Verschoben, verschoben und immer wieder verschoben, aber jetzt ist sie eingetroffen, die ultimative Sammlerbox von Dune – der Wüstenplanet. Ich spreche von der Version von 1984 unter der Regie von David Lynch.
Koch Film hat tief in den Archiven gegraben, neues Material produziert und liefert jetzt die 4K-UHD-Version samt fünf Blurays und einer CD bei den treuen Sammlern wie mir ab. Aufgrund von Produktionsproblemen wurde die Veröffentlichung der Box in Acryl-Glas immer wieder verschoben, aber nun wird sie an die Besteller abgeliefert.
Ich habe gleich mal ein Unboxing gedreht, als ich überraschend meine Box sogar einen Tag zu früh bekommen habe. Gleich vorweg: Mir hat der Lynch-Film genauso gefallen, wie die geniale Neuverfilmung und natürlich hätte ich gerne was vom Irren Alejandro Jodorowsky von 1974 gesehen. Nun zumindest die Scans vom Drehbuch sind aufgetaucht. Als Fan der Bücher von Frank Herbert habe ich die drei verschiedenen deutschen Übersetzungen verglichen und es wäre eine geniale Idee von Koch gewesen, die ursprüngliche komplette Übersetzung von Wulf H. Bergner beizulegen, die Heyne nur unvollständig veröffentlicht hat. Den Kontakt kann ich Koch Film bei einer Neuauflage der Box gerne herstellen.
Aber ich will nicht meckern und undankbar sein. Die ultimative Edition ist unglaublich vielseitig und macht Spaß in das Universum von Frank Herbert einzutauchen. Besonders habe ich mich gefreut über den gut gedruckten Fotoband mit Entwürfen und Setfotos von Ron Miller, dem Production Designer von DUNE, inkl. eines Interviews mit ihm + Booklettext von Paul Poet sowie über die Comicadaption von Bill Sienkiewicz und Ralph Macchio. Ich werde einen Vergleich mit der Dune: The Graphic Novel von Kevin J. Anderson und Frank Herberts Sohn Brian Herbert sowie den Illustratoren Raúl Allén, Bill Sienkiewicz, und Patricia Martín in den nächsten Wochen vergleichen.
Über die Verfilmung von Dune 1984 ist schon genug geschrieben worden. Sparfuchs Dino de Laurentis hätte David Lynch mehr freie Hand geben sollen, dann wäre der Film noch größer geworden. Aber so ist er, was er ist und daher unbedingt die längere TV-Fassung ansehen, die in der Box enthalten ist, dann wird vieles klarer. Ich mag die Schauspieler Kyle MacLachlan, der für Lynch später die Hauptrollen in BLUE VELVET und TWIN PEAKS spielte, sowie Francesca Annis, Jürgen Prochnow, Max von Sydow, Patrick Stewart und Sting. Der Soundtrack mit 17 Track stammt von Toto und Brian Eno, der der Box auch beiliegt. Dune-Fans hatten ihn schon lange, aber immer wieder hörenswert. Ich erinnere mich, als ich Joseph Stanley Williams von Toto mal interviewte. Er wollte über das neue Album von Toto sprechen, ich über seinen Papa John Williams und den Soundtrack zu Dune. Im Konzert spielte die Band dann Dune.
Ich will jetzt nicht jedes einzelne Interview in Video und Audio besprechen. Ich kann nur sagen: Kauft euch die Edition im Shop von Koch Film, nehmt euch ein paar Tage Zeit und genießt die Zeit auf Arakis, dem Wüstenplaneten. Es lohnt sich, versprochen.
Am 16. September 2021 wird wohl Dune – der Wüstenplanet in die deutschen Kinos kommen und ich freue mich sehr auf die Verfilmung von Denis Villeneuve. Ich war auch mit der Verfilmung Dune – Der Wüstenplanet von David Lynch aus dem Jahre 1984 einverstanden und hätte natürlich gerne mehr Material von Alejandro Jodorowsky und seinem gescheiterten Versuch von 1974 gesehen. Auch die TV-Fassungen Dune: Der Wüstenplanet – Der komplette TV-Mehrteiler von John Harrison aus dem Jahre 2000 haben einen gewissen Charme. Bis also der erste Teil der wohl bombastischen Neuverfilmung im Herbst in die Kinos kommt, nehme ich meine Dune-Bücher aus dem Schrank und stelle mir die Frage: Welche deutsche Übersetzung von Dune ist eigentlich die beste?
Autor des Wüstenplaneten ist Frank Herbert aus dem Jahre 1966. Was Tolkien mit dem Herr der Ringe-Universum für Fantasy ist, stellt Dune und seine Fortsetzungen für die Science Fiction dar. Nur Isaac Asimovs Foundation-Reihe Die Foundation-Trilogie kommt hier gleichberechtigt heran. Einen Unterschied zwischen Tolkien und Herbert gibt es: Während die Tolkien-Geschichten (bis auf Silmarillion) gut lesbar sind, kämpft sich der geneigte Leser durch die komplexe Welt von Frank Herbert schwer hindurch. Ich habe den Romanzyklus als Jugendlicher gelesen und war begeistert: Dune – Der Wüstenplanet Dune Messiah (1969) Der Herr des Wüstenplaneten Children of Dune (1976) Die Kinder des Wüstenplaneten God Emperor of Dune (1982) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten Heretics of Dune (1984) Die Ketzer des Wüstenplaneten, 1985 Chapterhouse Dune (1985) Die Ordensburg des Wüstenplaneten
Die Fortsetzungen von Sohn Brian habe ich mir nicht mehr angetan – irgendwann wurde es mir zu kompliziert. Es gab noch zwei Bände Enzyklopädie zum Nachschlagen. Wie es bei Tolkien gute und weniger gute Übersetzungen von Herr der Ringe gibt (dazu gibt es einen eigenen Blogpost), so gibt es auch bei den deutschen Dune-Übersetzungen starke Unterschiede. Für den deutschen Markt liegen drei Übersetzungen von Dune vor: Wulf H. Bergner, Roland M. Hahn und Jakob Schmidt
Der kastrierte Klassiker von Wulf H. Bergner Die erste deutsche Übersetzung stammt aus dem Jahre 1967 von Wulf H. Bergner. Bergner ist einer der großen deutschen Übersetzer mit einem enorm Arbeitspensum – über 500 Bücher hat er übersetzt. Viele, ganz viele SF- und Horrorübersetzungen gehen auf ihn zurück. Dune war eine seiner ersten Übersetzungen. Während seines Studiums in München, das 1965 er mit der „Staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher“ beendete, hatte er zunächst für den Moewig-Verlag SF-Titel übersetzt und wechselte dann zum Heyne-Verlag. Bergner Übersetzung von Dune ist in einem wunderschönen Nachkriegsdeutsch zu lesen und eigentlich gefällt mir seine Übersetzung von Dune am besten. Es ist eine gehobene Sprache, kein Gebrauchsdeutsch, sondern die Übersetzung passt zu dem epischen Roman von Frank Herbert.
Wie geschrieben, es wäre eigentlich für mich die beste Übersetzung, wäre da nicht ein großes, großes Problem. Die erschiene Fassung von Bergner ist nicht vollständig. Es fehlen etliche Seiten des amerikanischen Romans. Ich sprach Bergner darauf an. Seine erschütternde Antwort: „Leider verbinden sich für mich mit Dune hauptsächlich negative Erinnerungen: Meine Übersetzung, die ich noch heute nicht schlecht finde, wurde von Lektor Wolfgang Jeschke im Auftrag des Verlags um etwa ein Drittel gekürzt. Der Gedanke daran schmerzt noch heute.“ Und es schmerzt mich als Leser ebenso. Gerne hätte ich Wulf H. Bergner näher befragt, aber er lehnte Interview-Wünsche ab, was ich zutiefst bedauere.
Der große Klassiker von Roland M. Hahn Der nächste Übersetzer von Dune ist Roland M. Hahn. Mit ihm verbinde ich zahlreiche Filmlexika wie das Lexikon des Science-Fiction-Films oder das Lexikon des Horrorfilms. Die Dune-Übersetzung von Hahn habe ich immer wieder gelesen und sie ist wohl die in der SF-Community am meisten gelesene Ausgabe. Ich habe seine Übersetzung in verschiedenen Buchausgaben in verschiedenen Verlagen und verschiedenen Auflagen angetroffen. 1978 hatte ich die Erstauflage bei Heyne gekauft und wieder und wieder gelesen. Sie war noch mit allerhand Zeichnungen und Bildern von John Schönherr illustriert. Das Cover des Buches zierte ein Wurm in dunklen Sandfarben.
Zum Filmstart von David Lynchs Verfilmung kam 1984 die gleiche Übersetzung von Hahn mit dem Kinoplakat auf dem Cover und 24 Filmfotos zurück. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Seine Übersetzung ist vollständig und gilt als Klassiker. Allerdings stelle ich fest, dass sein Deutsch für viele junge Leser zu schwer ist. Die Satzkonstruktionen und technischen Bezeichnungen sind Ausdrücke vergangener Zeiten.
Die junge wilde Übersetzung von Jakob Schmidt Die altertümliche Sprache von Hahn wurde bei Heyne wohl als Problem erkannt. So gab man eine neue Überstezung Der Wüstenplanet bei Jakob Schmidt in Auftrag, der ein Könner seines Fachs ist. Die Übersetzung von Jakob Schmidt ist somit die aktuelle Übersetzung bei Heyne. Sie erschien von ein paar Jahren und wurde zum bevorstehenden Filmstart mit Filmcover – allerdings ohne Filmfotos neu aufgelegt. Im Vergleich zu Bergner und Hahn ist der 1978 geborene Jakob Schmidt der jüngste im Bunde. Seine Übersetzung die aktuelle lieferbare Version von Heyne. Der Heyne Verlag stellte mir das gerade erschiene Taschenbuch zur Verfügung – vielen Dank an Daniela Gabler dafür.
Vielleicht weil Schmidt der jüngste Übersetzer ist, ist er auch derjenige mit der flottesten Sprache. Das Deutsch wurde vorsichtig modernisiert und vielleicht sprachlich aktualisiert. Die gedrechselte Sprache Hahns, mit der ich großgeworden bin, wurde entschärft. Damit schafft es Dune sicherlich zu einer neuen, zeitgemäßeren, jüngeren Leserschaft.
Allerdings bin ich ein Fan der altertümlichen Sprache der Bergner- und Hahn-Übersetzungen. Mit einigen der modernisierten Anpassungen von Schmid bin ich nicht einverstanden. Durch die einschlägigen Foren gingen schon Diskussionen, ob Uralte Burg mit uralten Steinhaufen übersetzen soll, wie es Schmidt tat und nicht besser bei Gemäuer geblieben wäre. Nun ja, das sind Feinheiten, die vielleicht überlesen werden, mich hat es gestört.
One more Thing: Die Graphic Novel Außer der Reihe gibt es noch eine weiter Dune-Übersetzung. Und zwar von Katrin Aust. Die übersetzte Dune für die Graphic Novel Dune, die bei Splitter erschienen ist. Ich werde diesem Buch einen eigenen Blogpost widmen.