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Filmrkitik: Horizon von Kevin Costner

22. August 2024

Da hat sich Kevin verrannt. Es ist lobenswert, wenn ein Regisseur und Schauspieler für eine Sache brennt und es ist noch lobenswerter, wenn ein fesselnder Film oder gar ein Meisterwerk daraus entsteht. Mit Horizon wollte Kevin Costner ein Western-Epos schaffen und ist meiner Meinung an seinem eigenen Anspruch gescheitert.

Vier Teile soll Horizon umfassen. Zwölf Kinostunden und zwölf Jahre als Eroberung des Wilden Westens. Jetzt kam die erste Episode dieses Herzenswerks von Costner in die deutschen Kinos und ich bin nicht davon überzeugt, dass sich der Film wacker schlägt. Da wird auch der enorme Werbeaufwand des Verleihs nichts nutzen.

Ich bin nicht der Meinung, dass der Westernfilm tot ist, aber eines darf ein Film nicht: Langweilen und wenn ich mich im Kino genötigt sehe, bei 181 Minuten auf die Uhr zu blicken und mich zusammenzureißen, dann wird es vielleicht anderen Zuschauern auch so gehen.

Horizon ist kein schlechter Film geworden, dazu versteht Costner sein Handwerk viel zu gut. Aber er hat sich mit einem Epos zu viel aufgeladen und ein Versprechen abgegeben, das er nicht erfüllen kann, leider.

Die Saga beginnt in New Mexico, 1861. Der Bürgerkrieg ist am Horizont zu erkennen und Siedler nehmen der Weg nach Westen auf und besetzen Gebiete der Apachen. Die sind darüber nicht angetan und massakrieren die Siedler gleich mal und schon beginnt der klassische Rachefeldzug.

Costner baut seine Geschichte langsam auf, für meinen Geschmack zu langsam. Seine Figuren berühren nicht. Es wird erst gemeuchelt, dann kommen die Charaktere. Costner taucht als schweigsamer Hayes Ellison erst nach einer Stunde auf der Leinwand auf.

Die dargebotenen Handlungsstränge verwirren, finden erst gegen Ende des Film zusammen und ergeben einen Sinn. Und als ich als Zuschauer langsam Geschmack an der Sache finde, ist der Film aus und lässt mich etwas ratlos zurück. Es kann sein, dass ab Teil 2, der im November in die Kino kommen soll, einfacher wird.

„Stanley Kubrick’s Napoleon: The Greatest Movie Never Made“ – muss ich haben

18. Dezember 2009

Es gibt Bücher, die man lesen sollte, wenn man mal Zeit hat. Es gibt Bücher, die man nicht lesen sollte, auch wenn man Zeit hat. Und es gibt Bücher, die man unbedingt lesen muss, egal ob man Zeit hat.

Letzteres ist mir so ergangen, als ich von der Veröffentlichung von „Stanley Kubrick’s Napoleon: The Greatest Movie Never Made“ erfuhr. Das Buch, eigentlich eine Buchsammlung bei Taschen erschienen, musste einfach her. Diese Sammlerausgabe ist auf 1.000 nummerierte Exemplare limitiert und ich hab die Nummer 934, also gerade so Schwein gehabt.

Zehn Bücher in einem fetten kiloschweren Schuber erzählen die kuriose Geschichte von Kubricks unverfilmtem Meisterwerk. Als großer Fan des Regiegenies Stanley Kubrick und Verehrer von „Barry Lyndon“ ist die Buchsammlung eine Offenbarung. Zwischen den Deckeln eines aufwendig gestalteten Buchs finden sich alle Elemente aus Stanley Kubricks Archiv wieder, die der Leser benötigt, um sich vorstellen zu können, wie dieser niemals gedrehte Film über den Kaiser der Franzosen ausgesehen hätte – einschließlich eines Faksimile-Nachdrucks des Drehbuchs.Endlich kann ich nachlesen, wie Kubrick die Geschichte erzählt hätte.

Endlich haben die Spekulationen ein Ende. Endlich muss ich mir keine langweiligen Interpretationen irgendwelcher verschrobener Filmwissenschaftler besorgen. Jetzt ist klar, wie sich das Filmgenie Kubrick das Militärgenie Napoleon vorgestellt hatte. Nachdem die Produktionskosten bei der Detailversessenheit Kubricks ins Unermessliche stiegen, traten die Studios MGM und United Artists auf die Bremse. Produktionsstopp weil unter anderen Rod Steiger in „Waterloo“ mitspielte. „Waterloo“ war ein netter Kostümschinken, doch erreichte er niemals die Tiefe von Kubrick, wollte es aber auch gar nicht.

Vieles von dem recherchierten Material ging später in die Produktion von „Barry Lyndon“ ein. Der Film packt mich heute noch immer, unter anderem wegen der phänomenalen Aufnahmen bei Kerzenlicht mit Nasa-Objektiven.

Kubricks „Napoleon“, dessen Produktion unmittelbar nach dem Kinostart von „2001: Odyssee im Weltraum“ beginnen sollte, war zugleich als Charakterstudie und als bildgewaltiges Epos angelegt, prall gefüllt mit großartigen Schlachtszenen, in denen Tausende von Komparsen mitwirken würden. So wurde beispielsweise die rumänische Armee mobilisiert und sollte antreten. Gedreht werden sollte an Originalschauplätzen, keine Trickaufnahmen mehr wie bei 2001. Für sein ursprüngliches Drehbuch stellte Kubrick zwei Jahre lang intensive Recherchen an, ein Verrückter eben – bei allem Respekt. Mit Unterstützung Dutzender Mitarbeiter und eines Spezialisten von der Universität Oxford trug er eine beispiellose Sammlung an Recherche- und Vorproduktionsmaterial zusammen, darunter etwa 15.000 Fotos von möglichen Drehorten und 17.000 Dias zu Napoleon selbst. Auf seiner besessenen Suche nach jedem Häppchen an Information zu Napoleon, das die Geschichtsforschung zu bieten hatte, ließ Kubrick nichts unversucht. Doch sein Film sollte nicht sein: Die Filmstudios hielten ein solches Vorhaben für zu riskant in einer Zeit, in der historische Filmepen aus der Mode gekommen schienen.

Doch zurück zu den Büchern: Es sind 2874 Seiten voller Träume. Dieses Buch enthält das vollständige Original-Treatment, Essays, die das Drehbuch unter historischen und dramatischen Gesichtspunkten beleuchten, einen Aufsatz von Jean Tulard zu Napoleon im Film sowie eine Abschrift von Gesprächen, die Kubrick mit Professor Felix Markham von der Universität Oxford führte. Dieses einzigartige Werk ist die Krönung jahrelanger Recherchen und Vorbereitungen. Es gibt Lesern die Möglichkeit, den schöpferischen Akt eines der größten Talente des Kinos kennenzulernen, aber es gewährt auch faszinierende Einblicke in die schillernde Persönlichkeit des Napoleon Bonaparte.

Update (21-1-2010): Hier ein großartiger Videovortrag vom Britischen Film Institut von Jan Harlan über den nie gedrehten Film.