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Estland (3): Fährunglück Estonia wird wieder gegenwärtig

6. Januar 2025

Ich hatte natürlich in der Schule etwas über den Hitler-Stalin-Pakt gelernt, bei dem das Baltikum der Sowjetunion zugeschlagen wurde und für die Esten damit der Zweite Weltkrieg begann. Aber irgendwie hatte ich es vergessen. Das erste Mal, dass mir das eigenständige Staat Estland ins Gedächtnis kam, war am 28. September 1994. Damals versank die Fähre „Estonia“ in der Ostsee.

Von 989 Passagieren und Crewmitgliedern überleben nur 137 Menschen die bis dato größte Schiffskatastrophe der Nachkriegszeit in Europa. Als ich nun die estnische Hauptstadt Tallinn besuchte, kamen die Erinnerungen an damals wieder hoch. Gleich zweimal wurde ich in kurzer Zeit an die Katastrophe erinnert.

Unterbrochene Linie
Schon am ersten Abend bei einer nächtlichen Stadtführung an der Stadtmauer kamen wir an dem Artillerieturm Dicke Margarethe vorbei. Das Denkmal am Rande der Altstadt erinnert an den Untergang der Fähre Estonia am 28. September 1994. Die von Riho Luuse und Jaan Saar aus schwarzem Granit gefertigte Skulptur trägt den Titel Katkenud liin, unterbrochene Linie. Das fehlende Mittelstück steht für das plötzliche Lebensende. Das Werk hat mich berührt.

Die Estonia brach damals von Tallinn nach Schweden auf. Die Ostsee war stürmisch und es kam ein Orkan auf. Die 55 Tonnen schwere Luke des Schiffs brach und die Fluten strömten herein und überraschten die Passagiere im Schlaf. Die Rettung des Schiffs gelang der Mannschaft nicht. Das Schiff sank. Menschen starben jämmerlich. Nur wenige konnten sich retten.

Erinnerung im Dom
Die zweite Begegnung mit dem Unglück kam tags darauf im Dom zu Tallinn. Er ist heute die Bischofskirche des Erzbischofs der Estnisch Evangelisch-Lutherischen Kirche. Links vor dem Altar gibt es eine Nische mit einem Bild und davor eine brennende Kerze als Erinnerung an das Unglück. Früher gab es wohl auch ein Kondolenzbuch, aber das hab ich nicht gesehen.

Der offizielle Abschlussbericht von 1997 macht technisches Versagen an der Bugklappe für den Untergang der „Estonia“ als Ursache aus. Neuere Untersuchungen werden 2025 veröffentlicht.

Historische Weide in Fürstenfeldbruck wurde Opfer des Unwetters

12. Juli 2023

Als ich die Nachricht in Facebook las, musste ich als erstes das Lied „Mein Freund der Baum ist tot“ von Alexandra spielen. Die historische Weide an der Amperbrücke in Fürstenfeldbruck wurde ein Opfer des Sturm vom 11. auf den 12. Juli 2023.

Der rund 200 Jahre alte Baum prägte das Stadtensemble der Kreisstadt Fürstenfeldbruck. Er war auf etlichen Erinnerungsfotos zu sehen. Der Sturm hat das Stadtbild der Kreisstadt Fürstenfeldbruck nun nachhaltig verändert. Das ist traurig. Die Unwetternacht hinterließ überall seine Folgen. Ich bin extra mit dem Bus hingefahren, um Abschied zu nehmen und ein Video zu drehen:

Viele Brucker kamen zusammen und betrachteten den Schaden und tauschten Erinnerungen über diesen prächtigen Baum aus. Es wurde sogar ein Kondolenzbuch an der Amperbrücke von jemanden ausgelegt und man konnte seine Erinnerungen an die Weide hineinschreiben.

Sehr oft machte ich unter diesem Baum Pause und erholte mich. Von der Eisdiele gegenüber genoss ich dort mein Eis, von der Metzgerei genoss ich eine Leberkässemmel. ich hängte als Kind meine Füße an dem Ort in die Amper und suchte den Schatten des Baumes. Er war für viele Treffpunkt, Wohlfühloase, Liebestreff, Entspannungort – ein Ort der Ruhe, nur ein paar Meter entfernt vom hektischen Verkehr der Kreisstadt. Bei Gesprächen auf der Amperbrücke tauschten sich wildfremde Menschen aus, wie viel ihnen dieser Baum bedeutet hat.

In dem Kondolenzbuch mit dem Titel „Abschiedsbriefe an die Weide“, das jemand spontan ausgelegt hatte, trugen sich Menschen ein. Dort war unter anderem zu lesen „39 Jahre gehörte der Baum zum Berufsleben in Bruck“ oder „Du warst mein erster Eindruck von Bruck und bist fast 200 Jahre alt gewesen“ oder auch sehr emotional: „Es ist sooo traurig. Du hast mich beim ersten Blick vor 18 Jahren begeistert und ich trauere heute wohl mit vielen um dich.“ Der Baum als Symbol der Erinnerung an schöne Zeiten.

Der Baum verband die Brucker und auch wer nur kurz durch die verstopfte B2 über die Amperbrücke quälte, warf einen Blick auf den mächtigen Baum. Nun wird er Zug um Zug gestutzt und abgetragen.

Nach dem Sturm wurde der Baum gesichert und mit einem rotweiße, Band abgesperrt. Einige Äste hingen in die Amper und das Wasser umspülte die Weidenblätter. Ein paar Menschen nahmen sich Ableger von dem Baum als Erinnerung mit nach Hause. Vielleicht entsteht ja eine neue Weide an anderer Stelle.

Kondolenzbuch und Gottesdienst für Alberto

2. November 2022

Vergangene Woche verstarb überraschend Alberto, der Besitzer unserer Eisdiele in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck. Ich hatte einen persönlichen Nachruf zu Alberto verfasst, weil es mir wichtig war. Inzwischen hat mir Albertos Schwester ein Foto von seinem Grab geschickt.

Alberto war so enorm bedeutend für unsere Gemeinde, denn er betrieb seit 26 Jahren zusammen mit seiner Frau Romina und seinen Kindern eine Eisdiele als einen wichtigen Ort der Kommunikation und er engagierte sich für seine zweite bayerische Heimat. Die Kinder – und nicht nur sie – liebten sein handgemachtes Eis. Zwei, drei Generationen pilgerten zu ihm und bestellten sich ihre Lieblingssorte und jeder hat seine persönliche Geschichte von Alberto.

Wie groß der Verlust ist, zeigt sich an den zahlreichen Kerzen und Blumen, die vor der Eisdiele in den vergangenen Tagen aufgestellt wurden. Täglich werden es mehr. Es ist nicht der Buckingham Palast, sondern nur eine einfache italienische Eisdiele, vor der die Maisacher Blumen, Kerzen und Umschläge zum Gedenken an Alberto niederlegten. So sehen wir, wie sehr er uns fehlt.

Daher haben der Kirchenchor, meine Frau und ich uns gemeinsam zwei Aktionen ausgedacht und privat organisiert: Zum einen gibt es am Sonntag, 6. November um 10:30 Uhr in der Kirche St. Vitus vom Kirchenchor einen Gedenkgottesdienst für Alberto.

Zum anderen legen wir ein Kondolenzbuch um 10 Uhr in der evangelischen Kirche in Maisach, dann um 10:15 Uhr in der katholischen Kirche in Maisach und nach dem Gottesdienst im Café Dafner neben der Eisdiele aus. Es ist bei uns in Maisach Marktsonntag und das Café hat den ganzen Sonntag geöffnet, so dass sich Maisacher in dieses Kondolenzbuch eintragen können. Danke an Familie Dafner, die spontan zugesagt hat. Wir alle finden es eine schöne Geste und wir hoffen, es stößt auf große Resonanz und Unterstützung. Wir werden dieses Buch dann nach Italien zu Albertos Familie schicken.

Also zusammengefasst:
Sonntag, 6. November 2022
10 Uhr Kondolenzbuch, evangelische Kirche Maisach
10:15 Uhr Kondolenzbuch, katholische Kirche St. Vitus Maisach
10:30 Uhr Gottesdienst für Alberto, katholische Kirche St, Vitus Maisach
Ab 11:30 Uhr Kondolenzbuch im Café Dafner beim Marktsonntag