Keine Frage, Videokonferenzen gehören zu meinem Alltag und ich möchte sie nicht missen. Von Meeting zu Meeting zu eilen, war schon in der realen Welt nicht sinnvoll – und ist es in der virtuellen Welt ebenso nicht. Das ist nicht wirklich überraschend, aber jetzt gibt es eine wissenschaftliche Studie dazu. Wissenschaftler der Uni Ulm haben sich mit dem Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“ befasst.

Die Wissenschaftler gingen dabei der Frage nach, wie Videokonferenz-Müdigkeit – abhängig von den Persönlichkeitsmerkmalen – mit Symptomen von Burnout und Depression zusammenhängt. Die Erkenntnis: Vor allem bei Personen mit Tendenzen zu emotionaler Instabilität und negativen Emotionen könnte eine Vielzahl an Videokonferenzen das Risiko für Burnout- und Depressionssymptome erhöhen.
Im Zuge der Corona-Pandemie, den damit einhergehenden „Lockdowns“ und dem Muss zur sozialen Distanz hat die elektronische Kommunikation via Bildschirm stark zugenommen. Videokonferenzen mit Programmen wie Zoom oder Microsoft Teams sind seitdem ein wichtiges und unverzichtbares Werkzeug, um Arbeits-Meetings durchzuführen und sich mit Kolleginnen und Kollegen zu besprechen. Doch das stundenlange Sitzen vor dem Bildschirm, technische Probleme oder die ständige Konfrontation mit dem eigenen Bild können die Teilnehmenden ermüden. Zudem fehlt vielen dabei echte soziale Interaktion. Betroffene berichteten vom Phänomen „Videokonferenz-Müdigkeit“.

„Die neuartige Erscheinung der Videokonferenz-Müdigkeit ist noch unzureichend charakterisiert. Sie kann sich in unterschiedlichen Ausprägungen äußern, die emotionale, soziale, motivationale und visuelle Aspekte haben können“, so Professor Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Universität Ulm und Erstautor der Studie. Zusammen mit Professor Rene Riedl von der Fachhochschule Oberösterreich in Steyr und der Universität Linz haben Professor Montag und seine Kollegin Dr. Cornelia Sindermann Online-Fragebögen von über 300 Befragten ausgewertet. Speziell das Persönlichkeitsmerkmal „Neurotizismus“ wurde dabei als potenziell begünstigender Faktor für Videokonferenz-Müdigkeit berücksichtigt. „Weiterhin konnten wir Hinweise darauf finden, dass der Zusammenhang zwischen neurotischeren Personen und Burnout- als auch zu Depressions-Tendenzen zum Teil über die Videokonferenz-Müdigkeit erklärt werden könnte“, erläutert Psychologie-Professor Christian Montag.

In der Auswertung kommen die Psychologen zu dem Schluss, dass kürzere Videokonferenzen sowie längere Pausen dazwischen ein Schlüssel sein könnten, um das Phänomen einer Videokonferenz-Müdigkeit zu vermeiden. Dies ergaben statistische Analysen von Informationen über die persönlich erlebte Videokonferenz-Müdigkeit sowie zur Länge der Meetings und der Pausen.
Ich persönlich mache in der Regel Spaziergänge von 15 Minuten. Die Forscher konnten außerdem zeigen, dass jüngere Menschen und Frauen eher durch Videokonferenzen ermüdet werden. Damit bestätigen die Ergebnisse frühere Arbeiten. In Zukunft sind jedoch weitere Studien erforderlich, um das Phänomen der Videokonferenz-Müdigkeit weiterzuerforschen.
Wer mehr über sein eigenes Verhalten und seine Tendenz zur Videokonferenz-Müdigkeit erfahren will, kann weiterhin auf einer Selbsttestplattform https://videokonferenz-muede.jimdosite.com/ anonym an der Studie der Abteilung Molekulare Psychologie der Uni Ulm teilnehmen. Die Angaben im Fragebogen unterstützen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrer Forschung.