Posts Tagged ‘Kinderfernsehen’

Insektenjupp – wir müssen Josef Göhlen für sein Werk dankbar sein

21. Mai 2024

Es gibt Menschen, denen ist meine Mediengeneration zu enormen Dank verpflichtet. Ohne diesen Menschen hätte es Biene Manja, Wickie und die starken Männer, Heidi, die Muppet Show, Captain Future und ähnliche Serien der siebziger Jahre nicht gegeben. Dieser Mensch ist Josef Göhlen, genannt der Insektenjupp.

Mein Kollege Markus Elfert von Filmreport und ich hatten die Chance auf ein Interview mit der am 7. Dezember 1931 geborenen Fernsehlegende. Danke für diese Ehre und die erwiesene Freundlichkeit.

Göhlen prägte das Familienfernsehen einer ganzen Generation, meiner Generation. Er brachte die Augsburger Puppenkiste ins deutsche Fernsehen, schrieb selbst das Stück Bill Bo und seine Kumpanen und revolutionierte das deutsche Kinder- und Jugendfernsehen.

Er befreite es von dem erhobenen Zeigefinger der Pädagogik der siebziger Jahre und brachte uns Kindern die perfekte Fernsehunterhaltung, die uns bis heute geprägt hat. Ohne Göhlen gibt es keine Klassiker der TV-Unterhaltung, die wir Kinder und Jugendliche uns Woche für Woche reingezogen hatten mit den Sprüchen unserer Eltern, doch weiter weg vom heimischen Grundiggerät zu gehen, sonst bekäme man eckige Augen.

Die Lebensgeschichte lässt sich in seiner Autobiografie Man nannte mich Insektenjupp. Die Autobiografie von Film- und Fernsehproduzent Josef Göhlen wunderbar nachlesen. Es ist ein lesenswertes Buch geworden und sollte Pflichtlektüre für alle TV-Schaffenden werden.

Den Spitznamen Insektenjupp bekam er von einem Kollegen, als Göhlen mit der Biene Maja höchst erfolgreich im ZDF war. Kaum eine Schlagerparty bei der das Lied zu vorgerückter Stunde nicht gesungen wird. Die Musik wurde zum musikalischen Volksgut einer ganzen Genration, natürlich in der Version von Karel Gott, obwohl es auch ein paar Folgen mit James Last gab. Ein Buch wie Biene Maja war Familienunterhaltung, nicht die seelenlose 3D-Animationsserie für Kinder, die 2012 verfilmt wurde. Allerdings hätte ein Stoff wie Biene Maja nach dem Buch von Waldemar Bonsels es heute wohl schwer. In verschiedenen Zeitungen veröffentlichte Bonsels antisemitische Artikel und diente sich in opportunistischer Haltung dem Regime an. Nach dem Zweiten Weltkrieg inszenierte sich Bonsels als verbotener Autor und kurzzeitiger Exilant. Den Erfolg seiner Biene tat die Diskussion um die Person Bonsels keinen Abbruch. Ich mag die Figuren aus der Serie, kann mich mit dem Faulen Willy und der besserwisserischen Maus Alexander identifizieren. Die Serie war nicht nur für Kinder, sondern für die ganze Familie. Auch die Erwachsenen wurden von Biene Maja unterhalten.

Die Arbeiten Josef Göhlens haben Fernsehgeschichte geschrieben und sie haben unsere persönliche Mediengeschichte geschrieben. Er verhandelte mit den japanischen und amerikanischen Studios und hatte das richtige Näschen. Er brachte Anime nach Deutschland ohne dass wir wussten, dass es Anime überhaupt gab. Heidi und Co waren für uns Kinder einfach Zeichentrickfilme. Heidi entstand bis 1974 unter der Regie von Isao Takahata beim Studio Zuiyo Enterprise. Takahata war Mitbegründer von Studio Ghibli und vor allem durch seine Arbeiten für dieses Produktionsstudio bekannt.

Aber auch für neuere Serien hatte Göhlen die richtige Nase. So gehen auch die Simpson auf seine Spürnase zurück, obwohl die deutschen TV-Sender hier sehr zwanghaft waren und das Potential der Serie nicht erkannten. Göhlen sollte recht behalten.

Zeitweise arbeite er mit Leo Kirch, um das das Geschäft der Privatsender zu verstehen und lernte Kirch auch persönlich kennen. Ein guter Freund ist auch über die Jahre Christian Bruhn geworden. Der Schöpfer der deutschen Titelmusik von Captain Future, Tim Thaler und mehr hält den Kontakt zu Göhlen über all die Jahre noch immer. Göhlen unterschrieb mir auch ein Captain Future-Foto mit der Unterschrift von Christian Bruhn, das in meinem Arbeitszimmer hängt.

Quer gedacht: Frauenrat kritisiert Rollenbilder von Frauen

9. Dezember 2019

Super Diskussion Quer Gedacht.

Super Diskussion Quer Gedacht.

Für mich war ein Tag beim Bayerischen Landesfrauenrat ein großer Erkenntnisgewinn. Ich war als Referent und Diskussionsteilnehmer zur Runde Quer gedacht eingeladen und stell für mich nach den zahlreichen Gesprächen fest: Wir brauchen eine stärkere Frauenförderung in unserer Gesellschaft.

Ich sprach auf der Vollversammlung des Landesfrauenrates.

Ich sprach auf der Vollversammlung des Landesfrauenrates.

Intensiv sprach ich mit der Präsidentin des Landesfrauenrat Hildegrund Rüger, eine unermüdliche Kämpferin für Frauenfragen. Für mich als Medienfuzzi waren beispielsweise die Rollenbilder von Mädchen im Kinderfernsehen beispielsweise interessant.

Engagiert in Frauenfragen: Hildegrund Rüger

Engagiert in Frauenfragen: Hildegrund Rüger

Rollenbilder von Mädchen im Kinderfernsehen
Während in anderen Ländern gezielt nachgebessert wurde, stagniert in Deutschland das Geschlechterverhältnis im Kinderfernsehen seit zehn Jahren. Nur eine von vier Figuren ist weiblich. Viele Sendungen im Kinderfernsehen tragen dazu bei, überholte Rollenbilder zu verfestigen: Mädchen dürfen keine Entscheidungen treffen, sind weder aktive Gestalterinnen, noch werden sie als Heldinnen gezeigt.
In fiktionalen Sendungen werden die animierten Figuren unnatürlich, realitätsfern und vor allem hypersexualisiert dargestellt. Durch extreme Wespentaillen, Riesen-Brüste und sehr lange Beine werden Frauenkörper jenseits anatomischer Möglichkeiten abgebildet. Derartige Rollenbilder prägen Mädchen und Jungen schon im Vorschulalter und engen sie in ihrer Entwicklung ein. Sie verhindern die realistische Wahrnehmung des eigenen Körpers und zelebrieren die Klischeevorstellungen der fast ausschließlich männlichen Produzenten und Geldgeber.
Auch wenn die Einschaltquoten bei Kindersendungen hoch sind, zeigen Untersuchungen, dass Kinder übertriebene Körperformen ablehnen. Erst im Grundschulalter lernen sie, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden. Einige gute Eigenproduktionen für Kinder, meist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der gesamten Fernseh- und Filmbranche Ignoranz sowie Unwissen zu Gendersensibilität dominieren. Während in Schulbüchern langsam gendergerechte Bilder und Sprache Einzug halten, ist das Kinderfernsehen noch weit davon entfernt. Gerade bei im Ausland eingekauften Sendungen ist deshalb Wachsamkeit geboten.
Kinderfernsehen hat unter anderem die Aufgabe, die nachfolgende Generation für eine gerechte Gesellschaft zu bilden, ihre Entwicklung zu unterstützen und unterschiedliche Lebensentwürfe als gleichwertig anzubieten. An Diversität orientierte Bilder, Inhalte und Geschichten im Kinderfernsehen können in den Köpfen viel verändern. Mädchen und Jungen werden dadurch bestärkt, die ihnen zugeschriebenen Rollen zu verlassen und ihre eigene Identität zu finden.

Quer gedacht
Ich durfte als Mann neben Digital & Diversity-Berater und Feminnist Robert Franken Teilnehmer bei der Diskussionsveranstaltung Quer gedacht dabei sein. Auf dem Podium diskutierten neben Staatsministerin Kerstin Schreyer, Maya Götz und die junge Bloggerin Hannah Geuenich (Instagram White Tulpis). Die Diskussionsleitung hatte Daniela Arnu vom BR inne. Ich habe die Diskussion mitgefilmt und bei YouTube eingestellt. Ich nutzte die Möglichkeit und warb als Blogger natürlich für den Bloggerclub und des Bloggerkodex.

Gruppenbild nach der Diskussion im Sozialministerium.

Gruppenbild nach der Diskussion im Sozialministerium.

Weibliche Selbstinszenierung in den neuen Medien
Zuvor gab es einen sehr wichtigen Vortrag von Maya Götz zum Thema „Weibliche Selbstinszenierung in den neuen Medien“ Auch hier hab ich den Vortrag mitgeschnitten – aber aus GEMA-Gründen die Musikbeiträge herausgeschnitten.

Maya Götz kommt vom internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen Prix Jeunesse International. Die Studienreihe des IZI und der MaLisa-Stiftung ging den Fragen nach, was erfolgreiche Instagrammerinnen auf Instagram posten. Die Analyse ist sehr ausführlich absolut empfehlenswert. Hier das PDF zum Download . Influencerinnen – eine noch relativ junge Form der neuen Vorbilder von Kindern und Jugendlichen – inszenieren sich bildlich in sehr ähnlichen Formen im Selbst-Branding, in dem sie sich und ihren Körper in den Mittelpunkt stellen. Zwar sind für Insider und durch eine genauere Analyse Unterschiede bei den einzelnen Accounts zu finden und es gibt auch vereinzelt Ausnahmebilder, jedoch haben alle Influencerinnen vor allem ähnliche Bilder mit typischen Ausprägungen hinsichtlich Körperhaltung, Gestik, Blickverhalten und Mimik, Kleidung und Orten sowie Kennzeichen des Gesamtbildes der Selbstinszenierung.

Poetry Slam
Lockerer wurde es am Ende der Veranstaltung beim Poetry Slam von Felicia „Fee“ Brembeck. Ich habe drei verschiedene Poetry Slam von ihr aufgezeichnet, wobei ich zugeben muss, dass ich wohl nicht Zielgruppe bin.

Umtrunk mit Gesprächen
Beim anschließenden Empfang führte ich viele gute Gespräche mit den Mitglieder des Landesfrauenrats. Aber ich sprach auch mit Richard Bartsch, dem ehemaligen Bezirkspräsident für Mittelfranken. Er erklärte mir, warum junge Frauen in der Kommunalpolitik schwer zu finden sind. Noch übernehmen die Frauen die Aufsicht für junge Kinder in der Familie, so dass sie Ehrenämter in den Kommunen nicht übernehmen können, weil die Sitzungen dreimal die Woche stattfinden. Viele Männer sind nicht bereit, die Kinderaufsicht in dieser Zeit zu übernehmen.

Erhellendes Gespräch mit Richard Bartsch.

Erhellendes Gespräch mit Richard Bartsch.

Peter Scholl-Latour war Wegbereiter der „Sendung mit der Maus“

11. März 2009

Ein Sympathieträger ist er nicht gerade, aber kantig, schön kantig. Dieser Tage wurde ein journalistisches Urgestein 85. Jahre: Peter Scholl-Latour. Er feierte am 9. März Geburtstag. Ich gratuliere ganz herzlich dem Publizisten.

Scholl-Latours Bücher und auch die Filme haben mit gefesselt und sicherlich dazu beigetragen, dass ich den Journalistenberuf ergriff. Mein erstes Buch von ihm war „Der Tod im Reisfeld“ über den Krieg in Indochina, wie Vietnam früher hieß. Dann gab es Bücher und Filme wie „Schwert des Islam“, in dem er der westlichen Welt die östliche Denkweise beschrieb. Er hat bislang 29 Bücher geschrieben, die meisten davon habe ich zu Hause. Viele Ereignisse sieht er aus der französischen Brille.

Sein Werk war nie sonderlich optimistisch. Vielleicht liegt es daran, dass Scholl-Latour schon vieles, vielleicht zu viel gesehen hat. Er war kämpfender Soldat und kämpfte als Fallschirmjäger in der französischen Armee in Asien. Das war kein Zuckerlecken. Dann entschied er sich für den Journalistenberuf. Unbekannt ist den meisten, dass er auch auf der anderen Seite des Scheibtisches zu finden war. 1954 und 1955 war er Sprecher der Regierung des Saarlandes und gut, dass er nur zwei Jahre im öffentlichen Dienst blieb. Später als WDR-Fernsehdirektor führte Scholl-Latour dann die „Lach- und Sachgeschichten“ ein, die zur „Sendung mit der Maus“ wurden. Cool, der harte Knochen war Wegbereiter des Kinderfernsehens.

 Heute ist er ein scharfer Kritiker und immer gut für eine Talkshow, wenn es hart zur Sache geht. Er ist ein Mann des offenen Wortes. Und er ist nicht der klassische Schicki-Micki-Journalist, der auf Partys herumhängt und einem das Ohr abkaut. Dafür ist Scholl-Latour sich und uns zu schade. Allerdings zieht er manchmal kräftig vom Leder, wenn ein junger forscher Kollege eine These aufstellt und sie nicht ins Weltbild von Scholl-Latour passt. Dann gibt es die Hucke voll. Er gilt als klarer Konservativer, gab der rechtsaußen „Jungen Freiheit“ zahlreiche Interviews und bekam auch 2008 den Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizisten.