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Die Stimme des Adels – Rolf Seelmann-Eggebert ist verstummt – mein persönlicher Nachruf

23. August 2025

Es gibt Stimmen, die man nicht nur hört, sondern fühlt. Stimmen, die einen in eine andere Welt entführen – in eine Welt voller Geschichte, Tradition und gelebter Kultur. Eine solche Stimme gehörte den großen Journalisten, Peter von Zahn. Eine weitere große Stimme ist gerade gestorben: Rolf Seelmann-Eggebert. Für Generationen von Fernsehzuschauern war er das vertraute Gesicht und die unverwechselbare Stimme, wenn es um Europas Königshäuser geht.

Rolf Seelmann-Eggebert Foto: NDR

Ich hab ihn leider nie kennengelernt, aber seine Stimme bedeutete für mich Seriosität, nicht Yellow-Press, sondern seriöse Adelsberichterstattung. Seelmann-Eggebert hat es geschafft, das Thema Adel aus dem Staub der Klischees zu holen und ihm jene Würde zu verleihen, die es verdient. Mit seinem unvergleichlichen Fachwissen, gepaart mit journalistischer Sorgfalt, öffnete er uns seinen Zuhörern und Zuschauern Türen zu Palästen und Geschichten, die sonst verborgen geblieben wären. Doch was ihn wirklich auszeichnet, ist nicht allein die Tiefe seines Wissens, sondern die Art, wie er es vermittelt.

Seine Stimme trug einen warmen, kultivierten Ton, der Vertrautheit schafft. Er sprach mit jener Mischung aus Respekt und kritischer Distanz, die leider selten geworden ist im Journalismus. Ich will keine Medienschelte betreiben, gehöre ich ja dazu, aber es war eine andere Zeit von Journalisten nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn er von den Windsors, den Grimaldis oder den Hohenzollern erzählt, geschah das nie reißerisch. Stattdessen ließ er die Geschichte atmen, führte sein Publikum mit leiser Eleganz an Intrigen, Tragödien und Triumphen vorbei – immer informativ, nie sensationslüstern. Die Queen durfte er zu Lebzeiten allerdings nie interviewen, vielleicht hat er jetzt die Chance.

Seelmann-Eggebert war kein bloßer Chronist, er war ein Erzähler, ein Geschichtenerzähler im besten Sinne des Wortes. Gute Journalisten erzählen Geschichten und das konnte er. Einer, der die Schicksale der Mächtigen keannte, ohne die Menschen dahinter aus den Augen zu verlieren. In Zeiten von schnellen Schlagzeilen und oberflächlichen Skandalen war er ein Gegenentwurf: ein Wissender, der zuhört, recherchiert und die Faszination am Adel verständlich machte. Gut, er war schon lange nicht mehr journalistisch tätig. Vielleicht wäre ein guter YouTuber aus ihm geworden. Im Jahr 2019 erschien die Biografie „In Hütten und Palästen. Ein Reporterleben“, die Rolf Seelmann-Eggebert gemeinsam mit seiner Tochter Adele Seelmann-Eggebert verfasst hatte. Ein gut geschriebenes Buch, das ich wieder hervorholen werde.

Sein Werk ist mehr als Berichterstattung; es ist gelebte Kulturgeschichte. Wer ihn einmal über das Protokoll am britischen Hof sprechen gehört hat oder seine Analysen zur europäischen Monarchie verfolgte, der versteht, warum er in Deutschland als „Königskenner“ galt, so erzählte es mir vor Jahren ein Verwandter von ihm.

Rolf Seelmann-Eggebert hatte es geschafft, mit Stimme, Stil und Substanz eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen. Und genau darin liegt sein Verdienst: Er ließ uns die Welt des Adels nicht nur sehen, sondern verstehen.

Nachfolgend die offizielle Pressemeldung des NDR: Rolf Seelmann-Eggebert ist tot. Der Journalist, der einem großen Publikum unter anderem durch seine kenntnisreichen Dokumentationen und Live-Sendungen über Europas Königshäuser bekannt wurde, starb im Alter von 88 Jahren am 22. August in Hamburg.

„NDR Intendant Joachim Knuth: „Rolf Seelmann-Eggebert hat unser Programm entscheidend geprägt – als Adelsexperte, aber auch in vielen anderen Bereichen. Über sechs Jahrzehnte hinweg machte er für den NDR Reportagen und Dokumentationen, war Moderator und Kommentator. Ob er aus Krisengebieten berichtete, die ungleiche Verteilung des globalen Reichtums thematisierte oder royale Großereignisse begleitete – immer überzeugte er die Zuschauerinnen und Zuschauer durch seine profunde Sachkenntnis und seinen taktvollen Umgang mit Themen und Menschen. Rolf Seelmann-Eggebert war ein vorbildlicher Journalist. Der NDR hat ihm viel zu verdanken.“

Rolf Seelmann-Eggebert, geboren in Berlin, absolvierte nach einem Soziologie-Studium 1956 ein Volontariat beim NDR in Hannover. 1964 wurde er dort Leiter der Reportageabteilung. Von 1968 bis 1971 arbeitete Seelmann-Eggebert als ARD-Hörfunk-Korrespondent für Westafrika mit Sitz in Abidjan. Anschließend war er bis 1976 ARD-Fernsehkorrespondent für Afrika mit Sitz in Nairobi. Weitere berufliche Stationen waren die Leitung des ARD-Studios London in den Jahren 1978 bis 1981 und 1994 bis 1996. 1982 wurde er Programmdirektor Fernsehen des NDR. Mit der Initiative „Ein Tag für Afrika“ sammelte Seelmann-Eggebert 1985 rund 100 Millionen Mark für die Menschen, die Äthiopien zu verhungern drohten.

1996 wurde er Chefkorrespondent Fernsehen des NDR. In dieser Funktion baute er u. a. die „One World Group of Broadcasters“ mit auf, einen internationalen Verbund von TV-Sendern für Programminitiativen zu Gunsten der Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas.

Mit Erreichen der Altersgrenze wechselte Seelmann-Eggebert 2002 in den Ruhestand, machte aber weiter Filme und Live-Reportagen für den NDR. Zudem kümmerte er sich bis 2004 als Vorsitzender der NDR Volontärskommission um den journalistischen Nachwuchs.

Große Publikumserfolge waren u. a. seine Fernsehreihen „Europäische Königshäuser“, „Royalty“, „Königskinder“, „Deutsche Fürstenhäuser“ oder „Die Windsors – 100 turbulente Jahre“. Eine weitere Domäne Seelmann-Eggeberts waren Live-Reportagen von großen Ereignissen an Europas Höfen. Unvergesslich bleiben u. a. seine mehrstündigen Live-Kommentierungen der Hochzeiten von Prinz Charles und Lady Diana, Prinz William und Catherine „Kate“ Middleton sowie Prinz Harry und Meghan Markle.

Am Pfingstsonntag 2018 zeigte das Erste die letzte Fernseh-Reportage von Rolf Seelmann-Eggebert, „Ein Wiedersehen mit Kenia“. Dafür bereiste er als 81-Jähriger das ostafrikanische Land, um zu erleben, wie es sich verändert hat, seit er dort Korrespondent war.

Rolf Seelmann-Eggebert erhielt im Lauf seines Berufslebens zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Deutschen Journalisten-Preis, das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, das Bundesverdienstkreuz am Bande, den „Order of the British Empire“, den Journalistenpreis Entwicklungspolitik, den „Goldenen Gong“, die „Goldene Kamera“ und den „Bambi“. 2011 wurde er für seine Royalty-Berichterstattung in der Kategorie „Besondere Leistung Unterhaltung“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Seelmann-Eggebert nahm vielfältige Ehrenämter wahr, u. a. als Vorstandsmitglied des Deutschen Komitees für UNICEF und der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, als Mitglied des deutschen Kuratoriums der World Childhood Foundation und Ehrenmitglied der Deutsch-Britischen Gesellschaft.