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Ein paar persönliche Gedanken zu Benedikt XVI.

1. Januar 2023

Benedikt XVI. ist im Alter von 95 Jahren verstorben und keine Angst, es wird keine geschichtliche oder gar theologische Würdigung dieses Mannes, der scheinbar das Amt des Papstes nie angestrebt habt. Das überlasse ich anderen, gelehrteren Menschen.

Als Journalist sah ich Benedikt XVI. immer wieder Mittelpunkt von Geschichten, ganz abseits von Theologie. Mein Eindruck war, dass er bessere Berater verdient hätte. Das Amt des Papstes ist schließlich auch ein politisches Amt. Er war Staatsoberhaupt und Leiter einer Verwaltung und scheinbar war und ist der Vatikan auch eine politische Schlangengrube. Johannes Paul II. war ein politischer Medienpapst, der den Kommunismus stürzte. Sein Nachfolger war ein Professor aus Regensburg, der Bücher schreiben wollte. Das ist der große Unterschied. In dieser Welt der Medien und der Politik ist Benedikt XVI. wohl gescheitert. Er hatte seinen Laden nicht im Griff, reagierte zögerlich und im Fall des Holocaust-Leugner Richard Williamson, den britischen Bischof der Piusbruderschaft, meines Erachtens auch falsch, als er diesen Mann wieder in die katholische Kirche aufnahm. Auch bei den Diskussionen um die elenden Missbrauchsvorfälle zeigte er keine Führungsstärke, die ich hier von einem Kirchenoberhaupt einer Weltreligion erwartet hätte.

Getroffen habe ich ihn, als er Erzbischof in München und Freising war, kam aber nie ins Gespräch mit ihm. Ich war schließlich noch ein Kind. Als Johannes Paul II. in München war, da war Ratzinger an seiner Seite – so sah ich es im Fernsehen. Anfang der 80er Jahre wurde Ratzinger dann nach Rom als Chef der Glaubenskongregation berufen.

Der Papst ist aber ein Medienstar und ich glaube, das war absolut nicht seine Welt. Er war wohl eher ein Mann der Gedanken. Aber ich freute mich als Deutscher, dass nach rund 500 Jahren wieder ein Landsmann auf den Thorn Petris saß. Als Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zum Papst gewählt Papst wurde, lachte ich mich über zwei geniale Zeitungsschlagzeilen: Die BILD titelte genial „Wir sind Papst“ und die taz aus Berlin schrieb „Oh mein Gott“.

Als es Jahre später zum Rücktritt kam, wollten beide Publikationen an die Papstwahl optisch anknüpfen. Dabei war die BILD-Schlagzeile eher schwach, die taz titelte „Gott sei Dank“.

Als Papst kam Benedikt XVI. ja nach Bayern und inzwischen hatte ich Interesse als Journalist an seiner Person. Ich bemühte mich um eine Eintrittskarte zur Regensburger Rede am 12. September 2006 und bekam keine Akkreditierung. Ich war wohl den Verantwortlichen nicht wichtig genug. So hörte ich mir diese Rede im Radio und später im Netz an. Der Originaltitel der Rede lautet: „Glaube, Vernunft und Universität. Erinnerungen und Reflexionen.“ Und natürlich wurde ein Zitat aus der Vorlesung „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten.“ aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe mir die Rede jetzt wieder angehört und ich finde es eine kluge Rede. Macht euch selbst ein Bild.

Irgendwann kaufte ich mir aus Neugierde den ersten Teil seines Jesus von Nazareth-Buches. Es liest sich gut. Allerdings werden darin Fragen beantwortet, an deren Formulierung ich gescheitert wäre, weil ich die Probleme gar nicht sah. Ja, ich denke, der Herr Ratzinger war ein sehr kluger Mann und theologisch beurteilen kann ich seine Gedanken absolut nicht. Dazu bin ich einfach zu ungebildet.

Jetzt beobachte ich, wie sein Begräbnis abläuft und wie seine geschichtliche Würdigung aussieht. Einfach und bescheiden soll sie werden, ganz so wie er wohl auch als Person war.

Meine Gedanken zum Rücktritt von Papst Benedikt XVI

11. Februar 2013

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Obwohl ich kein Katholik bin, berührt mich der Rücktritt von Benedikt XVI vom Amt des Papstes dennoch. Meinen Respekt und Hochachtung vor einer solchen Entscheidung, die eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Joseph Ratzinger ist im Amt alt geworden und bevor ihm das Alter zusetzt, erklärt er den Rücktritt. „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewißheit gelangt, daß meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.“ heißt es auf der Website des Vatikans. Später heißt es: „Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Köpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, daß ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.“

Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, von einem gewählten Amt zurückzutreten, wenn man dieses Amt nicht mehr ausfüllen kann. Aber ist es wirklich eine Selbstverständlichkeit? Nein, wirklich nicht – und gerade deshalb findet die Entscheidung von Joseph Ratzinger meine aufrichtige Bewunderung.

So viele Würdenträger, Politiker, Personen der relativen und absoluten Zeitgeschichte können nicht loslassen. Da muss ich nicht nur in die Weltpolitik schauen, auch vor Ort in Verbänden, Parteien, Handwerksorganisationen, Vereinen – dort kleben Verantwortliche an den Stühlen. Immer an der Futterkrippe mit dabei sein, obwohl es schon lange nicht mehr richtig ist. Viele Leute haben ihre Verdienste gehabt und für diese Verdienste sollten sie in Erinnerung bleiben. Aber sie demontieren sich selbst, in dem sie ihren Stuhl nicht räumen. Oft höre ich: „Es sind keine Jüngeren da!“ Das liegt vielleicht daran, dass sie keinen aufgebaut haben oder in Prinzen gleich Königsmörder erkennen. Wie heißt es in der Politik: „Feind, Todfeind, Parteifreund“. Dieser Spruch ist gilt nicht nur in der Politik.

Ich habe mir seine Rede im Deutschen Bundestag angeschaut, als er 22. September 2011 im Plenarsaal zu den Abgeordneten sprach. Großartige Rede und auch Humor, als Lammert dem Papst den Weg weist und ihn dabei auf die Soutane tritt. Auch zuvor seine Rede am 12. September 2006 in Regensburg war für mich eine große intellektuelle Leistung des einstigen Professors. Ratzinger hat mich so beeindruckt, dass ich mir 2007 sein Buch Jesus von Nazareth gekauft und gelesen habe. Schwere Kost für jemanden, der in Theologie nicht bewandert ist. Dennoch, seine Ausführungen zur „Die Bergpredigt“ und die „Die Botschaft der Gleichnisse“ haben mich emotional und intellektuell berührt. Es war für mich bemerkenswert, dass hier eine Institution spricht, die Werte seit über 2000 Jahre verteidigt und nicht Strömungen nachgibt. Bei den Kirchentagen sprach dieser unscheinbare Professor in der Rolle des Papstes und seine Autorität war enorm. Da können Wogen von Kritik kommen, Kirchaustritte, Forderungen – dieser Mann steht für seine Werte. Nur beim Kindermissbrauch von schrecklichen Idioten geriet für mich das System ins Wanken, weil es u.a. um Vertrauensmissbrauch an unseren Kindern und Familien ging.

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Medial war Ratzinger nicht so ein Talent, wie sein Vorgänger aus Polen. Bei seiner Wahl zum Papst titelte BILD genial „Wir ins Papst“ und auch die taz druckte ein schwarzes Titelbild mit den Worten „Oh mein Gott“. Nach anfänglichen Zögern über den Einsatz von neuen Medien setzte Papst Benedikt XVI schließlich auf Twitter. Er nutzte zwar Social Media nur zum Senden, aber es war der Startschuss für viele in der Kirche sich mit den sozialen Netzwerken zu beschäftigen. Ich erinnere mich an viele Einladungen in Kirchengemeinden, um Facebook und Co zu erklären.

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Joseph Ratzinger wurde 1927 in Marktl am Inn geboren. Er war Professor für systematische Theologie in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg und jüngster theologischer Berater auf des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). 1977 wurde er Erzbischof von München und Freising. 1981 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der Glaubenskongregation. Am 19. April 2005 wurde er als erster Deutscher seit 482 Jahren auf den Heiligen Stuhl gewählt. Der Papst will sich ins Kloster zurückziehen und macht am 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, den Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus frei. Vor Ostern soll ein neuer Papst gewählt sein. Danke für diese mutige, eigentlich selbstverständliche Entscheidung, die große Weitsicht und Menschlichkeit zeigt. Es werden jetzt die großen Kommentatoren und Experten urteilen – für mich steht fest: Chapeau für diese Entscheidung.