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Burgen, Beauty, Blitzlicht – wenn Schottlands Seele im TikTok-Filter glänzt

9. Juli 2025

Bisher habe ich nicht so viel auf diese Spezies von Mensch geachtet, aber seitdem ich in Schottland war, sind mir die TikToker massiv aufgefallen. Vielleicht liegt es an den ungewöhnlichen Ort Schottlands, dass die TikToker in Massen auftreten.

Sie sind zu zweit oder dritt unterwegs, posen an schönen Orten, um Klicks in dem chinesischen sozialen Netzwerk zu ergattern. Und an Orten wie dem Edinburgh Castle treten sie in Massen auf und agieren oftmals rücksichtslos. Damit das klar ist, die Menschen können sich in Szene setzen, posen, agieren wie sie lustig sind. Vielleicht mache ich das auch das eine oder andere Mal mit Selfies oder kleinen Clips, aber es war schon auffällig, welche Massen unterwegs waren. Klicks und Reichweite sind die Währung.

Ich beobachtete eine Gruppen junger Damen aus Asien, die als Team unterwegs waren. Eine zierliche Modell-Person vor der Kamera, ein Kameramann (oftmals waren es Männer) und eine Dame für Make-up, die zudem noch einen Scheinwerfer trug. Sie probten Szenen, hatten spontane Einfälle, agierten extravagant und – das Schlimmste: Blockierten den Tourismusbetrieb.

Ein auffälliges Phänomen an historischen Schauplätzen – insbesondere in touristisch beliebten Regionen wie Schottland – ist das Auftreten junger Frauen, die dort TikTok-Videos drehen. Diese sogenannten „TikTok-Mädchen“ nutzen die imposante Kulisse von Burgen, Schlössern oder alten Friedhöfen gezielt als Hintergrund für ihre Kurzvideos. Dabei fällt auf, dass sie nicht einfach spontan filmen, sondern häufig Szenen proben, kreative Einfälle umsetzen und sich in auffällig inszenierter Weise bewegen oder posieren. Oft tragen sie extravagante Outfits, die teils historisch inspiriert, teils modern überhöht sind, und agieren mit einer Mischung aus Selbstinszenierung, spielerischer Darbietung und theatralischer Gestik.

Die Motivation hinter diesen Videos ist vielfältig: Einerseits dient das Setting als stilistisch reizvoller Kontrast zu den modernen Inhalten oder als ästhetische Verstärkung romantisierender oder dramatischer Darstellungen. Andererseits ermöglicht die Kombination von Selbstdarstellung und historischer Kulisse eine gewisse Erzählkraft, die auf TikTok gut funktioniert. Diese Aufnahmen entstehen dabei oft nicht im Verborgenen – vielmehr ist es Teil des Konzepts, gesehen zu werden, sowohl von der digitalen Öffentlichkeit als auch von den Menschen vor Ort.

Insbesondere an touristisch stark frequentierten Orten in Schottland ist dieses Verhalten zunehmend zu beobachten. Die Nutzerinnen scheinen sich in der Atmosphäre der historischen Plätze kreativ herausgefordert und inspiriert zu fühlen. Sie verwandeln Orte wie Burgruinen, alte Treppenaufgänge oder kunstvoll gestaltete Fassaden temporär in Bühnen für persönliche Geschichten, tänzerische Darstellungen oder stilisierte Alltagsinszenierungen. Dabei wird Geschichte nicht zwingend inhaltlich thematisiert, sondern vielmehr als emotionale Kulisse genutzt – ein Hintergrund, der Dramatik, Schönheit oder Erhabenheit ausstrahlt und dem eigenen Auftritt Tiefe verleiht.

Das Phänomen steht exemplarisch für den Wandel in der Wahrnehmung und Nutzung historischer Orte in der Gegenwart: Wo früher reine Kontemplation oder klassische Fotografie dominierten, tritt heute die digitale Selbstinszenierung in Echtzeit. Historische Schauplätze werden damit zu Projektionsflächen individueller Kreativität – eine Entwicklung, die nicht ohne Widerspruch bleibt, aber zugleich Ausdruck einer veränderten Medien- und Erinnerungskultur ist.

Ich habe gemerkt, dass diese TikTok-Girls die Umgebung nerven können. Aber ob TikTok-Girls an historischen Orten als nervig empfunden werden, hängt stark von der Perspektive der Beobachtenden ab. Aus der Sicht vieler Besucher wirken sie mitunter tatsächlich störend – etwa dann, wenn sie mit auffälligen Posen, lauter Musik oder übertriebener Selbstinszenierung das Gesamtbild des Ortes dominieren. Wer einen historischen Ort wegen seiner Atmosphäre, Ruhe oder spirituellen Ausstrahlung aufsucht, kann sich durch das performative Verhalten dieser Influencer leicht irritiert oder sogar gestört fühlen. Auch wenn sie Treppen blockieren, immer wieder Szenen wiederholen oder andere daran hindern, ein Foto zu machen, entsteht schnell der Eindruck von Rücksichtslosigkeit.

Andererseits bringen diese TikTok-Nutzerinnen auch eine neue Form kultureller Aneignung und Auseinandersetzung mit historischen Orten mit sich – wenn auch oft visuell statt inhaltlich. Sie sehen die Orte nicht als stille Denkmäler, sondern als kreative Räume. In diesem Sinne können sie auch als Teil eines modernen, lebendigen Umgangs mit Geschichte verstanden werden. Wer dies erkennt, mag ihr Verhalten eher als Ausdruck jugendlicher Kreativität oder digitaler Gegenwartskultur einordnen.

Unterm Strich: nervig wirken sie dann, wenn sie den Ort für sich vereinnahmen und wenig Rücksicht auf andere nehmen. Sympathisch oder zumindest verständlich wirken sie, wenn sie sich unaufdringlich in die Umgebung einfügen und ihre Kreativität respektvoll ausleben.

Warum rennt meine Umgebung im Bademantel herum? #bademantelchallenge

15. September 2023

Wenn ich meine Sozialen Netzwerke öffne, dann sehe ich immer mehr Freunde und auch Prominente im Bademantel. Hab ich nach der Jogginghose wieder einen neuen Modetrend verpasst? Was ist passiert? Die Erklärung des Phänomens ist einfach: Am 21. September 2023 ist Welt-Alzheimertag.

Deswegen ruft die Deutsche Demenzhilfe im Monat September zur #bademantelchallenge auf, um sich mit Betroffenen und Angehörigen der unheilbaren Alzheimer-Krankheit solidarisch zu zeigen und darüber hinaus die Alzheimer- und Demenzforschung in Deutschland zu unterstützen. Respekt. Ich bin dabei und möchte mein Umfeld ausdrücklich auffordern, diese Aktion zu unterstützen. Wie schon damals bei bei der ALS Ice Bucket Challenge ist es wichtig, dass so eine Aktion von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird und durch Social Media kann jeder einen Beitrag dazu leisten. Jeder ist ein Sender und das Smartphone ist das Werkzeug. Mit der #bademantelchallenge erreichen wir gemeinsam Aufmerksamkeit, Enttabuisierung und auch im besten Fall einen Fortschritt in der Alzheimer- und Demenzforschung.

Natürlich werden wieder Oberschlauberger sagen, sie wüssten schon alles, sie würden spenden und nicht groß darüber reden. Zudem würde man sich ja der Lächerlichkeit Preis geben, wenn man sich im Bademantel zeigt. Mag alles sein, aber dennoch unterstütze ich die Aktion. Ich hatte nur die Herausforderung, welchen meiner vielen Bademäntel ich anziehen soll. In die engere Wahl fielen ein Kimono und ein Star Wars Mantel (der dunklen Seite der Macht). Ich entschied mich für Star Wars, das bringt vielleicht mehr Reichweite.

Mit einem Bademantel in der Öffentlichkeit fällt man schließlich auf. Und darum geht es uns: Aufmerksamkeit erzeugen, sich öffentlich solidarisieren, Menschen mit Demenz nicht alleine lassen. Die Betroffenen und deren Angehörigen benötigen kein Mitleid, sondern die Gewissheit, dass Politik und Gesellschaft sich einsetzen. Was ich ganz toll finde, auch ein Kunde von mir macht bei der Aktion mit. Die Bäckerei Konditorei Martin Reicherzer in Fürstenfeldbruck und Aubing macht mit.

Der Bademantel dient als sichtbares Zeichen der Solidarität. Er verleitet Betrachtende zwangsläufig dazu, sich mit der Thematik auseinander und im besten Fall für die Forschung einzusetzen. Einen Bademantel besitzt fast jeder und mitmachen ist denkbar einfach, da jeder und jede den Ort, an dem er oder sie sich mit einem Bademantel fotografieren lässt, selber aussucht. Also dann posten in den gängigen Netzwerken unter den Hastags #bademantelchallenge #alzheimer. Zudem sollen wir damals bei der ALS Ice Bucket Challenge drei Freunde zur Challenge nominiert werden. Zudem @bademantelchallenge als Co-Autor verlinken. So erscheint dein Bild/ Video auch dort und erhöht die Sichtbarkeit der Aktion. Und natürlich geht auch eine Spende an die Deutsche Demenzhilfe.