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Ausstellung: Lee Miller – Von der Muse zur Meisterin der Kamera

9. Februar 2025

Kurz nachdem ich ein Online-Seminar zu Lee Miller durchgeführt habe, gib es nun im Rahmen der Münchner Veranstaltungsreihe „Stunde Null“ eine faszinierende Ausstellung über die berühmte Fotografin im Amerika Haus. Die Eröffnung machte u.a. ihr Sohn Anthony Penrose, der die Bilder der 1977 verstorbenen Fotografin auf dem Dachboden fand und der Nachwelt erhielt. Bis zum 31. Juli 2025 ist die fantastische Ausstellung im Amerika Haus München am Karolinenplatz zu sehen.

Für mich war Elizabeth „Lee“ Miller (1907–1977) eine der faszinierendsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Sie begann ihre Karriere als Model, wurde später eine gefeierte Fotografin und entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Kriegsberichterstatterinnen ihrer Zeit. Ihr Leben war geprägt von Kunst, Fotografie, Reisen und einem unermüdlichen Drang, die Welt mit der Kamera festzuhalten. Die Schrecken des Krieges und die Befreiung der Konzentrationslager konnte die Frau nicht verkraften und verfiel nach dem Krieg dem Alkohol. Ihr Sohn Anthony Penrose fand nach dem Tod ihre Bilder auf dem Dachboden und baute das Lee Miller Archiv auf. Hier die Ansprache von Anthony Penrose bei der extrem gutbesuchten Vernissage.

Frühe Jahre und Modelkarriere
Lee Miller wurde am 23. April 1907 in Poughkeepsie, New York, geboren. Schon früh kam sie mit der Fotografie in Berührung, da ihr Vater, ein Amateurfotograf, sie häufig als Modell für seine Porträts nutzte. Nach einer kurzen Zeit an der Kunstschule in New York begann Miller in den 1920er-Jahren eine vielversprechende Karriere als Model. Sie wurde von Condé Nast, dem Herausgeber der Vogue, entdeckt, nachdem sie zufällig auf der Straße beinahe von einem Auto überfahren worden war. Diese Begegnung führte zu einem Engagement als Covergirl für die Vogue, wodurch sie schnell zum gefragten Model in der Modewelt avancierte.

Doch die passive Rolle als Model genügte ihr nicht. Sie wollte hinter die Kamera wechseln, um selbst kreativ zu arbeiten. 1929 zog sie nach Paris – damals das Zentrum der künstlerischen Avantgarde – und suchte den Kontakt zu Künstlern und Fotografen. In der Ausstellung sind frühe Modefotos mit ihr zu sehen.

Paris und die Begegnung mit Man Ray
In Paris wurde Miller Schülerin, Assistentin und Muse des surrealistischen Fotografen Man Ray. Sie lernte nicht nur die technischen Grundlagen der Fotografie, sondern auch künstlerische Ausdrucksformen, insbesondere die experimentelle Dunkelkammertechnik Solarisation, die sie gemeinsam mit Man Ray weiterentwickelte. Neben der Modefotografie schuf Miller eindrucksvolle surrealistische Werke, die bis heute als Meisterwerke dieser Strömung gelten. Ich sah zum ersten Mal diese Bilder im Original in München.

Doch Miller war nicht nur Muse – sie wollte als eigenständige Künstlerin anerkannt werden. 1932 kehrte sie nach New York zurück und eröffnete ihr eigenes Fotostudio. Sie arbeitete als Porträt- und Werbefotografin, etablierte sich in der Kunstszene und fotografierte prominente Persönlichkeiten wie Charlie Chaplin.

Kriegsfotografin und Berichterstatterin
Der entscheidende Wendepunkt in Millers Karriere kam während des Zweiten Weltkriegs. Sie wurde Kriegsfotografin für die Vogue und berichtete über die dramatischen Ereignisse in Europa. Anfangs dokumentierte sie das Kriegsgeschehen aus London, wo sie während der deutschen Luftangriffe das Leben der Bevölkerung und die Zerstörung durch die Bombenangriffe festhielt.

1944 begleitete sie die Alliierten nach Frankreich und fotografierte die Befreiung von Paris. Sie dokumentierte eindrucksvoll das Leiden der Zivilbevölkerung, das Elend der Kriegsgefangenen und das Grauen der Konzentrationslager. Ihre Bilder aus Dachau und Buchenwald zählen zu den erschütterndsten Fotografien dieser Zeit. Eine der bekanntesten Aufnahmen zeigt sie selbst in der Badewanne von Adolf Hitlers Münchner Wohnung, kurz nach der Befreiung der Stadt durch die Alliierten. Dieses Bild steht symbolisch für das Ende des Nationalsozialismus und Millers mutige Präsenz an den Brennpunkten der Geschichte. Das Bild ist natürlich zu sehen.

Ihre Kriegsfotografien waren bahnbrechend und schockierend zugleich. Sie zeigte die Realität des Krieges ungeschönt, ihre Bilder von befreiten Konzentrationslagern wurden weltweit veröffentlicht und dokumentierten die Schrecken des Holocausts in einer Weise, die nicht ignoriert werden konnte.

Nachkriegszeit und Rückzug aus der Fotografie
Nach dem Krieg zog Miller mit ihrem zweiten Ehemann, dem britischen Künstler Roland Penrose, nach England. Sie litt unter den psychischen Folgen ihrer Erlebnisse im Krieg, heute würde man es als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bezeichnen. Die Verarbeitung der Kriegsgräuel fiel ihr schwer, und sie zog sich zunehmend aus der Fotografie zurück. Stattdessen widmete sie sich der Kunst, kochte leidenschaftlich gerne und wurde eine bekannte Gastgeberin für die britische Bohème.

Erst in den 1970er-Jahren wurde ihr fotografisches Werk wiederentdeckt. Ihr Sohn Antony Penrose spielte eine entscheidende Rolle dabei, ihre Arbeiten zu archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ich konnte ein kurzes Gespräch mit diesem Mann führen.

Vermächtnis und Bedeutung
Lee Millers Einfluss auf die Fotografie ist enorm. Sie war nicht nur eine herausragende Mode- und Porträtfotografin, sondern auch eine der ersten Frauen, die als Kriegsberichterstatterinnen an vorderster Front arbeiteten. Ihr Mut, ihre künstlerische Vision und ihr unbestechlicher Blick auf die Realität machten sie zu einer Pionierin der Fotojournalistik.

Heute gilt sie als eine der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Ihre Arbeiten sind in renommierten Museen und Sammlungen weltweit zu sehen, und ihre Kriegsfotografien haben sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Lee Miller hat sich von einer Muse zur Meisterin der Fotografie entwickelt – und ihr Vermächtnis lebt weiter.

Die Arbeit als Kriegsberichterstatter in der Ukraine

24. Juni 2023

„Das System Putin hat tiefere Risse als viele wahrhaben wollten“, erklärte Ibrahim Naber, Kriegsberichterstatter der Welt in der Ukraine auf einem Vortrag in Kloster Banz.

Der ausgebildete Journalist war sechsmal in der Ukraine und berichtete aus erster Hand von seinen Erfahrungen von der Front.
Der Vortrag überschnitt sich mit den aktuellen Ereignissen, die dazu führten, dass Naber seinen Vortrag über Nacht aktualisierte. „Wir wissen noch relativ wenig“, so Naber, der als Berichterstatter nicht spekulierte, sondern versuchte die Fakten einzuordnen. „Gegebenenfalls wird das System Putin neu aufgestellt“, aber die Ereignisse überschlagen sich. Der Chef der Söldnergruppe Wagner, Prigoschin, hat sich offen gegen die russische Militärführung und Verteidigungsminister Schoigu gestellt. Seine Einheiten griffen Einrichtungen des offiziellen Militärs im Süden des Landes an. Zunächst erlangten sie die Kontrolle über Stellungen in Rostow am Don, gegen Mittag laut BBC wohl auch über solche in der Region Woronesch, rund 500 Kilometer weiter nördlich. Die Stadt liegt auf halbem Weg zwischen Rostow und Moskau. In der Hauptstadt wurde der Anti-Terror-Notstand verhängt. Schon seit der Nacht sind Militärfahrzeuge auf den Moskauer Straßen unterwegs. Präsident Putin sprach im Fernsehen von einer tödlichen Bedrohung und kündigte an, die Aufständischen würden als Verräter bestraft.

Der Welt-Journalist wollte nicht von einem Putsch sprechen. Er hörte allerdings von Memes aus der Ukraine, die besagen: „Das Popkorn ist ausverkauft“. Dennoch mahnte er, alle Informationen mit Vorsicht zu genießen. Er geht davon aus, dass die Aktion von Wagner-Chef Prigoschin keine spontane Aktion gewesen sei. Putin stehe hinter seinem Verteidigungsminister und habe sich klar positioniert.

Mit eindrucksvollen Bilder berichtete Ibrahim Naber von seinen Erlebnissen als Kriegsreporter, zeigte Live-Schaltungen aus einem Rettungsboot nach der Sprengung des Staudamms in Cherson. Nach Recherchen der New York Times hätten wohl die Russen den Staudamm gesprengt und das Land überflutet. Für Ibrahim Naber war klar: „Wir stehen vor entscheidenen Monaten – es wird ein Sommer der Entscheidung.“

Naber positionierte sich in einem Kommentar: „Trotz allem rechne ich persönlich fest damit, dass das ukrainische Militär die russischen Verteidigungslinien an bestimmten Frontabschnitten durchbrechen wird. Ich halte es für realistisch, dass wir wie im Herbst 2022 erneut eine Art „Charkiw-Moment“ erleben, also eine Situation, in der russische Truppen an bestimmten Abschnitten plötzlich blank dastehen.

Hoffnungen auf einen überwältigenden ukrainischen Vorstoß, der in wenigen Monaten zur Rückeroberung weiter Teile der bislang besetzten Gebiete führt, halte ich derzeit für unwahrscheinlich. Eigentlich gibt es nur ein Szenario, in dem dies denkbar wäre: Wenn unter russischen Soldaten auf breiter Front Panik ausbricht und die Ordnung verloren geht.“
Und eindeutig: „Deutschland, Europa und die USA müssen grundsätzlich klären, was aus ihrer Sicht das Ziel dieser Gegenoffensive ist. Soll die Ukraine am Ende aller Kämpfe irgendwie überleben – oder soll sie wirklich gewinnen, also weite Teile der derzeit besetzten Gebiete zurückerobern? Für Letzteres liefern wir zu langsam und zu wenig.“ Die Luftüberlegenheit der Russen sei enorm. Die möglichen F16 würde punktuell eine Hilfe bringen. „Wenn wir es ernst meinen, müssen wir diese Dinge liefern.“ Und der Journalist meinte auch: „Ich sehe keine Bereitschaft bei den Ukrainern Land für Frieden einzutauschen.“

Anschließend habe ich mit Ibrahim Naber ein Interview über die Arbeit eines Kriegsberichterstatters geführt, das mehr über die Arbeitsweise als über die tagesaktuellen Ereignisse geht.