Verkehrspolitiker schämt euch – wo ist der Nachfolger vom 9-Euro-Ticket

Die drei Monate 9-Euro-Ticket sind morgen vorbei und es gibt kein konkretes Anschlussmodell. Das ist schade, sehr schade. Wir wollen doch die Energie- und Verkehrswende schaffen, aber so nicht. Verkehrspolitiker schämt euch. Es wurde geredet, was gut ist, es wurde nichts entschieden, was schlecht ist.

Ab morgen muss ich mich wieder umgewöhnen. Ich bin drei Monate lange in Bus und Regionalbahn problemlos eingestiegen und ich fühlte mich gut. Ab morgen darf ich mich wieder mit einem extrem verwirrenden und teuren Tarifsystem auseinandersetzen, weil die Politik es nicht geschafft hat, etwas anzubieten. Es fördert die Politikerverdrossenheit, nicht Politikverdrossenheit.

Zahlen und Statistiken gibt es genug, besonders in den vergangenen Tagen. 31 % der erwachsenen Käufer des 9-Euro-Tickets haben es häufig auf Wegen genutzt, die sie sonst per Auto zurück­gelegt hätten, sagt eine YouGov-Umfrage. 18 % haben es sogar aus­schließlich auf solchen Strecken eingesetzt.
Und auch die krisengeschüttelte Bahn zog eine positive Bilanz, nachdem die Politik das Vorzeigeunternehmen heruntergewirtschaftet hatte. Die Chefin des Regionalverkehrs, Palla, bezeichnete das Experiment als „vollen Erfolg“. Sie nannte es besonders erfreulich, dass in den zurückliegenden drei Monaten im Regionalverkehr im Schnitt etwa zehn Prozent mehr Fahrgäste unterwegs gewesen seien als vor der Corona-Krise. Die Bahn hat nach eigenen Angaben 26 Millionen des Neun-Euro-Tickets verkauft.

Natürlich waren die Züge sehr voll, zum Teil überfüllt. Das Personal war genervt und die Strecken zum Teil nicht einsatzbereit. Das ist aber nicht der Fehler des 9-Euro-Tickets, sondern die ruinösem Sparmaßnahmen der Politik an der Deutschen Bahn. Politiker, schämt euch!

Laut einer BR-Umfrage zum 9-Euro-Ticket haben 44 Prozent der Nutzer das Auto öfter stehen gelassen, bei 55 Prozent hat sich nichts geändert. Vor allem die Jüngeren waren bereit, auf Bus und Bahn umzusteigen. Meine Kinder haben Reisen unternommen, die sie sonst aufgrund der Preise niemals gemacht hätten.

Deutliche Unterschiede zeigten sich je nach wirtschaftlicher Lage – in einkommensschwachen Gebieten wurde das Sonderangebot stärker genutzt. Wenig überraschend ist, dass bei einem besseren Angebot des ÖPNV auch das billige Ticket besser ankam als in dünn besiedelten Regionen.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV hat das 9-Euro-Ticket als vollen Erfolg gewertet. Geschätzt habe es rund eine Milliarde Fahrten pro Monat im Zeitraum Juni bis August durch die Sondermaßnahme gegeben. Rund zehn Prozent davon wären laut einer großangelegten Umfrage des VDV sonst mit dem Auto erledigt worden. Dadurch seien über drei Monate rund 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden. Das sei in etwa der gleiche Effekt, als hätte es ein Jahr lang ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gegeben.

Vielleicht zaubern die zuständigen Verkehrspolitiker bis morgen ein Überraschungsangebot aus dem Hut. Aber nein, denn die Parlamente in Land und Bund sind ja im Sommerurlaub. Mit dieser Einstellung wird es mit der Energie- und Klimawende nichts und meine Kinder müssen es ausbaden – vielen Dank dafür (Ironie aus).

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3 Antworten to “Verkehrspolitiker schämt euch – wo ist der Nachfolger vom 9-Euro-Ticket”

  1. Olaf Claußen Says:

    Für so eine Weiterführungsidee fehlt leider die Zeit. Der Bayerische Ministerpräsident Söder hat wichtigere Dinge zu tun :
    Mittwoch, d. 31.08.2022 Hopfenrundfahrt
    Donnerstag, d. 01.09.2022 Karpfensaisoneröffnung

    Politik muss eben Prioritäten setzen! Da müssen Themen wie Energie (Gas), Corona, Ukraine usw. in den Hintergrund treten!

    Quelle u.a. :
    https://www.bayern.de/hinweis-auf-termine-von-ministerpraesident-dr-markus-soeder-356/

    Zum Fremdschämen!

    • redaktion42 Says:

      Er soll ruhig Wahlkampf machen, für Verkehr hat er seinen Fachminister. Aber wir haben sicherlich größere Herausforderungen als den Volksfestterminplan zu koordinieren. Übrigens, wir haben bei uns im Dorf auch Volksfest, aber wir sind wohl zu klein 🙂

  2. Susanne Says:

    Es war ein Experiment, und es hat sich gezeigt, was möglich ist. Diese Möglichkeiten jetzt nicht auszuschöpfen, ist ein großer Fehler. Dabei geht es nicht nur um den Preis, sondern wie von Dir geschrieben um den Wust der Tarifzonen und -systeme, der plötzlich nicht mehr da war. Ich habe das Ticket auch genutzt, obwohl es für uns auf dem Land nicht einfach war und ich erst einmal das Auto nehmen musste, um zur etliche Kilometer weit entfernten Haltestelle zu kommen. Also bitte, liebe Regierung: lasst Euch etwas einfallen.

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