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Buchtipp: Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt

24. August 2011
Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt

Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt

WikiLeaks hatte sich 2009/2010 mit spektakulären Enthüllungen einen Namen gemacht. Dies scheint erst einmal vorbei. Jetzt geht es scheinbar nur um das Aufarbeiten von Internas, wer wann welche Daten bekommen hat und wer böse ist und wer nicht. Und die Whistleblower-Szene ist um OpenLeaks reicher geworden.

Um das Phänomen WikiLeaks besser verstehen zu können, nahm ich das Buch von DDB zu Hand. DDB ist im Twitter-Jargon von WikiLeaks der ehemalige Assange-Mitstreiter Daniel Domscheit-Berg. In seinem Buch „Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ beschreibt er Aufbau und Zusammenarbeit bei WikiLeaks. Es ist mit dem reißerischen Titel durchaus spannend zu lesen, wie eine Organisation tickt und noch interessanter, woran sie zerbricht. Julian Assange scheint nach diesem Buch nicht gerade ein Teamplayer zu sein, um es vorsichtig auszudrücken. DDB stellt in seinem Buch immer wieder das Ego von Assange heraus. Bei seiner eigenen Person ist DDB allerdings nicht so kritisch. Er widmet sich bei seiner Person mehr dem Orangensaft, den Bioläden und die coole Truppe des CCC, der ihn übrigens vor kurzem an die Luft gesetzt hat. Zeitweise ist das Buch ein ganz schönes Geeiere nach dem Motto: Ich bin ja so schön linksalternativ, ich will doch nur gutes. hab für vieles Verständnis und Anarchie ist gar nicht so schlecht. Schön wäre es, wenn der Gutmensch DDB sein Buch „Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ als freies PDF oder ePub vertrieben hätte, wenn Geld gar nicht so wichtig ist. Aber nein, ein traditioneller Verlag unter dem Dach von Axel-Springer musste es sein – Moment, war Springer für diese Leute nicht immer böse?

Dennoch hat das Buch in einigen Teilen wirklich Spaß zum Lesen gemacht. Streicht man das seichte Gutmenschentum, bleiben interessante Fakten über WikiLeaks. DDB stellt an seinen ehemaligen Kumpel interessante und wichtige Fragen. Gerade in der aktuellen Debatte ist das Buch Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Weltein schöner Mehrwert. DDB hat in den vergangenen Tagen unveröffentlichte WikiLeaks-Daten, die er bei seinem Ausscheiden mitgenommen hat, zerstört. Grund: Julian Assange konnte nach DDBs Meinung, für die Sicherheit der Daten nicht sorgen. Außerdem braucht er ja ein wenig PR für sein eigenes Projekt OpenLeaks, das alsbald an den Start gehen soll.

Bewundernswert, dass DDB nicht noch mehr mit Assange abgerechnet hat. Bei der Lektüre kommt immer wieder die tiefe Kränkung durch, die DDB verspürt. Ich denke, wenn das Buch heute neu erscheinen würde, dann würde DDB mehr austeilen. Im September ist Julian Assange in Berlin bei der Medienwoche. Er wird sich nicht zurückhalten. Es bleibt spannend.

Wikileaks ist wie beim Derbleck’n

14. Dezember 2010

Irgendwie ist der Trubel um Wikileaks wie beim Derbleck’n am Aschermittwoch. Für die Nichtbayern: Derbleck’n findet zur Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg statt. Dort wird in einer Art Kabarett satirehaft bayerischen und bundesdeutschen Politikern der Spiegel vorgehalten. Die Betroffenen reagieren staatsmännisch und lassen den Spott über sich ergehen. Natürlich sind sie gekränkt, lassen sich aber nichts anmerken. Aber das Schlimmste ist: Wenn man als Politiker beim Derbleck’n nicht erwähnt wird. Dann ist man aus bayerischer Sicht unwichtig und der Politiker sollte sich ernsthaft Sorgen um seine Popularität machen.

Ähnlich ist es bei Wikileaks. Ich kenne Politiker – Namen tun nichts zur Sache – die haben ihre Mitarbeiter beauftragt, die Dokumente von Wikileads nach ihren Namen zu durchsuchen. Grund: Man habe ja ein hervorragendes Verhältnis zu den USA und man sei schließlich wichtig. Und dann das große Geschrei: In Wikileads gibt es keinen Eintrag, keinen Bezug, keinen Verweis. Das ist eine Schande. Vielleicht ist es mit dem guten Verhältnis zur USA doch nicht so toll bestellt oder der Politiker muss einfach einsehen: Ich bin nicht wichtig.

 

Bedingt abwehrbereit im Jahre 2010

13. Dezember 2010

Als Medienmacher haben wir uns ganz schön blamiert. So meine Meinung, wenn ich mir die Diskussionen um Wikileaks ansehe. Dabei geht es mir nicht darum, ob Julian Assange schuldig ist oder nicht. Wir als Medien sind schuldig, weil wir uns ausgeruht haben, weil wir noch zu fett sind – so schlimm kann unsere Krise gar nicht sein.

Ich bin unter anderem in diesen Beruf gegangen, weil ich fasziniert war von Carl Bernstein und Bob Woodward, den Watergate-Aufdeckern. Ich habe alles verschlungen, was ich darüber lesen konnte und welche Rolle die Tageszeitungen gespielt haben. Viel wurde von Zeitungen in den vergangenen Jahren aufgedeckt: Erinnern wir uns nur an das Veröffentlichen der Pentagon-Papiere oder wie der Spiegel die Flick-Affäre oder den Barschel-Skandal publiziert hatte. Ach ja, da gab es auch noch die Spiegel-Affäre und der Artikel „Bedingt abwehrbereit“. Strauß ging gegen Augstein vor, die Mächtigen gegen die Medien.

Und heute? Da müssen sich die hochgerüsteten, vernetzten Medienkonzerne von einer Horde von Aktivisten vorführen lassen. „Liebe Print-Journalisten, diese Art von Storys aufzudecken ist euer Job!“ Da gründet Assange eine Plattform im Netz und veröffentlicht brisantes Material. Und die klassischen Massenmedien schauen zu, springen auf den Zug auf. Aber wo ist bitte eure investigative Leistung? Warum schicken wir euch auf ruhmreiche Journalistenschulen? Warum üben wir den Unterschied zwischen kommentierender und meinungsbildender Form? Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen – aufgewacht. Bitte nicht nur wichtig auf Konferenzen herumhängen und den Niedergang der Branche beklagen, sondern Aktion ist gefragt. Nicht zum 1000 Mal in der dpa-Meldung wichtig herumredigieren, sondern „geht raus und spielt Fußball“, wie der Trainer sagen würde. Wir sind zu lange in den Redaktionen mit Meetings und Konferenzen beschäftigt. Wir sollten mehr raus, mehr ran an die Quellen.