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Tristan und Isolde – Wagner im Kino Scala Fürstenfeldbruck

8. August 2015
Zusammen mit meiner Frau genoss ich Tristan und Isolde im Scala Fürstenfeldbruck.

Zusammen mit meiner Frau genoss ich Tristan und Isolde im Scala Fürstenfeldbruck.

Darf man Richard Wagner im Kino genießen? Ja, man darf, mann sollte sogar. Nachdem ich mir Siegfried live in Bayreuth angeschaut habe, genoss ich Tristan und Isolde im Scala Kino Fürstenfeldbruck. Es ist die düsterste Oper des großen Richard Wagner in der interessanten Inszenierung von Katharina Wagner und mit dem großartigen Christian Thielemann am Dirigentenpult.

Ich versuche immer beides zu machen: Wagner auf dem grünen Hügel und Wagner im Kino – und beides hat dieses Jahr auch wieder geklappt.
Zwar putze ich mich nicht so heraus, wie beim modischen Schaulaufen in Bayreuth, aber weißes Hemd und Fliege müssen auch im Kino bei dieser Art von Hochkultur sein. Die Reaktionen der anderen Kinobesucher, die sich einen Actionfilm in einem anderen Saal ansehen, war einfach göttlich. So bringt Kino die Menschen zusammen und wir haben alle was zu reden.

Während es im Festspielhaus in Bayreuth deutlich über 30 Grad Celsius hatte und der Fächer die warme Luft nur verteilte, herrschten im Scala Kino Fürstenfeldbruck angenehme Temperaturen. Die bequemen Kinositze waren kein Vergleich zu den engen und unbequemen Klappstühlen im Festspielhaus. Ich habe in Bayreuth dieses Jahr gelitten, aber dazu gibt es einen anderen Blogpost.


Darf man eigentlich Nachos, Popcorn und Cola bei Wagner genießen? Im Kino auf jeden Fall – was in Bayreuth eine Todsünde wäre, ist im Kino für mich kein Problem. Die Kino-Karte kostet auch nur 30 Euro, die Bayreuth-Karte 300 Euro – Unterschiede müssen sein. Schön ist, dass das Libretto im Kino eingeblendet wird. Das Verfolgen der Handlung ist also kein Problem, wobei Handlung des Tristans schnell erzählt ist.
Störend ist nur, dass der ein oder andere der 70 Kinozuschauer in Fürstenfeldbruck während der Vorstellung die Toilette besuchte oder Biernachschub holte. Tür auf, Licht rein – das stört. In Bayreuth gilt: Wer raus geht, der bleibt bis zum nächsten Aufzug draußen und das aus guten Grund. Ich will bei der göttlichen Musik nicht gestört werden und das meine ich ernst. Der Tristan-Akkord hat das Tür auf/Tür zu nicht verdient. Geht vorher pinkeln oder in der Pause, aber nicht während der Aufführung!
Die Kinoübertragung via Satellitenlink zeigte uns Kinozuschauer mehr Content. Es gab Blicke hinter die Kulissen, allerhand Interviews (sehr schön mit Christian Thielemann im obligatorischen quergestreiften Polo-Shirt und Goldkettchen), die Handlung und eine sogar Überraschung. 2016 wird der Parsifal neu inszeniert und diese Neuinszenierung wird gleich ins Kino übertragen. Parsifal ist persönlich meine Lieblingsoper von Wagner und ich hoffe, dass ich Karten für Bayreuth bekomme. Wenn nicht, dann geh ich wieder ins Kino.


Aber es war nicht alles toll bei der Kinoübertragung. Der Ton ist klar in Bayreuth mit Abstand besser. Zwar verfügt das Scala Kino in Fürstenfeldbruck über ein hervorragendes Soundsystem, aber die Akustik im Festspielhaus ist nochmals um Klassen besser. Der alte Richard Wagner wusste, was er da macht. Schlimmer waren die Bildstörungen in der Übertragung. Vor allem gegen Ende war es entsetzlich störrend. Bei „in des Welt-Atems wehendem All“ musste ich die Augen schließen, um Isoldes Verklärung genießen zu können. Freunde in Bayreuth, das war einfach schlecht.
Und richtig daneben waren erst die Werbeeinblendungen der Allianz Versicherung, die den Pausencontent finanzierten. Der Fächer mit dem Allianz-Logo ging ja noch, aber der Tomaten-Werbetrailer aus den 80ern von der Allianz vor dem zweiten Aufzug war schlichtweg eine Frechheit.

Buchtipp: Mad Men und die Mid-Century Ads von Jim Heimann, Steven Heller

26. Juli 2015

aufmacher

Die Serie Mad Men wurde mit zahlreichen Fernsehpreisen überhäuft. Obwohl ich nie Werber werden wollte, fasziniert mich die Atmosphäre dieser Serie und der dazugehörigen Branche. Ich habe die Serie um den fiktiven Werbetexter Don Draper genossen und bisher alle Teile auf DVD verschlungen. Mad Men bedeutet ja eigentlich Men of Madison Avenue, dem Zentrum der US-Werbeindustrie. Wie später die Meister des Universums an der Wallstreet waren hier Meister der Beeinflussung am Werk.
Die Serie war so detailreich und machte durch diese Details einfach Spaß. Wer sich die Zeit nimmt, wird feststellen, wie liebevoll an die ganze Sache herangegangen wurde. Es stimmt einfach alles: Musik, Tapeten, Autos, Einrichtung sogar die Frisuren und die Klamotten. Das Setdesign hat ganze Arbeit geleistet. In der Serie selbst geht es ums Geld verdienen, Frauen vernaschen, Fremdgehen, Alkohol trinken und Zigaretten rauchen. Die Serie zieht sich durch die spannende Zeit der sechziger Jahre und ist eine prima TV-Unterhaltung. Sie zeigt eine Zeitenwende – wie aus den konservativen 50ern die progressiven 60er wurden. Es ist schön, wie historische Momente mit der Fiction der Erzählstory verwoben werden, seien es die Mondlandung, die Ermordung von Dr. Martin Luther King, die Beatles oder die Beatniks in Greenich Village.

Beim Betrachten der Serie kam bei mir mehr und mehr das Interesse an der Werbung dieser Zeit auf. Schließlich nehmen Werbekampagnen und der Kampf um Werbeetats einen großen Raum in Mad Men ein und der Zuschauer wird an die Werbephilosophie der Zeit durch den Hauptprotagonisten Don Draper herangeführt. Wie tickt eigentlich so ein Werber? Und was macht eigentlich eine gute Werbung aus? Wie sah das Storytelling aus? Ich stellte mir immer die Frage: Wie war eigentlich die Werbung in dieser Zeit? Ich selbst bin durch die Werbung der siebziger und achtziger Jahre sozialisiert worden, durch Bärenmarke, Kinderschokolade, Klementine und Palomliv. Ich kenne Herrn Kaiser, den Käfer, vielleicht noch ein wenig das HB-Männchen und den Malboro-Mann. Gerade eben hat die Allianz die Werbespots meiner Jugend online gestellt – großartig. Doch wie funktionierte Werbung in den fünfziger und sechziger Jahren?


Von Kommunikationstheoretiker Marshall McLuhan stammt der Ausspruch „Werbung ist die Höhenmalerei des 20. Jahrhunderts.“ McLuhans Werk gilt als ein Grundstein der Medientheorie.
Ich entdeckte bei meiner Recherche den zweibändigen Bildband Mid-Century Ads von Jim Heimann und Steven Heller aus dem Taschen Verlag. Dieses zweibändige Werk versammelt Bestleistungen amerikanischer Printwerbung in der Epoche, als Markenfirmen und Agenturen bei ihren Kampagnen noch auf die eine „Big Idea“ setzten. In den goldenen Tagen der Konsumbegeisterung waren die Magazine voll mit cleveren Anzeigen, die von Hüfthaltern bis zu Waffen so ziemlich alles verkauften. Am meisten liebte ich die Autowerbung. Als Ausdruck von ungebremstem Optimismus zeichnen sie ein faszinierendes Bild jenes bunten Kapitalismus, der die Atmosphäre der 50er und 60er Jahre prägte, als die Beschäftigung mit dem Kalten Krieg durch die sorglose Mad Men-Ära mit ihrer Alkohol- und Zigarettenkultur abgelöst wurde. Das Buch enthält ein breites Spektrum der wichtigsten Werbekampagnen beider Dekaden, ausgewählt aus Tausenden von Bildern. Für diese Publikation Mid-Century Ads wurden die Motive digital überarbeitet, damit sie wieder so frisch und munter aussehen wie an dem Tag, als sie am Kiosk auslagen.