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Tristan und Isolde – Bayreuther Festspiele 2024 – meine Eindrücke

28. August 2024

Durch einen absoluten Glücksfall bekam ich dieses Jahr wieder die Möglichkeit Karten für die Richard Wagner Festspiele in Bayreuth zu erwerben. Als Fan des Sachsen und des Grünen Hügels musste ich natürlich zugreifen und genoss die Reise zu Tristan und Isolde zu den Bayreuther Festspielen nach Oberfranken.

Natürlich freute ich es zu Flanieren und den Gesprächen der Wagnerianer zu lauschen, was hier und dort nicht gepasst hat und wo es gelungen war. Fachsimpeln mit Bullshit-Bingo – genau meine Welt. Ich freute mich auf die zahlreichen ausländischen Gäste, neben mir saß ein Paar aus Frankreich, das zig Jahre auf die Karten gewartet hatte. In der Pause sah ich Japaner, er im klassischen Anzug, sie in japanischer Tracht – wunderbar. Und ich hatte den Eindruck dass Dr. Edgar Schönferber eine Reihe vor mir saß und wieder auf Bildungsbürger machte. Ich trug dieses Mal meinen schwarzen Gehrock, zog ihn aber im hölzernen Zuhörerraum aus. Meine Lederschuhe stammten aus Berlin. Die Hitze der vergangenen Wochen ist nicht aus der Holzhütte rauszubekommen. Ich beneide meine wunderbare Gattin im luftigen Kleid.

Tristan – Schwere Kost
Ich muss zugeben, dass ich nicht der absolute Tristan-Fan bin. Zwar hab ich schon Inszenierungen der romantischen Oper in Bayreuth gesehen, aber ich werde nicht richtig warm mit der Oper.

Aber ich war neugierig, denn Festspielchefin Katharina Wagner hat die überzeugende Inszenierung von Roland Schwab schon nach zwei Jahren aus dem Programm geworfen und sie durch eine Inszenierung des Isländers Thorleifur Örn Arnarsson ersetzt, was meiner Meinung nach eine falsche Entscheidung war. Der Tristan wurde für mich noch zäher oder sagen wir es mal so: Ich bin wohl mit meinen Mitte 50 Jahren noch nicht bereit für diese Erwachsenen-Oper von Richard Wagner. Mir fällt kein anderer Begriff als Erwachsenen-Oper ein. Publikum einschließlich mir waren von der sängereschen Leistung beeindruckt, das merkte man am Schlussapplaus.

Während der sechs Stunden machte ich mir Gedanken, warum ich mich mit Tristan so schwer tue. Für mich gilt Tristan und Isolde“ von Richard Wagner als eine Erwachsenen-Oper, weil sie sich mit komplexen, tiefen Themen und Emotionen beschäftigt, die ein erwachsenes Publikum ansprechen. Ein paar Gedanken dazu.

Die Oper behandelt existenzielle Fragen von Liebe, Tod, Schicksal und Transzendenz. Es geht um die Intensität der romantischen Liebe, die über das physische Leben hinausgeht, und die Suche nach Erfüllung in einer höheren spirituellen Ebene. Solche Themen erfordern ein gewisses Maß an Lebenserfahrung und philosophischem Verständnis.

Die Liebesgeschichte zwischen Tristan und Isolde ist extrem leidenschaftlich, aber auch tragisch und schmerzvoll. Sie ist geprägt von Schuld, Verboten und inneren Konflikten. Die emotionale Komplexität dieser Beziehung und die tiefen Gefühle der Charaktere sind oft schwer verständlich oder nachvollziehbar für jüngere Menschen, die diese Art von emotionaler Reife noch nicht erreicht haben.

Wagners Musik ist für ihre Dichte und ihre innovative Harmonik bekannt. Die berühmte „Tristan-Akkord“-Struktur führt zu musikalischer Spannung und einer Auflösung, die sich erst über das gesamte Werk hinweg entfaltet. Dies erfordert von den Zuhörern nicht nur musikalisches Verständnis, sondern auch Geduld und die Fähigkeit, komplexe musikalische Entwicklungen zu schätzen.

Vielleicht bin ich nicht immer richtig bei der Sache und voll konzentriert. Da bi ich eher ein Fan von Parsifal. Wagner ließ sich bei der Konzeption von „Tristan und Isolde“ stark von der Philosophie Arthur Schopenhauers inspirieren, insbesondere von dessen Pessimismus und der Idee, dass der Wille (und damit auch das menschliche Begehren) zu leiden führt. Die Oper reflektiert somit philosophische Ideen, die oft schwer zu verstehen sind und ein höheres intellektuelles Niveau erfordern. Ich habe zwar ein wenig Schopi genossen, aber ich bin auch dann bei der Lektüre seiner Bücher ausgestiegen. Das liegt wohl an meinem Unvermögen.

Das Werk endet nicht glücklich, sondern in Tod und Erlösung. Diese Idee des „Liebestodes“, bei dem der Tod als einzige Möglichkeit gesehen wird, um vollkommene Liebe zu erreichen, ist ein sehr düsteres und reifes Konzept, das mehr auf Erwachsene und ihre tieferen Überlegungen zum Leben und der Endlichkeit abzielt.

Genuss in Bayreuth
Sechs Stunden auf Bayreuther Holzstühlen, da muss man Fan sein und ich hab es trotz aller Widrigkeiten genossen. Meine Frau und ich sind mit der Bahn nach Oberfranken angereist, haben im Ibis am Bahnhof genächtigt und zwei Tage Bayreuth genossen mit Bier und Bratwurst. Und wir haben eine liebe Freundin getroffen und als Bäckerei-Fan haben wir die Erfolgsbäckerei vom ehemaligen Handwerkskammerpräsidenten Thomas Zimmer, die Bäckerei Konrad Lang besichtigt.

Die Richard-Wagner-Festspiele in der oberfränkischen Stadt sind nun zu Ende gegangen. Letzte Opernaufführung war der „Tannhäuser“ unter der Regie von Tobias Kratzer. Mehr als 58.000 Besucher sind in dieser Spielzeit auf den Grünen Hügel gekommen. Damit waren wieder alle Vorstellungen ausverkauft. Im vergangenen Jahr waren einige Tickets übriggeblieben. Mal sehen, ob ich 2025 wieder an Karten komme.

Moderner Flair am Grünen Hügel
Der Grüne Hügel ist flotter geworden, nicht so altbacken und verstaubt wie vor Corona-Zeiten. Nach Corona war ich nur bei einer Generalprobe dabei, so dass ich das Festivaltreiben nur aktuell beurteilen kann. Das Catering wurde komplett auf den Kopf gestellt und wird nun durch wahnfood durchgeführt. Das ist ein deutlicher Fortschritt zum bisherigen Steigenberger-Konzept. Die wahnfood GmbH ist ein ein junges Unternehmen aus Bayreuth in Oberfranken, dass sich auf kreatives Event-Catering und Erlebnis-Gastro-Konzeption spezialisiert hat. „Wir liefern nicht nur die Kulinarik um ihr Event, sondern wir schaffen fühlbare Erlebniswelten, die nachhaltig in Erinnerung bleiben“, heißt es auf er Website. Zumindest für die Bayreuther Festspiele ist es gelungen.

Die dichte Bestuhlung wurde entzerrt und es gab mehrere Foodstationen. Zum Essen konnte man neben Lachs auch Austern für die beiden einstündigen Pausen vorbestellen. Die eisgekühlte Cola zum Durchhalten kostete 5,50 Euro – Pfand wurde nicht rausgegeben.

Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth waren während der ganzen Festspielzeit mit einem Stand vertreten und warben um Mitglieder. Ich wurde kein Mitglied, kaufte aber einen Kühlschrankmagneten.

Es gab sogar einen Fotopoint für die Instagrammer – musste ich auch gleich ausprobieren. Und es gab neuen Wagner-Merch. Nicht nur Büsten, Bücher, Noten und CDs von Wagner, es gab dieses Mal auch schwarze T-Shirts mit Sprüchen „Wahn! Wahn! Überall Wahn!“ gefiel mir am Besten.

Und natürlich durften die Wagner-Figuren von Ottmar Höhrl nicht fehlen. Dieses Mal waren am Grünen Hügel goldene Wagners aufgestellt, die ideale Fotomotive waren. Die Wagner-Figur verbeugt sich dieses Mal. Der Pop-up-Store in der Innenstadt von Bayreuth war allerdings schon im Abbau, so dass ich keine Figur erstehen konnte. Mal sehen, ob die Website von Hörl ab September noch was hergibt. Bei mir an Schreibtisch steht ein goldener Dirigenten-Wagner von Hörl, der dringend Gesellschaft braucht.

Und natürlich gab es wieder eine Festival-Bratwurst, Preis dieses Jahr 7,50 Euro. War jetzt nicht so der Hit, aber Rituale müssen eben sein, also rein damit. Die Gattin hat abgelehnt.

Zu den Ritualen gehört auch die Pausenmusik, die das Publikum zum Ende der Pause in das Festspielhaus rufen. Die muss natürlich auch jedes Mal von mir gefilmt werden. Hier bitte.

Und wer es genau wissen wollte, wie meine Besetzung und Aufführung ausgesehen hatte, hier die Beteiligten von TRISTAN UND ISOLDE VII am Montag, 26. August 2024
Musikalische Leitung: Semyon Bychkov
Inszenierung: Thorleifur Örn Arnarsson
Bühne: Vytautas Narbutas
Kostüm: Sibylle Wallum
Licht: Sascha Zauner
Dramaturgie: Andri Hardmeier
Chor: Eberhard Friedrich

Besetzung:

  • Tristan: Andreas Schager
  • König Marke: Günther Groissböck
  • Isolde: Camilla Nylund
  • Kurwenal: Olafur Sigurdarson
  • Melot: Birger Radde
  • Brangäne: Christa Mayer
  • Ein Hirt: Daniel Jenz
  • Ein Steuermann: Lawson Anderson
  • Junger Seemann: Matthew Newlin