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Bayerns Gastwirte fordern weiterhin 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen

14. September 2023

In Bayern ist am 8. Oktober Landtagswahl. Verbände und Lobbyisten klappern jetzt die Parteien ab und stellen ihre Forderungen auf. Ich hab mir den Wahl-Talk des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im Münchner Gloria Palast angesehen und ein bisschen zu netzwerken.

Hauptthema der Gastronomen war die Beibehaltung der 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen. Die Regelung gilt bis Jahresende und dann soll die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent steigen. Das war von der Vorgängerregieung in Berlin als Corona-Stütze so beschlossen und nun läuft es aus. Mit Unterschriftenaktionen, T-Shirts, Argumenten zieht Dehoga in den Kampf und mobilisiert die Anhänger. Wenn die 19 Prozent wieder kommen, dann werden Gasthäuser sterben, dann geht die bayerische Kultur zu Grunde, dann gehen Arbeitsplätze verloren. Irgendwie droht der Untergang des Abendlandes, so mein Eindruck. Die Veranstaltung in München war gut besucht und Interessierte auch via Zoom daran teilnehmen. Für mich übrigens eine wunderbare Aktion, wie Kino als Community auch genutzt werden kann.

Zumindest im Gloria-Palast hatten die Gastronomen die Politiker hinter sich. Unter der Moderation von Jetzt red I-Moderator Tilmann Schöberl stellten sich alle anwesenden politischen Diskutanten hinter die 7 Prozent-Forderung.

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, MdL (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, MdL (Freie Wähler), FDP-Landesvorsitzender Martin Hagen, MdL, Gisela Sengl, MdL (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), SPD-Stadtratsmitglied Lars Mentrup und Franz Bergmüller, MdL (AfD). Für die Ampel-Vertreter war die Argumentation: Wenn Lindner zustimmt, dann bleibt es bei den 7 Prozent. Die mögliche Zustimmung des Finanzministers hat Lindner nach der Veröffentlichung der Steuerschätzung festgemacht, die allerdings nach dem bayerischen Wahltermin liegt und somit einen gewissen Druck auf die Ampel-Vertrteter aufbaut.

Mit allerlei Infomaterial untermauert der Gaststättenverband seine Forderungen. Es wurde eine schön gemachte Broschüre mit dem Titel Sieben Wahrheiten aufgelegt und zusammen mit einem Positionspapier zu Wahl im Kino ausgelegt. „Unsere neue Publikation „Sieben Wahrheiten zu 7% Mehrwertsteuer auf Speisen“ stellt dar, warum die Beibehaltung der 7% Mehrwertsteuer auf Speisen für alle die beste Lösung ist. Eine Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen – mit fatalen Folgen für die Gesellschaft, den Staat und die Gastgeber. Die 7% und damit die steuerliche Gleichbehandlung von Essen müssen bleiben“, so die Präsidentin der Dehoga . Es gibt eine spezielle Landing-Page, bei der die Mitstreiter Argumente und Kommunikationsmittel für ihre Sache finden – alles sehr gut aufgemacht und durchdacht.

Tilmann Schöberl hatte als Profi die Diskussion gut im Griff. Für mich war interessant, dass das Thema Klimawandel und entsprechende Maßnahmen für einen kleinen Teil der Gastronomen keine Rolle zu spielen schien. Schneekanonen müssen bleiben, Windkraft verschandelt die Landschaft und Touristen würden dann das Bayernland meiden, während die sechsspurige Autobahn wohl weniger ein Problem darstellt, weil damit kommt der Tourist ja nach Bayern.

Interessant waren für mich auch die deutlichen Beifallskundgebungen für FW-Aiwanger und AfD-Mann Franz Bergmüller, den die dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer als Freund bezeichnete. Schließlich war Bergmüller als Sprössling einer Gastwirt- und Metzgerdynastie in der neunten Generation mal bei der CSU, dann Freie Wähler und nun AfD und er war Gründer des Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur und Gegner des Rauchverbots in Wirtshäusern. Die Flugblatt-Affäre in Sachen Aiwanger kam nicht zur Sprache.

Für mich war der Abend auch nützlich zum Netzwerken. Ich wechselte mit Tilmann Schöberl ein paar Worte, den ich von Seminaren noch kenne. Auch Michaela Kaniber und dehoga-Geschäftsführer Thomas Geppert richtete ich Grüße von einem Kunden aus.

Zukunft der Gastronomie – es geht nur mit Konzept und Zahlen

12. Mai 2022

Wie geht es mit den bayerischen Wirtshäusern weiter? Diese Frage geht der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern immer wieder nach. Zuletzt bei einer Diskussionsveranstaltung im Bayerischen Hof bei der die Doku „Wirtshaussterben? Wirtshausleben!“ von Dr. Michael Bauer gezeigt wurde. Der Film wurde vom Haus der Bayerischen Geschichte in Auftrag gegeben, das in Regensburg bis 11. Dezember die entsprechende Ausstellung zeigt. Den Film gibt es nur in der Ausstellung.

Atmosphärisch schön gemacht war die Dokumentation auf jeden Fall, bei der auch der 80jährige Gerhard Polt zu Wort kommen durfte. Die Sprecherin war Michaela May. Für mich ist der Film eine nostalgische Erinnerung an vergangene Zeiten, aber leider keine zeitgemäße Auseinandersetzung mit dem Thema Wirtshaussterben. Wirtshäuser haben über die Geschichte hin ein Auf und Ab erlebt. Natürlich hatte das Wirtshaus einst eine enorme lokale Bedeutung für ein Dorf oder Gemeindeteil. Und heute haben sich viele Konzepte der alten Zeit überlebt. Vereine ziehen in Vereinsheime oder lösen sich ganz auf. Der Stammtisch stirbt. Mobilität sorgt für Bewegung. Corona hat den Lieferdienst etabliert. Das Feierabendbier wird vor der Glotze genutzt, WLAN ist in der Gaststube oft nicht vorhanden und ist es zeitgemäß, wenn der Mann abends zum Stammtisch geht, während die Frau mit der Brut zuhause sitzt?

In einer halbstündigen Diskussion warb der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte Dr Richard Loibl natürlich für seine Ausstellung in Regensburg, die ich mir noch gerne ansehen werde. Realismus zeigte eindeutig die Präsidentin des DEHOA Bayern Angela Inselkammer. Bei all der Nostalgie von alten Wirtshäusern müsse man sich der Herausforderung der Gegenwart stellen. Brandschutz, Lärmschutz samt Abstandsflächen und Bürokratie sind die Herausforderungen für die heutigen Gastronomen. Zudem werde oftmals auch die fehlende Eignung beklagt. Anders als im Handwerk mit dem Meisterbrief gibt es keine Voraussetzung ein Wirtshaus zu eröffnen. Heute sei der Blick auf die Zahlen und die Kalkulation sowie ein klares Konzept ausschlaggebend.

Diskutierten über die Zukunft von Wirtshäusern: V.l. Michael Bauer, Angela Inselkammer, Stefan Dettl und Richard Loibl

Die Argumente von Angela Inselkammer sind richtig, doch beißt sich DEHOGA Bayern meiner Meinung als starker Lobbyverband die Zähne an der Politik aus. Trotz Dauerfeuer von Pressemeldungen und Erklärungen von DEHOGA in der Corona-Zeit hat die bayerische Gastronomie Schaden genommen. Zwar folgen Politiker aller Parteien gerne den Einladungen zu Veranstaltungen der DEHOGA wie zuletzt dem Frühlingsfest in München auf der Theresienwiese und schauen freundlich in die Linsen der Pressekameras, aber vom Bürokratieabbau sehe ich wenig. Ich verstehe jeden, der keine Lust hat sich mit Akten als mit Schweinsbraten herumzuschlagen. Zudem bleiben die Mitarbeiter weg. In der Corona-Zeit haben sie gelernt, dass es auch anderswo Möglichkeiten zum Geldverdienen gibt und die Arbeitszeiten familienfreundlicher sind. Und dennoch: Wer ein überzeugendes Konzept und seine Zahlen im Griff hat, der hat in der Gastro tolle Chancen, auch wenn es nicht Atmosphäre von Opas Zeiten sein muss.

Bei der Diskussion mit dabei war auch Stefan Dettl, Frontmann der Gruppe LaBrassBanda, der sich seit jeher mit besonderem Engagement für die Rettung der bayerischen Wirtshauskultur einsetzt. Seine Band spielt gerne in bayerischen Wirtschaften. Irgendwie habe ich immer auf „Scheena Dog“ gewartet. Die Musik von LaBrassBanda passt wunderbar ins Wirtshaus oder ins Festzelt und weniger in die Philharmonie.

Die Diskussion war ein weiterer Mosaikstein in der Strategie von DEHOGA das Thema zu einem Gesprächsthema zu machen und die Politik Farbe bekennen zu lassen.