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Verkehrspolitiker schämt euch – wo ist der Nachfolger vom 9-Euro-Ticket

31. August 2022

Die drei Monate 9-Euro-Ticket sind morgen vorbei und es gibt kein konkretes Anschlussmodell. Das ist schade, sehr schade. Wir wollen doch die Energie- und Verkehrswende schaffen, aber so nicht. Verkehrspolitiker schämt euch. Es wurde geredet, was gut ist, es wurde nichts entschieden, was schlecht ist.

Ab morgen muss ich mich wieder umgewöhnen. Ich bin drei Monate lange in Bus und Regionalbahn problemlos eingestiegen und ich fühlte mich gut. Ab morgen darf ich mich wieder mit einem extrem verwirrenden und teuren Tarifsystem auseinandersetzen, weil die Politik es nicht geschafft hat, etwas anzubieten. Es fördert die Politikerverdrossenheit, nicht Politikverdrossenheit.

Zahlen und Statistiken gibt es genug, besonders in den vergangenen Tagen. 31 % der erwachsenen Käufer des 9-Euro-Tickets haben es häufig auf Wegen genutzt, die sie sonst per Auto zurück­gelegt hätten, sagt eine YouGov-Umfrage. 18 % haben es sogar aus­schließlich auf solchen Strecken eingesetzt.
Und auch die krisengeschüttelte Bahn zog eine positive Bilanz, nachdem die Politik das Vorzeigeunternehmen heruntergewirtschaftet hatte. Die Chefin des Regionalverkehrs, Palla, bezeichnete das Experiment als „vollen Erfolg“. Sie nannte es besonders erfreulich, dass in den zurückliegenden drei Monaten im Regionalverkehr im Schnitt etwa zehn Prozent mehr Fahrgäste unterwegs gewesen seien als vor der Corona-Krise. Die Bahn hat nach eigenen Angaben 26 Millionen des Neun-Euro-Tickets verkauft.

Natürlich waren die Züge sehr voll, zum Teil überfüllt. Das Personal war genervt und die Strecken zum Teil nicht einsatzbereit. Das ist aber nicht der Fehler des 9-Euro-Tickets, sondern die ruinösem Sparmaßnahmen der Politik an der Deutschen Bahn. Politiker, schämt euch!

Laut einer BR-Umfrage zum 9-Euro-Ticket haben 44 Prozent der Nutzer das Auto öfter stehen gelassen, bei 55 Prozent hat sich nichts geändert. Vor allem die Jüngeren waren bereit, auf Bus und Bahn umzusteigen. Meine Kinder haben Reisen unternommen, die sie sonst aufgrund der Preise niemals gemacht hätten.

Deutliche Unterschiede zeigten sich je nach wirtschaftlicher Lage – in einkommensschwachen Gebieten wurde das Sonderangebot stärker genutzt. Wenig überraschend ist, dass bei einem besseren Angebot des ÖPNV auch das billige Ticket besser ankam als in dünn besiedelten Regionen.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV hat das 9-Euro-Ticket als vollen Erfolg gewertet. Geschätzt habe es rund eine Milliarde Fahrten pro Monat im Zeitraum Juni bis August durch die Sondermaßnahme gegeben. Rund zehn Prozent davon wären laut einer großangelegten Umfrage des VDV sonst mit dem Auto erledigt worden. Dadurch seien über drei Monate rund 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden. Das sei in etwa der gleiche Effekt, als hätte es ein Jahr lang ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gegeben.

Vielleicht zaubern die zuständigen Verkehrspolitiker bis morgen ein Überraschungsangebot aus dem Hut. Aber nein, denn die Parlamente in Land und Bund sind ja im Sommerurlaub. Mit dieser Einstellung wird es mit der Energie- und Klimawende nichts und meine Kinder müssen es ausbaden – vielen Dank dafür (Ironie aus).

Wikileaks ist wie beim Derbleck’n

14. Dezember 2010

Irgendwie ist der Trubel um Wikileaks wie beim Derbleck’n am Aschermittwoch. Für die Nichtbayern: Derbleck’n findet zur Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg statt. Dort wird in einer Art Kabarett satirehaft bayerischen und bundesdeutschen Politikern der Spiegel vorgehalten. Die Betroffenen reagieren staatsmännisch und lassen den Spott über sich ergehen. Natürlich sind sie gekränkt, lassen sich aber nichts anmerken. Aber das Schlimmste ist: Wenn man als Politiker beim Derbleck’n nicht erwähnt wird. Dann ist man aus bayerischer Sicht unwichtig und der Politiker sollte sich ernsthaft Sorgen um seine Popularität machen.

Ähnlich ist es bei Wikileaks. Ich kenne Politiker – Namen tun nichts zur Sache – die haben ihre Mitarbeiter beauftragt, die Dokumente von Wikileads nach ihren Namen zu durchsuchen. Grund: Man habe ja ein hervorragendes Verhältnis zu den USA und man sei schließlich wichtig. Und dann das große Geschrei: In Wikileads gibt es keinen Eintrag, keinen Bezug, keinen Verweis. Das ist eine Schande. Vielleicht ist es mit dem guten Verhältnis zur USA doch nicht so toll bestellt oder der Politiker muss einfach einsehen: Ich bin nicht wichtig.