelle für jungendgefährende Schriften (so hieß das Teil damals) fiel tot um, als die Jugendschützer das Spiel zocken. Doom kam 1994 auf den Index und wir spielten es dennoch in Turnhallen auf LAN-Partys weiter. Bei Doom kamen mir zum ersten Mal die Zweifel, ob ich vielleicht doch einen Windows-PC kaufen sollte, statt einem Mac. Aber ich könnte ja zum Nachbarn gehen und die Monster blutig zur Strecke bringen. Mir gefiel das Leveldesign und die Action. Gegen die KI zu spielen war nett, aber richtig Spaß machte der Multiplayer-Modus in den späteren Ausgaben.
Als ich meine erste Doom-Kopie für den Mac hatte, überkam mich ein mulmiges Gefühl. Doom war nicht nur ein Ego-Shooter, sondern war ein Survial-Horror-Game. Die Atmosphäre war gruselig. Enge Räume, dunkle Szenen, schmatzende Monster, die blitzschnell angreifen. Als ich es zum ersten Mal über Kopfhörer spiele, wusste ich, was eine starke Atmo ist.
So um 2011 wurde Doom wieder vom Index gestrichen, aber zu dieser Zeit interessierte mich das Spiel nicht mehr. Ich nahm wahr, dass es jetzt eine Art Kulturgut ist. Schon 2007 wurde es als eines der zehn einflussreichsten Spiele in die US-Nationalbibliothek aufgenommen, während es bei uns noch auf dem Index stand. Ich hatte Doom verdrängt, nicht mehr gespielt. Bei uns in Deutschland begann die Diskussion um Killerspiele. Die damalige Politiker hatten nie gespielt, waren aber sofort bereit die Gamer in die Ecke der Massenmörder zu packen. Das nervte mich. Ja es gibt Idioten. Wenn Doom oder anderes bei Amokläufern gefunden wurde, dann war klar: Die Spiele waren schuld. Egal, die Diskussion ist vorbei.
Und dann sah ich auf YouTube den Trailer zu Doom 2016. Die Farben waren greller, bunter, intensiver und das Gameplay war heftig. Ich dachte, ich stehe darüber. Aber nein, als ich in Twitter die ersten Spielerlebnisse las, brach das Doom-Fieber in mir aus. Das Feuer war wieder da. Gut, dass K1 Schuhe kaufen musste und so schaute ich in den lokalen Elektromark vorbei und nahm mir meine Doom-Kopie mit. Das Spiel ist ab 18. Jahren und das ist auch richtig so. Es ist einfach nur brutal und gehört keinesfalls in Kinderhände. Die Gamer, die ich kenne, sind hier verantwortungsvoll, die Branche ist erwachsenen geworden. Als die Familie im Bett war, wurde Doom installiert. Kopfhörer auf und los ging das actionreichen Blutbad. Story? Naja hat sich nicht geändert. Mars, Monster und Materialschlacht. Bum, Bum, Bum.
Remake von Tanz der Teufel/Evil Dead
28. Oktober 2012Es naht Halloween und so ist es an der Zeit, sich dem harten Spalterfilm zu widmen. Nachdem ich mich bereits über die unnötigen Neuverfilmungen von Carrie und Texas Chainsaw Massacre in 3D ausgelassen habe, widme ich mich heute der Neuverfilmung von Tanz der Teufel.
Als der Film 1981 in die Kinos kam, war er als klassischer B-Movie für Bahnhofskinos platziert. Mit einer Ausnahme: Die Masken und das Make-up waren absolut professionell. So professionell, dass der Film von der damaligen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (der heutigen Prüfstelle für jugendgefährdende Medien) umgehend indiziert wurde. Es kam noch heftiger: Der Kino- und Videofilm wurden deutschlandweit beschlagnahmt.
Die Härte des Films war extrem, zu extrem für deutsche Jugendschützer. Die Gewaltdiskussion Mitte der achtziger Jahre nahm ihren Lauf. Der Diskussion fielen Filme wie Ein Zombie hing am Glockenseil, Man Eater, das Haus an der Friedhofsmauer oder Muttertag zum Opfer. Zu brutal, zu menschenverachtend, zu jugendgefährdend waren die Gründe. Der Horror der achtziger Jahre hatte sich von den Vampiren und Frankensteins weit entfernt, obwohl gerade Tanz der Teufel immer wieder mit seinem Nebelwaden an den Hammer-Horror erinnerte. Was Texas Chainsaw Massacre eingeleitet hatte und von John Carpenters Halloween verstärkt wurde, endete im nackten Terror und stumpfer Gewalt. Ein Verbot war die Folge und die Diskussionen um Zensur im Film schlug hohe Wellen.
Ich selbst besaß eine Kopie von Tanz der Teufel, die Schüler mit einer VHS-Videokamera als Screener illegal mitgefilmt hatten. Eine schauderhafte Kopie, aber zumindest komplett uncut. Während die Werke von Luci Fulci oftmals nur Kopfschütteln auslöste, Man Eater ein Dreck war und Muttertag für mich wirklich gefährlich war, hatte Tanz der Teufel von Sam Raimi seinen Reiz. Vielleicht lag es daran, dass Sam Raimi seinen Film bewusst als B-Movie inszenierte. Die Schauspieler, allen voran Bruce Campbell, waren nicht gerade die erste Garde. Es waren schöne Fehler im Film, wie beispielsweise Scheinwerfer standen in der Szene herum.
Aber die Kameraführung war neu. Sie nannte sich Shakycam. Die Kamera wurde auf ein Brett geschnallt und schnell durch die Gegend getragen. So kam es zu einer Sogwirkung wie bei Steadycams, ohne den Aufwand zu betreiben. Ich erinnere mich an große Diskussionen mit Kameraleuten und Filmer, mit denen ich damals befreundet war. Wir probierten mit unseren Super 8-Kameras die Effekte aus. Unsere VHS-Videokameras setzten bei der Wackelei immer wieder aus.
Und nun kommt die Neuverfilmung des alten Stoffs, fett angelegt als Hollywood-Großproduktion. Sam Raimi ist inzwischen eine große Nummer und pumpt zusammen mit Bruce Campbell richtig Geld in das Remake von Evil Dead. Der erste Trailer zeigt deutlich, wohin es geht: Terror und Ekel. Das Zusammenspiel von Maske, Schnitt. Audio ist großartig, aber ich glaube, das Evil Dead seinen Charme verloren hat. Kein B-Movie, sondern Blockbuster steht auf dem Programm und das hat einem Horrorfilm in der Regel nicht gut getan. Die Handlung ist im Grunde die gleiche wie damals. Auch Szenen wie die Vergewaltigung im Wald kommt wieder vor. Bruce Campbell reißt auf der Comic Com richtig den Mund auf. „Ihr wollte Blut, ihr sollt Blut bekommen!“ Regie führte Fede Alvarez. Kinostart in Deutschland ist der 25. April 2013 und der Film wird dreckig, hart und kompromisslos und eigentlich völlig unnötig.
Sam Raimi hat wohl alles richtig gemacht, um zu Geld zu kommen. Ich glaube, die Diskussionen der achtziger Jahre werden sich nicht wiederholen. Die Fans werden in den Film pilgern, aber wie sagte schon Zappa: We’re Only in It for the Money. Und der alte Frank hatte recht. Sam Raimi sei kreativ, dreh etwas neues und blase nicht B-Movie zu einem A-Movie auf.





