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Automatisierung und Digitalisierung werden kommen – sind wir bereit?

26. Juli 2017

Mehr und mehr sind bei mir Seminare zur Digitalisierung gefragt. Die begonnene Digitalisierung wird alle Lebensbereiche umfassen. Und bei meiner Seminarvorbereitung ist mir eine ServiceNow Studie in die Hände gefallen, die ich für diskussionswürdig halte. Ich stimme nicht mit allen Aussagen der Studie überein, möchte die Ausführungen aber diskutieren: Kernthese: 2018 wird das Jahr der Automatisierung von Routinetätigkeiten in Unternehmen werden.

Automatisierung wird zunehmen.

Automatisierung wird zunehmen.

Für richtig aufgestellte Unternehmen ist die Digitalisierung ein Segen, rein betriebswirtschaftlich gesehen. Die Studie sagt: Hochautomatisierte Unternehmen können mit 6-mal höherer Wahrscheinlichkeit ihren Umsatz um 15 Prozent steigern. Das halte ich für möglich, aber ich frage: Was machen wir mit den Menschen?
Die Ergebnisse der Service Now-Studie zeigen, dass die meisten Unternehmen fortgeschrittene Automatisierungssysteme in ihrer Organisation eingeführt haben. Die Hälfte der befragten Studienteilnehmer sagen, dass sie 2018 Automatisierungslösungen in ihrem Unternehmen ausbauen werden, um das steigende Arbeitsvolumen bewältigen zu können. Die Umfrage ergab, dass der Einsatz von Maschinen im alltäglichen Arbeitsumfeld das Umsatzwachstum fördert, neue Arbeitsstellen schafft und Mitarbeitern ermöglicht, sich auf wesentliche Aufgaben zu konzentrieren. Das klingt auf jeden Fall gut.

Auswirkung der Automatisierung
Das Unternehmen befragte mehr als 1.850 Führungskräfte, bestehend aus Positionen auf dem C-Level sowie VPs (Vice President), Direktoren und Manager in sieben Ländern, darunter 200 Teilnehmer aus Deutschland. Das Ziel der Studie war es, Auswirkungen von Automatisierung auf alltägliche Unternehmensdienste sowie die Arbeitsbelastung von Führungskräften und deren Meinung zur Zukunft der Arbeitsprozesse zu bewerten. Die Umfrage untersuchte auch die Beziehung zwischen dem Automatisierungslevel und den Betriebskosten.

Studienergebnisse im Überblick:
Deutsche Unternehmen kommen an ihre Belastungsgrenze und benötigen dringend intelligente Automatisierungslösungen, so die Studie. 41 Prozent der Befragten sagen, dass sie 2018 verstärkt Automatisierung brauchen werden, um die Menge an Workloads bewältigen zu können, global sind es 49 Prozent. 2020 werden 8 von 10 (82 Prozent) deutschen Unternehmen die Belastungsgrenze erreichen.
78 Prozent sagen, dass Daten, die von Mobilgeräten und Internet of Things generiert werden, zu dieser Belastung beitragen.
90 Prozent bestätigen, dass intelligente Automatisierung Produktivität steigern kann. Dies beinhaltet Künstliche Intelligenz (KI) oder Maschinelles Lernen (ML), um Entscheidungsprozesse zu optimieren und so Unternehmensprozesse schneller und genauer auszuführen.
54 Prozent der Studienteilnehmer nutzen bereits intelligente Automatisierung bei mindestens einem Unternehmensprozess. 89 Prozent der deutschen Unternehmen planen oder prüfen bereits den Einsatz von intelligenten Automatisierungslösungen.
Georg Goller, Area Vice President Germany, ServiceNow, meint. „Der Wandel zu automatisierten Prozessen hat bereits begonnen und wird den Arbeitsalltag in Deutschland verändern.” Ich stimme hier Georg Goller zu.

Automatisierung gewährleistet finanzielles Wachstum sowie mehr Produktivität weltweit
Hochautomatisierte Unternehmen können im Vergleich zu Unternehmen mit wenig automatisierten Prozessen mit 6-mal höheren Wahrscheinlichkeit ihren Umsatz um 15 Prozent steigern.
Zum Beispiel haben Unternehmen mit einem Umsatzwachstum von über 20 Prozent im Schnitt 61 Prozent ihrer Unternehmensprozesse automatisiert, während Unternehmen mit geringem oder negativem Umsatzwachstum Automatisierung bei nur 35 Prozent ihrer Prozesse einsetzen.
In deutschen Unternehmen ist nur etwa ein Drittel der Prozesse automatisiert. Defizite ist es bei Personalmanagement und Kundendienst.
Insgesamt sind nur 35 Prozent der Unternehmensprozesse automatisiert. Darunter leiden auch Führungskräfte, die zwei volle Tage bzw. 15 Stunden pro Woche für manuelle administrative Aufgaben verschwenden.
Der IT-Support schneidet bei der Effizienz der Betriebsprozesse am besten ab, während Personalmanagement den letzten Platz belegt.
Konkret beträgt in der Personalabteilung der Anteil von Automatisierung nur 30 Prozent, im Kundendienst sind es 27 Prozent. Im Vergleich dazu werden in der IT 49 Prozent der Services automatisiert.

Kommen wir zu den Menschen …
Deutsche Führungskräfte glauben, Automatisierung kann Arbeitsstellen schaffen, obwohl Arbeitnehmer den Arbeitsstellenabbau fürchten
73 Prozent der Führungskräfte glauben, Automatisierung kann mehr Arbeitsplätze kreieren.
87 Prozent der Leader sagen, Arbeitnehmer befürchten, dass Automatisierung den Stellenabbau im Unternehmen bedeutet.
Die Top-3-Hindernisse für die Umsetzung von Automatisierung: Zu zeitintensive Implementierung, fehlende Ressourcen (Budget und Personal) und Bedenken hinsichtlich des Stellenabbaus.
Die Idee ist: Automatisierung wird Kapazitäten bei Mitarbeitern freisetzen, die sie für strategische und kreative Aufgaben nutzen können. Das klingt gut, wird meiner Erfahrung nach nicht so eintreffen. Vielmehr werden Unternehmen auf kurzfristige betriebswirtschaftliche Ziele schielen. Die Studie sagt:
32 Prozent der Befragten sagen, dass der Arbeitsaufwand gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent oder mehr gestiegen ist.
86 Prozent der Führungskräfte sagen, dass ihre kompetenten Mitarbeiter viel zu viel Zeit für administrative Aufgaben verschwenden.
91 Prozent glauben, dass durch weniger alltägliche Aufgaben die Kreativität der Mitarbeiter freigesetzt wird.
82 Prozent finden es schwierig, Mitarbeiter zu finden, die über die nötigen Kompetenzen für Geschäftswachstum verfügen.
95 Prozent sagen, Automatisierung wird die Nachfrage nach Fähigkeiten wie Zusammenarbeit, kreatives Problemlösen und Kommunikation steigern.
„Deutsche Arbeitnehmer haben das Gefühl, 6 Tage pro Woche zu arbeiten”, erläutert Goller. „Maschinen können den Beschäftigten diese Last abnehmen und ihnen den Raum für mehr Kreativität und Innovation zurückgeben“, so Goller. Ich sehe das nur bedingt so. Die Sachbearbeiter bei einer Versicherung, einer Bank oder eine Behörde ist meiner Meinung nach nur bedingt zu Kreativität und Innovation fähig, weil im Umfeld und Ausbildung fehlt. Diese Kräfte werden meiner Meinung nach freigesetzt und die Volkswirtschaft muss schauen, wie die Verlierer der Digitalisierung aufgefangen und eingesetzt werden können. Dabei stelle ich mich nicht gegen die Digitalisierung, doch nur ein auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse zu schielen, ist mir zu wenig. Wir haben eine Gesellschaft eine Gesamtverantwortung. Was sollen wir mit den Opfern der Digitalisierung machen? Wo kommen die Menschen unter? Und wenn immer weniger Leute in Lohn und Brot sind, wer soll dann konsumieren und die hoch effizientproduzierten Waren erwerben?
Das Thema Digitalisierung darf nicht einen modernen Weberaufstand zur Folge haben, so meine Meinung.

Empfehlungen von ServiceNow für Führungskräfte sind wichtig und sollten ernst genommen werden:
Unternehmensprozesse in HR, Kundendienst, IT oder anderen Abteilungen, die verbessert werden müssen, identifizieren
Kritische Unternehmensdienste definieren und Workloads automatisieren
Die geplanten Änderungen mit den einzelnen Abteilungen diskutieren, um Bedenken anzusprechen und zu zerstreuen. Hier ergänze ich ausdrücklich: Nicht zerstreuen ist das Motto, sondern sich ernsthaft mit den Folgen auseinandersetzen und klaren Wein einschenken. Die Mitarbeiter brauche Transparenz und eine Alternative.
Best Practices rund um Change Management aufstellen
Weiterentwicklung der Mitarbeiterkompetenzen, damit sie sich im automatisierten Arbeitsumfeld zurechtfinden. Das halte ich auch für besonders wichtig. In meinen Seminaren verspüre ich eine Angst vor Veränderung bei den Menschen. Aufgabe von Führungskräften ist es meiner Meinung nach, die Angst durch Klarheit zu nehmen, denn die Digitalisierung wird alles, aber auch wirklich alles verändern.