Posts Tagged ‘Transsexualität’

50 Jahre „The Rocky Horror Picture Show“ – meine Matinee

19. Juli 2023

„The Rocky Horror Picture Show“ ist ein kultiger Film, der sich keiner bestimmten Kategorie zuordnen lässt. Mit einer einzigartigen Mischung aus Musical, Komödie und Science-Fiction erobert er die Herzen der Zuschauer seit Jahrzehnten. Vor kurzem durfte ich im Saal Kino in Fürstenfeldbruck zum 50jährigen Bestehen des Films eine hervorragend besuchte Matinee durchführen.

16.5.1973 – Vor 50 Jahren fand die Uraufführung der Rocky Horror Show in London vor nur etwa 60 Zuschauern statt. Seitdem besuchten 20 Millionen Fans das Kult-Musical.

Am 14. August 1975 startete »Rocky Horror Picture Show« in den Kinos in Großbritannien. Allerdings ohne großen Erfolg. Auch in den USA war der Film zunächst ein Flop. Erst ein Jahr später entwickelte sich Rocky Horror in Mitternachtsvorstellungen zum Publikumsmagnet – besonders in Gegenden, wo es eine LGBT-Szene und in Studentenstädten wie Austin, Texas.

The Rocky Horror Picture Show ist ein Musical von Richard O’Brien. 1975 erschien der zugehörige Film, der heute längst Kult ist. Sogar der Soundtrack zum Film ist ein Klassiker geworden. Für die Schauspieler Susan Sarandon und Tim Curry bedeutete der Film den Durchbruch in ihrer Karriere.
Der Film erzählt die Geschichte des jungen und unschuldigen Paares Brad und Janet, die in das schrullige Schloss des transsexuellen Wissenschaftlers Dr. Frank-N-Furter geraten. Von dem Moment an, in dem sie die Türschwelle überschreiten, werden sie in ein verrücktes und sexuell aufgeladenes Abenteuer voller verrückter Charaktere und mitreißender Musik gezogen.

Unberechenbar
Die Stärke von „The Rocky Horror Picture Show“ liegt in seiner Unberechenbarkeit. Der Film bricht mit Konventionen und Normen und fordert die Zuschauer heraus, alle Grenzen zu überschreiten. Er ist ein Fest für die Sinne, von den bunten Kostümen über die eingängigen Songs bis hin zu den provokativen Dialogen. Die schauspielerischen Leistungen sind durchweg beeindruckend, wobei Tim Curry in der Rolle des Dr. Frank-N-Furter besonders hervorsticht. Seine Darstellung ist voller Energie und Charisma und macht ihn zu einem unvergesslichen Charakter.

Keine oberflächliche Unterhaltung
„The Rocky Horror Picture Show“ ist jedoch nicht nur oberflächliche Unterhaltung. Unter seiner exzentrischen Oberfläche behandelt der Film Themen wie Sexualität, Identität und Akzeptanz. Er regt zum Nachdenken an und feiert die Individualität und Freiheit, sich selbst zu sein. Trotz seiner Zeitlosigkeit ist der Film ein Produkt seiner Zeit, der die sexuelle Revolution der 70er Jahre widerspiegelt. In diesem Film spielen sexuelle Unterdrückung und Befreiung eine zentrale Rolle, zusätzlich zur Akzeptanz von Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität usw. Dazu gibt es, Mord und Kannibalismus. Am Ende verwandelt sich das Schloss in ein Raumschiff, das zurück zum Planeten Transsexuell in der Galaxie Transsilvanien fliegt.

Treue Fangemeinde
Der Film hat eine treue Fangemeinde, die regelmäßig zusammenkommt, um ihn als interaktives Erlebnis zu feiern. Die Zuschauer singen und tanzen mit, werfen Requisiten und nehmen aktiv am Geschehen teil. Diese interaktive Atmosphäre macht „The Rocky Horror Picture Show“ zu einer einzigartigen Erfahrung, die man am besten mit Gleichgesinnten teilt.

Insgesamt ist „The Rocky Horror Picture Show“ ein wahrhaft unkonventioneller Film, der die Konventionen des Mainstream-Kinos herausfordert. Er ist ein Fest der Exzentrik und der sexuellen Freiheit, das bis heute nachhallt. Wenn du nach einem außergewöhnlichen und unterhaltsamen Filmerlebnis suchst, das dich zum Lachen bringt und zum Nachdenken anregt, dann solltest du unbedingt „The Rocky Horror Picture Show“ eine Chance geben.
Die nächste Matinee ist am 23. Juli im Scala Kino der Klassiker Das Cabinet des Dr. Caligari. Karten gibt es hier.

Filmtipp: Dressed to Kill von Brian de Palma

28. September 2018

Schockierend damals und heute: Dresses to kill ist auf Plural erschienen.

Schockierend damals und heute: Dresses to kill ist auf Plural erschienen.

Die frühen Filme von Brian de Palma mochte ich immer gerne. Ich bin ein großer Fan von Carrie, die Schwestern des Bösen, Teufelskreis Alpha oder Schwarzer Engel – alles Klassiker des modernen Horror- und Psychothrillers. Als dann Dressed to Kill 1980 in die Kinos kam und ich mich als Jugendlicher in die Vorführung schmuggelte, war ich von der Intensität des Films überrascht. Die Mischung aus harter Gewalt und Sexualität war heftig und ich ging nachdenklich aus dem Kino meiner Heimatstadt. Was hatte ich da gesehen? Ich sah viele Elemente von Alfred Hitchcock, aber auch eine etwas dünne Story.
Irgendwann später, viel später traf ich auf dem Filmfest München den Produzenten Samuel Z. Arkoff, der diesen Film und viele B-Horrorfilme produziert hatte. Wir kamen bei einem Glas ins Gespräch und er beschwerte sich, dass Dressed to Kill in den USA von der Filmfreigabestelle so verstümmelt wurde. Er wurde so was von entschärft. In Europa hatten wir die umgeschnittene Version im Kino gesehen, in den USA lief die geschnitten Version und im Fernsehen die total entschärfte Version.
Jetzt kam der Brian de Palma-Film Dressed To Kill auf Bluray heraus und die Agentur schickte mir ein Besprechungsexemplar – vielen Dank. Schön ist auf der Bluray unter Extras der Vergleich der verschiedenen Schnittfassungen des Films.
Zur Einstimmung auf den Film holte ich mir ein altes MAD-Heft von 1980 aus dem Archiv. Dort wurde aus Dressed to Kill der Titel Gespresst für den Müll. Zudem schaute ich alte Cinema-Ausgaben durch in denen der Film damals besprochen wurde. Mit diesem Futter ausgestattet, sah ich mir die Bluray an. Von der Intensität hat der Film von 1980 nichts verloren. Das Bild ist optimal auf Bluray transferiert und der Ton passt auch. Kaum lief die Musik von Pino Donaggio, der schon die Musik von Carrie gemacht hatte und im gleichen Stil Dressed to Kill komponierte, erinnerte ich mich an meine Reaktion damals im Kino. Eine nackte Angie Dickinson als Kate Miller befriedigt sich unter der Dusche und wird in ihrer Befriedigung hart attackiert – die Kamera immer voll auf die Details. Später wird sie brutal mit einem Rasiermesser ermordet. Das Gesicht, die Kehle, der Körper wird aufgeschlitzt. So eine brutale Intensität kenne ich von italienischen Schlitzerfilmen, aber nicht so von Hollywood.
Ich kritisiere nicht die harten Gewaltszenen oder die Sexualität des Films, ich kritisiere die Jugendfreigabe von 16 Jahren. Der Film geht an Grenzen. Die Frau wird als Subjektiv der Sexualität gesehen und für meinen Begriff schafft der klassische 16jährige die Abstraktion nicht und sieht nur das offensichtliche Geschehen auf dem Bildschirm. De Palma setzt sich mit seinem Über-Ich Alfred Hitchcock auseinander und bringt das Psycho-Thema in eine neue Zeit. Themen wie Transsexualität und Geschlechtsumwandlung waren 1980 für viele noch ein Tabuthema.
Filmisch wendet Brian de Palma die Rezepte von Carrie mit gesplitteter Leinwand an. Am Ende zitiert er sich selbst, wenn die Prostituierte Liz Blake, dargestellt von de Palmas damaliger Ehefrau Nancy Allen im Kleid und mit der Musik von Carrie ermordet wird und aus dem Alptraum erwacht.
Ich liebe in diesem Film die Kamerafahrten, die ein besonderes Tempo für den Film erzeugen. So ein filmisches Tempo kennen wir im Zeitalter der schnellen Schnitte und der festen Standeinstellungen immer weniger. De Palma hat bei Dressed to Kill ein tolles Händchen für die Einstellungen der Kamera. Die Kamera nimmt am Geschehen der Akteure teil. Nur zehn Jahre später bei Fegefeuer der Eitelkeiten ist die Kamera noch besser eingesetzt. Die späteren Filme von ihm wie Mission Impossible sind dagegen Hollywood-Standard ohne großer Kameraarbeit.
Großartig ist die Darstellungskunst von Michael Caine als Dr. Robert Elliott. Er macht nicht auf Norman Bates, sondern wir nehmen ihm die dissoziative Identitätsstörung ab. Caine kann einfach schauspielern und das ist gut zu sehen.
Was mich 1980 noch fasziniert hatte, ist 2018 dagegen lächerlich: die technischen Basteleien von Peter Miller, dargestellt von Keith Gordon. Er faselt was von Binärcode und Computern – hier ist der Film überholt. Als Jugendlicher fand ich die blinkenden Lichter der Schaltkreise chique, heute amüsieren sie mich nur noch.
Alles in allem war es gut, dass Dressed To Kill auf Bluray erschienen ist. Bei all den Veröffentlichungen von alten Material ist dieser Film eine cineastische Wohltat, wobei ich den Streifen erst ab 18. Jahren freigegeben hätte.