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50 Jahre Münchner Geschichten – München zwischen Tradition und Fortschritt: Ois Chicago

21. November 2024

Lassen Sie uns auf eine Zeitreise gehen – in eine Zeit, die ich selbst nur als kleiner Bub erlebt habe und erst später richtig genießen konnte. Heute jährt sich der 50. Geburtstag der Münchner Geschichten.

Die Serie Münchner Geschichten, die erstmals 1974 im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wurde, ist eine Hommage an das Leben in München und gilt als eines der herausragenden Beispiele der deutschen Fernsehlandschaft der 1970er Jahre. Unter der Regie von Helmut Dietl, der später mit Serien wie Monaco Franze und Kir Royal weitere Kultklassiker schuf, zeichnet die Serie ein liebevolles, aber auch kritisches Bild des Münchner Alltags.

Ich bin in dieses München als Kind hineingewachsen, ohne es wirklich zu realisieren. Erst durch verschiedene TV-Wiederholungen konnte ich später den Wert dieser famosen Serie schätzen. Der Ausdruck Ois Chicago ist sogar in meinen Wortschatz übergegangen. Je nach Situation bedeutet er so etwas wie „alles Risiko“, „alles Witz“ oder „alles ist möglich“.
Die Serie erzählt Geschichten rund um Karl „Tscharlie“ Häusler (gespielt von Günther Maria Halmer), einen charmanten, aber oft ziellosen Lebemann, der sich durch das Leben im München der Nachkriegszeit schlägt. Mit Witz und Leichtigkeit beleuchten die Münchner Geschichten die kleinen und großen Sorgen der „kleinen Leute“ – von finanziellen Nöten bis hin zu familiären Konflikten.

Regiestar Helmut Dietl gelingt es, ein authentisches Bild seiner Stadt und ihrer Bewohner zu zeichnen, das weit über die Klischees der „Schickeria“ hinausgeht. Die Serie spielt vor allem in den Arbeitervierteln, an Stammtischen und in den Wirtshäusern der Stadt und fängt den Charme des „alten Münchens“ ein.

Als ich mir zum Jubiläum die neunteilige Serie auf Blu-ray ansah, fielen mir die Stärken der Serie wieder auf – und es sind die Stärken von Helmut Dietl. Die Dialoge, Figuren und Schauplätze wirken lebensnah und unverfälscht. Die Charaktere sprechen im bayerischen Dialekt, was der Serie einen unverwechselbaren Charme verleiht. Neben humorvollen Szenen zeigt die Serie auch die Schattenseiten des Lebens – etwa die Probleme der Mittelschicht oder die Diskrepanz zwischen Tradition und Moderne. Die Serie fängt den Geist der 1970er Jahre ein und gibt Einblicke in eine Ära, in der München sich zwischen Tradition und Fortschritt befand.

Und dann sind da noch die Darsteller: Günther Maria Halmer brilliert in der Rolle des Tscharlie Häusler. Seine Darstellung ist einfühlsam, witzig und facettenreich. Auch die Nebenfiguren sind liebevoll gestaltet und von starken Schauspielern verkörpert.

Die Serie bietet nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Fenster in eine vergangene Zeit – und lässt den Zuschauer mit einem Schmunzeln zurück. Nach 50 Jahren ist es höchste Zeit, sich die Münchner Geschichten wieder anzusehen. Ich empfehle außerdem das Buch Helmut Dietl – Der Mann im weißen Anzug von Claudius Seidl.

Spider Murphy Gang im Lustspielhaus: Eben a bayrische Band

28. April 2011

Spider Murphy Gang 2011 im Lustspielhaus.

Spider Murphy Gang 2011 im Lustspielhaus.

Natürlich war es ein Heimspiel. Natürlich war das Lustspielhaus wieder mal ausverkauft und natürlich spielten die Spiders zahlreiche ihrer alten Hits. In ihrer Homebase in Schwabing hielten Günther Sigl und Barny „the red cap“ Murphy an Ostersonntag und -montag Hof und die getreuen Fans kamen in Scharen. Irgendwie war es ein Familientreffen. Über drei Fan-Generationen erschienen zum Konzert der einst „besten bayerischen Live-Band“. Die Spiders haben diesen Titel längst an jüngere Kollegen abgegeben und müssen sich nichts mehr beweisen, sondern können den fast schon intimen Konzertabend vor 260 Fans die meiste Zeit im Sitzen genießen. Ab und zu wird sich mal zum Solo erhoben, aber die Zeiten des wilden Rock´n Roll-Zirkus´ sind für die Gang vorbei.

Musiker und Fans erinnern sich an die gute alte Zeit als Chuck Berry, der dicke Fats, Elvis Presley und andere wilde Männer eine Musikrevolution auslösten. Mit den heutigen Spiders ist keine Musikrevolution mehr zu machen, aber das wollen die Fans auch gar nicht. Man traf sich gut gelaunt zum Rock´n Roll Rendezvous. Mit kleinen Geschichten aus der Welt der Spiders und des Rock´n Roll garnierte Günther Sigl die Instrumentenwechsel, kokettierte mit dem Alter der Musiker und gab weise Ratschläge zu einem zehnminütigen Spiel des E7-Gitarrengriffs. Ja Günther du hast recht, wenn du sagst, „damit kannste schon weit kommen.“ Gemeinsam erinnerte man sich wie der im Januar verstorbene BR-Moderator „Rolling Schorsch“ Georg Kostya den Spiders zum Durchbruch verhalf.

Das Publikum quittierte die Songs der bayerischen Band brav mit Applaus. Musikalische Experimente wollte hier keiner hören, obwohl die Spiders ein ungewöhnlich ruhiges und sehr inspirierendes „Johnny B. Goode“ darboten. Zu jeder Zeit hatten die Spiders die Stimmung im Griff, erinnerten immer wieder an ihre alten Helden, vergaßen aber leider den zu früh verstorbenen Roy Orbison, der am Karsamstag seinen 75. Ehrentag hatte. Die Musiker sind Könner ihrer Kunst, allen voran Barny Murphy und Boogie Woogie-Pianist Ludwig Seuss, der bayerische Schotte Willi Duncan und Saxophonist Otto Staniloi. Immer wieder war gemeinsames Mitsingen angesagt: „Pfüati Gott“, „Skandal im Sperrbezirk“, „Mir san a bayrische Band“, „Schickeria“, „Mit’n Frosch im Hois“ oder „Wo bist du?“. Während beim „Unter’m Kastanienbaum“ die Textsicherheit der Fans schwankte, war sie bei „Sommer in der Stadt“ wieder voll da. Liebe Spider Murphy Gang – bitte bleibt so und wir sehen uns wieder, versprochen!

Der Artikel erschien auch auf der Webseite Nachrichten München