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Prag (7): Luxus total – die Pariser Straße

29. Oktober 2024

Der Wechsel könnte nicht heftiger sein. Noch stand ich vor dem Jüdischen Friedhof in Prag, sah die alte Synagoge und mit einem Schritt weiter, war im Luxuskommerz angekommen: In der Pariser Straße in Prag findet sich Luxusboutique an Luxusboutique. Wer das nötige Kleingeld hat, der wird dort bei den Markenartikerln fündig – und das waren bei meinem Besuch nicht wenige Leute, die sich diese Shoppingtour leisten mögen und können.

Die Pariser Straße in Prag, auf Tschechisch “Pařížská ulice”, ist eine der prestigeträchtigsten und elegantesten Straßen der tschechischen Hauptstadt. Sie verbindet den Altstädter Ring mit der Čech-Brücke und führt durch das historische jüdische Viertel Josefov. Die Geschichte dieser Straße ist eng mit der Modernisierung Prags im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verbunden.

Ursprünglich war das Gebiet, in dem die Pariser Straße liegt, Teil des jüdischen Ghettos. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Ghetto abgerissen, um Platz für eine neue, moderne Stadtplanung zu schaffen. Diese Umstrukturierung folgte einem Pariser Vorbild – daher auch der Name der Straße, die bewusst an die großen Boulevards von Paris erinnern sollte. Der Plan zielte darauf ab, die Altstadt mit modernen, weitläufigen Straßen und prachtvollen Gebäuden zu erweitern.

Symbol für Eleganz und Luxus
Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Pariser Straße zu einem Symbol für Eleganz und Luxus. Mit ihren Jugendstilbauten und den breiten Gehwegen ist sie heute eine der Hauptschlagadern des Luxus-Einkaufs in Prag, mit Boutiquen internationaler Modemarken, Juwelieren und Designerläden. Die beeindruckende Architektur der Gebäude spiegelt den Einfluss des Jugendstils wider, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Prag auf dem Höhepunkt war.

Die Pariser Straße hat sich von einem Teil des historischen jüdischen Viertels zu einem der exklusivsten Boulevards in Prag entwickelt. Sie verbindet die bewegte Geschichte der Stadt mit dem modernen, kosmopolitischen Prag und bleibt ein bedeutendes Symbol für die städtebauliche Transformation der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert.

Die Pariser Straße stößt dann auf den Altstädter Ring. Der älteste und bedeutendste Platz in Prag ist umgeben von historischen Gebäuden unterschiedlicher Baustile, wie dem Altstädter Rathaus mit der weltberühmten astronomischen Uhr, der gotischen Teynkirche, der barocken Nikolauskirche und dem Rokoko-Palais Golz-Kinsky. In der Mitte erhebt sich das monumentale Denkmal des böhmischen Reformators Jan Hus. Über den Altstädter Ring führt der Königsweg, der historische Krönungsweg der böhmischen Könige.

Storytelling der Marienkirche in Lübeck: Vom Teufel, der Maus und zerborstenen Glocken

10. September 2019

Durch meinen Besuch in Lübeck wurde mein Interesse an der Hanse geweckt. Und wenn wir von Lübeck und Hanse sprechen, dann müssen wir auf die gewaltige Marienkirche zu sprechen kommen.

Die Marienkirche in Lübeck hat das höchste Backsteingewölbe der Welt.

Die Marienkirche in Lübeck hat das höchste Backsteingewölbe der Welt.

Es ist ein eindrucksvolles Gotteshaus mit einer interessanten Geschichte und zeigt die Macht der Kaufmänner der Hanse. Das höchste Gebäude einst in Lübeck war der Dom des Bischofs. Im Mittelalter wuchs die Macht der Lübecker Kaufleute enorm an, dass sich die Krämer zu einem bedeutungsvollen Schritt entschlossen. Am höchsten Punkt der Stadt baute man eine Kirche, die deren Höhe den Dom des Bischofs überragte. Eine Machtdemonstration, die ihresgleichen suchte. Hier ein 360 Grad VR Video mit einem Rundgang durch die Kirche.

Die Marienkirche hat das höchste Backsteingewölbe der Welt und ist ein beeindruckender Bau. Im Westen hat die Kirche eine monumentale Doppelturmfassade. Die Türme sind, die Wetterhähne mitgerechnet, 124,95 und 124,75 Meter hoch.

Der Teufel vor der Marienkirche
Und sie hat ein hervorragendes Storytelling aus dem Mittelalter, denn der Teufel hat am Bau der Marienkirche mitgeholfen. Wie das? Der Bau der Kirche war extrem anstrengend. Die Arbeiter mussten die schweren Steine in die Höhe schleppen. Da kam einst der Teufel daher und fragte, was da gebaut wurde. Die Lübecker erzählten dem Teufel, dass hier ein großes Wirtshaus entstehen würde. Davon war der Teufel sehr angetan, dass er mithalf und die Kirche wuchs schnell in die Höhe. Als der Teufel seinen Fehler bemerkte, wollte er die Kirche mit einem großen Stein zum Einsturz bringen. Wiederum überzeugten die Lübecker den Teufel, dass nun neben der Kirche ein Wirtshaus gebaut werden soll. Der Teufel beruhigte sich, setzte sich vor die Kirche und wartete auf den Bau des neuen Wirtshauses. Noch immer sitzt der Teufel da und wartet. Derweil ist der Teufel ein beliebtes Fotomotiv für Touristen geworden.

In einem Bereich der Kirche bewahrte die Hanse ihre Verträge und die Kasse auf. Nichts war sicherer im Mittelalter als eine Kirche. Wer hier etwas stiehlt, der kommt in die Hölle. Das Weltbild im Mittelalter war klar und einfach.
Das zeigte sich auch bei den Verträgen der Kaufleute. Ein Deal wurde beschlossen und vertraglich besiegelt. Dann gingen die Parteien in die Marienkirche und blickten nach oben und bekamen Gottes Segen für das Geschäft. Ein Zeugnis vor Gott, was kann da noch passieren? Verstöße führten sofort ins Höllenfeuer. Teure Juristen konnten damit eingespart werden. Vielleicht hatte das Mittelalter hier seine guten Seiten.

Maus in der Marienkirche
Es gibt in der Marienkirche viele Sachen zu entdecken, die den Rahmen sprengt. So will ich auf eine Maus aufmerksam machen. Sie findet sich hinter dem Chor auf einem Bildnis. Es ist das Symbole dafür, dass aus einem kleinen Übel ein großes Übel entstehen kann. Im Jahr 1200 stand ein schöner Rosenbaum an der Marienkirche an der Mengstraße. So lange der Rosenbaum blüht, sollte die Stadt Lübeck frei sein. Über Nacht verblühte allerdings der Baum, weil sich eine Maus mit ihren Jungen eingenistet hatte.

Die Stadt war in Gefahr – Lübeck musste sich den feindlichen Dänen ergeben. Das Relief von 1505 wurde vom Bildhauer Heinrich Brabender geschaffen. Geht mal auf die Suche in der Kirche. Viele Besucher haben die Maus entdeckt und gestreichelt. Im Laufe der Zeit ist die kleine ursprünglich helle Sandstein-Maus durch ungezählte Hände völlig schwarz geworden. Auch ich hab hier mal gestreichelt – aber psst.

Zerborstene Glocken der Marienkirche
Für mich ein bedrückendenes Erlebnis waren die zerborstenen Glocken der Marienkirche in Lübeck als Mahnmal gegen den Krieg in der Nagelkreuzkapelle. In der Nacht zu Palmsonntag 1942 griffen britische Bomber das Stadtzentrum von Lübeck an. 300 Menschen kamen in den Bomben in der Nacht auf den 29. März 1942 um.


Auch die Marienkirche wurde getroffen und brannte aus. Die Kirche mit vielen Kostbarkeiten wurden zerstört. Die schweren Bronzeglocken fielen vom Turm zu Boden und zerschellten. Durch die Hitze schmolz die Bronze und brennte sich in den Boden ein.
Noch heute liegen die Glocken in der Kirche. Für mich ein nachdenklicher Moment als ich vor ihnen stand. Was hat Hitler diesem Land angetan?

Weitere Highlights
Persönlich gefallen hat mir außerdem die astronomische Uhr, die Totentanz-Kapelle, die Maritimen-Kapelle mit Antwerpener Altar sowie die 14 Kreuze von Günther Lecker (Verletzungen & Verbindungen)