Posts Tagged ‘Hansemuseum’

Estland (1): Die Reise beginnt

4. Januar 2025

Vor mir liegen einige Tage Estland. Ich war schon einmal da, aber das ist lange her. Inzwischen hat sich viel in den baltischen Staaten getan. Vor Corona ging meine letzte Reise nach Riga. Jetzt nach Corona geht meine erste Auslandsreise mit dem Flugzeug nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands.

Einst war die Stadt unter der Hanse eine sehr reiche Stadt und ist vielen noch unter den Namen Reval bekannt. Die Hanse war eine Art EU des Mittelalters und hatte eine ähnliche Macht wie die Fugger in Augsburg. In Lübeck gibt es ein wunderbares Hansemuseum zu besichtigen. Hier mein Post von 2ß19 dazu. Nach der Entdeckung Amerikas veränderten sich die Handelswege und die Hanse verlor an Einfluss. In Tallinn treffe ich das Schwarzhäupterhaus an. Es wurde als Gildehaus der unverheirateten männlichen Kaufleute ohne Stadtrecht in Riga gegründet. Der Titel war „Neue Haus der Großen Gilde“. Das war etwa im 13. Jahrhundert und war damit so eine Art Wohngemeinschaft im jungen Mittelalter. Die Compagnie der Schwarzen Häupter war aus der Ende des 13. Jahrhunderts tätigen Bruderschaft des Heiligen Georg hervorgegangen und sie gründeten das Haus – heute ist die Vereinigung noch in Bremen zu finden. Der Heilige Georg war der Schutzpatron der Ritter. Später übernahm diese Rolle des Schutzherrn der Heilige Mauritius, dessen Mohrenkopf-Symbol im Haus zu finden ist und das Wappen der Schwarzhäupter ist. Der Name „Schwarzhäupterhaus“ wurde 1687 eingeführt. Ich habe in Riga den Stammsitz des Ordens besucht.

Heute ist Estland Teil der EU, es gilt der Euro und das kleine Land setzt voll auf Digitalisierung. Wie bei uns gibt es einen Mangel an Facharbeitern und hier setzen die Esten voll auf Technik. Das will ich mir anschauen. Während wir über Digitalisierung reden, ziehen es die baltischen Staaten durch. Bis auf beispielsweise Eheschließung und Scheidung haben die Esten ihre Verwaltung digitalisiert.

Und durch die Nähe zu Russland unterstützen die Esten den Freiheitskampf der Ukraine. Die baltischen Staaten waren 1918 nur kurz selbstständig. Estland fiel im Hitler-Stalin-Pakt an Stalins Sowjetunion, wurde dann von der Wehrmacht besetzt, dann wieder von den Sowjets bis die Sowjetunion unter Gorbatschow zerfiel. Estland wurde wie Litauen und Lettland wieder selbstständig und wissen, was es heißt unter russischer Unterdrückung zu leiden.

Also spannende Tage liegen vor mir. Zunächst die Reise vom heimischen Dorf per S-Bahn zum Flughafen München. Dort hat sich viel verändert. Es wird wieder massiv geflogen und auch ich muss für diese Reise widerwillig das Flugzeug von Air Baltic nehmen. Die Klimaveränderung durch Flugverkehr interessiert sichtlich keinen mehr. Ich habe ein schlechtes Gewissen, welches Klima ich meinen Kindern hinterlasse. Hochwasser bei uns zählt ja nicht. Hier ein kleines Reisevideo.

Nach zwei Stunden Flug, Landung und Bezug des Zimmers im Hotel Palace in der Altstadt erst einmal spazieren in der Altstadt, der erste Espresso und Blick auf den Weihnachtsbaum vor dem alten Rathaus. Tallinn, ich bin da und bin gespannt auf die kommenden Tage.

und hier noch ein Rundgang mit VR 360

Also es gilt für mich viel zu entdecken und werde bloggen.

Europäisches Hansemuseum – so muss Museum heute sein

18. September 2019

Die Kaufleute der Hanse.

Die Kaufleute der Hanse.

So stelle ich mir ein Museum mit moderner, zeitgemäßer Museumskonzeption vor. Am Ende meines Aufenthalts in Lübeck besuchte ich das Europäische Hansemuseum und es war schlichtweg ein Erlebnis.
Die Hanse ist eine Mischung aus EU, NATO und OPEC des Mittelalters und nachdem ich bereits in zahlreichen Hansestädten war, war Lübeck das Zentrum dieses Reichs von Kaufmänner. Ich war von dem Museum so begeistert, dass ich mir gleich den Museumskatalog und zwei Bücher Die Hanse und Die Deutsche Hanse: Eine heimliche Supermacht im Shop kaufte und auf der 6 stündigen Heimfahrt nach Bayern verschlang.

Der Eingang zum Museum.

Der Eingang zum Museum.

Was begeisterte mich an dem Europäischen Hansemuseum? Es begann mit dem Ticket. Der Preis von 13 Euro beinhaltete das Museum und das Burgklosters, was aber aufgrund von Renovierungsarbeiten und Aufbau einer Tanzveranstaltung nur teilweise zu besichtigen war. Einen Preisnachlass gab es aber nicht. Nun, mir ging es erst mal um das Hansemuseum. Ein Eintrittskarte beinhaltet einen NFC-Code. Im Eingangsbereich mache ich meine Karte scharf, wähle aus einer von vier Sprachen. Bei mir war es Deutsch, aber es gibt auch Englisch, Schwedisch und Russisch – interessant, denn in Bayern hätte Italienisch oder Französisch dazu gehört und sicherlich Chinesisch. Dann kann ich eine von 50 europäischen Städten wählen unter deren Sichtweise meine Führung steht und zum Schluss kann ich noch ein Interessengebiet auswählen. So stelle ich mir eine individuelle Führung durch das Hansemuseum zusammen. Ich halte meine Karte vor die Monitore und ein individueller Inhalt wird angespielt – so muss Museum heute sein.

An einem Einführungsmonitor am Anfang jeder Szene gibt es einen Überblick über die dort dargestellte historische Situation. Sie wurde auf Basis aktueller Forschungsergebnisse rekonstruiert, wird mir von den Guides zu Beginn meiner Tour vermittelt. Der Rundgang ist didaktisch hervorragend aufgebaut. Es gibt so genannte Kabinette mit historischem Material und zahlreichen Erläuterungen. Dem schließen sich Räume mit Szenen in historischen Kulissen an.
Der Rundgang startet mit einer Fahrt eines Aufzugs nach unten. Hier gibt es eine Art Luftschleuse, damit die historische Grabung nicht beschädigt wird. Es zeigt die Ursprünge Lübecks und historische Schichten des Burghügels.

Dann folgen Informationen über den wegweisenden Zusammenschluss an der Newa um 1193. So geht es weiter mit Lübeck um 1226, London 1550, Hansetag 1518, Handel & Glaube, die Pest um 1367 und Brügge um 1361. Mir als Filmfreund kamen die Setbauten von Filmbau Decotec entgegen. Auch das Filmstudio Babelsberg Potsdam schuf Figuren. Den Vorwurf von „erdachten Welten“ halte ich für nicht angebracht, basiert die Konzeption und Darstellung auf historischen Fakten. In dieser Art kann ich historisches Wissen vermitteln – und es macht auch noch Spaß. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und kann gar nicht sagen, welcher Raum mir am besten gefallen hat. Wahrscheinlich war es die Idee der Hanse: Der Zusammenschluss von Menschen mit gleichem Interesse, die die Welt verändern.

Leider hatte ich nur 2,5 Stunden Zeit, die sollte man sich aber auch nehmen. Beim nächsten Lübeck-Besuch nehme ich mir einen Tag Zeit, denn alle Tafeln und Hinweise konnte ich vor Ort nicht lesen – aber ich habe ja den exzellenten Ausstellungskatalog gekauft und verschlungen. Bald fahre ich nach Riga und werde mein Hanse-Wissen dort angeberisch anbringen.

Ein paar Zahlen und Fakten um das Hansemuseum. Das Hansemuseum war im April 2015 Tagungsort der Außenminister der G7-Staaten. Offiziell eröffnet wurde es am 27. Mai 2015 von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Museumsbetrieb wurde am 30. Mai 2015 aufgenommen.

Hier mein Videorundgang in drei Teilen: