Posts Tagged ‘Svenja Jander’

Mein Kulturtipp: Der fliegende Holländer von Richard Wagner

5. August 2016
Einmal im Jahr ruft Wagner.

Einmal im Jahr ruft Wagner.

Wieder einmal hatte ich das Glück, seltene Karten für die Bayreuther Festspiele zu bekommen. Ich verehre die Musik von Richard Wagner und seine Musik in seinem Festspielhaus in Bayreuth zu hören, bedeutet für mich ein Hochgenuss an Kultur.
Dieses Jahr stand für meine Frau und mich der fliegende Holländer auf dem Programm. Es ist eine verhältnismäßig kurze Oper, die auf den unbequemen Stühlen im Festspielhaus das Sitzfleisch nicht zu sehr strapaziert. Aber wie heißt es doch so schön: Kunst muss wehtun.

Die Polizei war verstärkt vor Ort. Vielen Dank dafür.

Die Polizei war verstärkt vor Ort. Vielen Dank dafür.

Dieses Jahr gelten strenge Sicherheitsmaßnahmen für die Festspiele. Die Festspielleitung verwies in einer eMail darauf hin. Bewaffnete Polizei war aufgezogen, hat die Straßen zum Grünen Hügel gesperrt und den Verkehr umgeleitet. Ich habe damit kein Problem und möchte der Polizei ausdrücklich für ihren Dienst danken. In diesem Video seht ihr die Eindrücke von der Anfahrt und des Abends:

Ich habe mich sicher gefühlt. Es wurde gebeten, dass Taschen und Sitzkissen nicht erlaubt sind, nur die Abendhandtasche für Damen war gestattet. Also musste ich iPhone, Ladekabel, Akku (zur Pokemon-Jagd) und Geldbeutel in meinem Gehrock unterbringen. Ich hatte meine klassische Festivalkleidung an: Maßgeschneiderten Gehrock von Svenja Jander, Schuhe kamen dieses Mal von Lloyd. Meine bezaubernde Frau hatte ein leichtes Abendkleid an, sah wundervoll aus und hatte das Glück im Konzertsaal nicht zu schwitzen. Das ist ein weiterer Beitrag zur 4. Blogparade #Kulttrip meiner IronBlogger-Kollegin Tanja Praske.

Doris Ortlieb und ich vor dem Bayreuther Festspielhaus.

Doris Ortlieb und ich vor dem Bayreuther Festspielhaus.

Da der Holländer eine kurze Oper ist, gibt es also keine Pausen. Das bedeutet wiederum, dass das Sehen und Gesehen werden vor der Oper stattfinden muss, denn hinterher verläuft sich alles in den Bayreuther Partylocations.

Bayreuth und Bratwurst gehören zusammen.

Bayreuth und Bratwurst gehören zusammen.

Zum Ritual gehört es für mich dazu, die teure Festivalbratwurst zu essen. 7 Euro kostete dieses Mal die Wildkräuterbrautwurst. Jedes Jahr beiße ich in die Wurst und jedes Jahr bin ich enttäuscht. Das Catering hat wie jedes Jahr Steigenberger mit überteuerten Preise für Standardleistung inne. Nach dem Reinfall der Hummerbratwurst kam eben jetzt der Reinfall mit der trockenen Wildkräuterbratwurst. Aber seht das Video selbst, inklusive Senf im Bart – oder Senft wie der Franke sagen würde.

Nachdem wir aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen früher am Festspielhaus waren, schauten wir Leute an. Klatsch und Tratsch hält die Welt zusammen. Es ist ein Genuss die Wagnerianer zu beobachten und dem Fachsimpeln zu lauschen. Der Monaco kommt mir immer in den Sinn – danke lieber Helmut Fischer. Und wir gingen auf die Jagd nach Pokemon. Das Festspielhaus ist eine Pokemon-Arena – wenn das die Wagnerfans wüssten. Aber außergewöhnliche Pokemons gab es nicht.

Das Festspielhaus ist eine Pokemon Arena.

Das Festspielhaus ist eine Pokemon Arena.

Und weil uns ein wenig langweilig war, besuchten wir den Kiosk gegenüber mit kleinem Postamt. Dort gab es den Richard Wagner Sonderstempel. Um sich den Sonderstempel der Bayreuther Festspiele abzuholen, bildete sich eine kleine Schlange. Ich stellte mich nicht an. Briefmarkensammeln gehört nicht zu meinen Hobbys und ich habe zudem eine wunderbare Frau.

Es gibt einen Sonderstempel der Bayreuther Festspiele - allerdings für mich nicht.

Es gibt einen Sonderstempel der Bayreuther Festspiele – allerdings für mich nicht.

18 Uhr startete die Oper und 15 Minuten vor Opernstart gibt es ein weiteres Ritual. Auf dem Balkon des Festspielhauses treten Musiker heraus und spielen ein kurzes Stück der Oper. Was sonst in den Pausen zwischen den Aufzügen passiert, muss beim Holländer vor der Oper passieren. Natürlich ist es eine Pflicht für jeden Wagner Fan hier dabei zu sein.

Dann heißt es, ab in das Festspielhaus mit seiner hervorragenden Akustik. Wir hatten Plätze in der fünften Reihe (absoluter Wahnsinn). Die Inszenierung von Jan Philipp Gloger hatte ich bereits im Kino gesehen und sie hat mir gefallen: Sehr humorvoll und modern inszeniert. Dirigiert wurde das Stück von Axel Kober sehr präzise und auch den Sängern ein großes Lob: Peter Rose (Daland), Ricarda Merbeth (Senta), Andreas Schager (Erik) und Benjamin Bruns als Steuermann und Thomas J. Mayer als Holländer. Für mich ein eindrucksvolles Kulturerlebnis und eine klare Empfehlung.


Typisch natürlich auch, dass man im Festspielhaus von einem alten Opa zurechtgewiesen wird. In der Reihe hinter mir, maulte ein Opa, dass hoffentlich nicht mit dem Fächer während der Oper gefächert wird. Natürlich sagte er es nicht zu mir, sondern halblaut in den Raum. Klar drehte ich mich um und sprach den Opa direkt an, was ihn sichtlich überraschte. Natürlich werde ich die Musik von Wagner nicht durch mein Gewedel stören – was er glaubt, welcher Banause ich sei? Ätsch, Schwarzen Peter an den Meckeropa weitergegeben. Er war dann still – gut so.

Nach der Oper wieder Rituale: Die einen feiern und wir gehen ins Hotel.

Nach der Oper wieder Rituale: Die einen feiern und wir gehen ins Hotel.

Nach dem Kulturhochgenuss kommt bei uns ein weiteres Ritual. Übernachten im Gasthaus Opel in Heinersreuth. Vor dem Bett kommt eine deftige fränkische Mahlzeit: Sülze mit Bratkartoffeln und Zwiebel – dazu einige Gläser fränkisches Bier. Mir schmeckt das Essen und ein Pokemon war auch im Gastraum – was will man mehr?

Mein Standard-Gericht im Hotel Opel: Sülze mit Bratkartoffel.

Mein Standard-Gericht im Hotel Opel: Sülze mit Bratkartoffel.

 

Ein Pokemon trieb sich auch rum.

Ein Pokemon trieb sich auch rum.

Ich mag das Gasthaus. Es wurde sogar aufgenommen in das Buch: 50 historische Wirtshäuser in Oberfranken. Die Wirtin ist eine nette Frau und zu Festspielzeiten ist das Gasthaus Opel super gebucht. Seitdem wir Karten für die Bayreuther Festspiele haben, übernachten wir im Gasthaus Opel in Heinersreuth. Hier – wie jedes Jahr – ein kleiner Zimmercheck.

Einen Tag später steht der Besuch des Grabes von Richard Wagner an. Er liegt im Garten der Villa Wahnfried begraben. Für mich ein sehr feierlicher Besuch und meine Art, den Komponisten zu ehren. Auch immer nett, der Besuch des Grabes von Wagners Hund Russ, der gleich neben dem Komponisten liegt.

 

Wahnfried wurde komplett restauriert und bei meinem nächsten Besuch werde ich mir die Ausstellung in Ruhe ansehen. Dieses Mal fehlte die Zeit, weil ich noch andere Termine habe. Aber die örtliche Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer wies mich extra auf das Museum hin. Beim nächsten Mal frage ich sie einfach, ob sie Zeit hat und mir das Museum und die Villa Wahnfried zeigt.

Richard Wagner in Bayreuth 2012: Lohengrin

7. September 2012

Gleich vorweg: Es ist zulässig, Richard Wagner als Person und seine Musik abzulehnen. Ich habe mich aber vor langer Zeit entschieden, diesen Komponisten näher zu entdecken und beschränke mich dabei einzig auf seine Musik. Den Antisemiten Wagner lehne ich ab. Und wo lässt sich Wagner musikalisch besser erfahren als bei den Wagner-Festpielen in Bayreuth?

Und da stellt sich gleich das Problem: Zum grünen Hügel kann man nicht einfach hingehen, am Schalter eine Karte kaufen und dann die Musik im Festpielhaus Bayreuth genießen. Warten ist angesagt, jahrelanges Warten, um eine der begehrten Karten zugeteilt zu bekommen. Leider ist Warten ist nicht eine meiner Haupteigenschaften.

Durch einen glücklichen Zufall bekamen meine Frau und ich aber Karten für Lohengrin. Ein Kollege Peter Gress, hervorragender Friseurmeister aus Baden Württemberg, besaß zwei Karten, konnte aber nicht nach Bayreuth und bot via Facebook die Karten an. Ich griff sofort zu und bin Peter auf Knien dankbar. Vielen, vielen Dank.

Und was für Karten: 6 Reihe Mitte, ein absoluter Traum. Sitznachbarn um uns herum, erzählten, dass sie zwischen sieben und neun Jahren auf ihre Karten warten mussten. Ich habe ein Wochenende gewartet, bis die Post da war, aber das verriet ich den Wagnerianern besser nicht.

So ganz unbeleckt kam ich nach Bayreuth nicht. Ich erinnere mich an meine Wagner-Erweckung. Es war der Trauergottesdienst des großen Wagner-Biografen Martin Gregor-Dellin, der 1988 in Gröbenzell starb. Die Trauerrede hielt ein ergriffener Walter Jens, der immer wieder Wagner zitierte. Seitdem hat mich der Wagner-Virus infiziert. Ich las die Biografie von Gregor-Dellin und kaufte mir zahlreiche Wagner-Aufnahmen. Den Ring besitze ich in zwölf verschiedenen Einspielungen, wobei natürlich die Fassung von Loriot/Karajan wunderbar humorvoll ist. Den besten Zugang zur Musik von Wagner bekam ich durch den Holländer und Tannhäuser, sicherlich die besten Opern für Neulinge. Die beste Fassung von Lohengrin ist für mich die Einspielung von Rudolf Kempe mit den Wiener Philharmonikern.

Ich bin sicher kein Wagnerianer, war daher auf diese besondere Spezies von Menschen gespannt. Auf dem Festgelände auf dem grünen Hügel wird vor und nach der Aufführung gefachsimpelt. Dabei gehen die Zuhörer sehr kritisch mit den Interpretationen um. Nachdem Lohengrin von Altmeister Hans Neuenfels in diesem Jahr zum dritten Mal gegeben wurde, war das Publikum wohl an die Ratten auf der Bühne gewohnt. Laborratten stellten in der Inszenierung das Volk da und der Fötus am Ende war noch immer eine Provokation. Aber das Publikum wusste ja, auf was man sich einließ und reagierte gelassen. Die Bravo-Rufe galten vor allem der exzellenten Leistung des Schwanenritters Klaus Florian Vogt und der Sopranistin Annette Dasch.

Das Festspielhaus am grünen Hügel.

Das Festspielhaus am grünen Hügel.

Ich genoss die Atmosphäre, scherzte mit meinen Nachbarn aus Japan. Vor mir verschonte uns ein übergewichtigter Herr nicht damit, sein Jackett auszuziehen und ans an seinem Schweißgeruch teilhaben zu lassen., der durch die Fächerbewegungen seiner Gattin auch in der Umgebung verteilt wurde. Jeder soll was davon haben. Aber das machte nichts, schließlich lauschten wir der reinen Musik von Wagner.

Aber es gibt auch ein überdrehtes Bildungsbürgertum. Ungefragt stellen sie ihr Wissen zur Schau, mischen sich auch gerne ein. Manche der Herrschaften kennen sich wirklich aus (einige von ihnen sind auch mit Libretto oder gar Partitur ausgestattet), andere sind einfach nur dumme Wichtigmacher. Immer wieder denke ich da an meinen Monaco: „Dankbar und glücklich müssen wir sein, dass wir hier dabei sein durften.“

Meine Frau und ich bei Richard Wagner.

Meine Frau und ich bei Richard Wagner.

Doch was zieht man nun zu so einem Weihespiel an? Für meine Frau und mich stand fest: Wenn wir schon mal die seltene Ehre haben und einer Wagner Oper in Bayreuth beiwohnen können, dann muss die Klamotte auch stimmen. Meine Frau erschien im neuen, langen Abendkleid, war aufwendig beim Friseur, ließ sich schminken – rundum eine schöne Frau. Ich band die Fliege um und erschien im maßgeschneiderten Gehrock, den die Münchner Designerin Svenja Jander für mich anfertigte, und holte einen antiken Spazierstock aus New Orleans heraus.

Ich war ein wohl wahrer Blickfang war. Die Damenwelt, zumeist ältere Semester drehten sich nach mir um. Einige Herren gaben leise Kommentare ab. Gut, dass ich sie nicht verstanden habe. Die meisten Herren waren in langweiligen schwarzen Businessanzügen erschienen, einige aber feierlich im Smoking. Viele Damen trugen schöne Kleider. Aber es gab auch andere Erscheinungen. Die Mode der siebziger Jahre mag wieder modern sein, aber dann bitte im Look der Neuzeit. Nur weil Kleidung 40 Jahre im Schrank hängt, ist sie nicht automatisch wieder up to date. Diese Art von Vintage ist nicht sonderlich originell. Zudem kam noch: Viele Friseuren waren einfach schauderhaft, Raspelschnitt, Topfschnitt, nicht gerade feierlich – vielleicht nützlich beim Marathonlauf oder Arbeit auf einer Bohrinsel. Hier hat die Friseurinnung Bayreuth durchaus eine Chance Flagge zu zeigen und das Publikum auf zu stylen. Vielleicht geht ein kleines Zelt mit ein paar Frisiertischen – ich sollte mal mit den Wagnererben sprechen. Jetzt bin ich kein Friseur, arbeite aber für die Branche und kann durchaus unterscheiden, was Style ist und was nicht. Dazu kamen Gesundheitsschuhe, Treter, Ballerinas. Nein, dieser Anblick enttäuschte mich in Bayreuth. Da muss ich zugeben, dass mir die Wagnerfestspiele in München von der Kleidung lieber sind, trotz des Münchner Publikums, wie es der Monaco sagen würde.