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Musikkritik: Power to the People von John & Yoko/Plastic Ono Band

11. Oktober 2025

Gefühlt eine Ewigkeit habe ich auf die überarbeitete Version dieser Konzertaufnahmen gewartet. Zum 85. Geburtstag von John Lennon erschien eine fast komplette Aufnahme der One to One-Konzerte vom 30. August 1972. Ich bin happy, aber nur fast.

Es gibt kaum Lennon-Konzerte als offizielle Veröffentlichung. Ich hüte meine LP, Laserdisc und CD Live in New York wie meinen Augapfel. Ich mag die Atmosphäre des Konzerts zugunsten geistig behinderter Kinder im Maison Square Garden. Allerdings war die Abmischungsqualität des damaligen Albums eher bescheiden. Ich hatte immer auf eine bessere Qualität und mehr Material gehofft.

Nun ist endlich soweit: Yoko Ono hatte Erbarmen und braucht wohl wieder Geld. Jetzt ist Power to the People von John & Yoko/Plastic Ono Band erschienen. Der Sound ist wirklich grandios. Kein Vergleich zu meiner alten Aufnahme. Hier haben die Tontechniker großartige Arbeit geleistet. Neben LP erschien noch eine fette CD-/Bluray-Editon, allerdings ohne den Konzertfilm. Der soll wohl noch später kommen, um uns Fans weiter zu melken. Einige Videos wurden ja bereits veröffentlicht – wunderbare Bilder hab ich im Juli in den seltsamen Streifen One to one im Kino gesehen.

Eigentlich könnte ich jetzt zufrieden sein. Die Aufnahmen laufen am gestrigen Erstveröffentlichungstag in Dauerschleife. Ich kann mich an John Lennon erfreuen und muss Yoko One ertragen.

Das große Aber
Nun aber das große Aber: Warum sind die Aufnahmen nicht komplett? Es fehlt zum Beispiel „Woman Is the Nigger of the World“. Der Song war seinerzeit schon umstritten wegen der provokativen Ausdrucksweise, und offenbar wurde beschlossen, ihn aus dem Remix-Konzept und der neuen Zusammenstellung auszuschließen. Dabei reden wir doch von der politischen Zeit von John Lennon in New York. Viele seiner Äußerungen von damals klingen heute naiv, aber es sind für mich eindeutige Zeitdokumente aus der politischen Phase des Musikers.

Die Rechteinhaber, vor allem Sean Ono Lennon und das Lennon Estate, begründen die Entscheidung mit der gesellschaftlichen Sensibilität, Stichwort „Cancel Culture“ und mögliche Missverständnisse oder Ablehnung im Jahr 2025.

Von mir aus hätte man den Song mit einem Disclaimer versehen können, das Estate hat sich aber aus Rücksicht auf heutige Debatten dagegen entschieden. Weicheier sag ich nur.
Sonstige Lieder aus dem Album „Some Time In New York City“ wie „Angela“ und „Attica State“ werden, je nach Version, ebenfalls nicht immer berücksichtigt, insbesondere in kompakten Editionen.

Ja ich freu mich sehr über Power to The People und ärgere mich über die Zensur. Was hätte wohl der politische Lennon des Jahres 1972 dazu gesagt?

Konzertkritik: Kruder & Dorfmeister in München

15. Februar 2025

In den 90er Jahren war der Sound für mich vollkommen neu. Ich war ein Fan der traditionellen Elektronischen Musik wie TD, Kraftwerk oder JMJ. Aber war ich bei Kruder & Dorfmeister gehört habe, erweiterte mein Spektrum – und es gefiel mir verdammt gut. Nach all den Jahren konnte ich Kruder & Dorfmeister endlich live in der Isar Philharmonie München erleben – und es war ein Erlebnis.

Früher hatte man solche Musik in Clubs gehört, jetzt geht man in die Philharmonie, um diesen Sound zu genießen.

Gespielt wurde das Album „The K&D Sessions“ aus dem Jahr 1998, das inzwischen berühmt geworden ist. Es ist ein Mehrfachalbum, das hauptsächlich aus Remixen besteht und oft als Meilenstein in der elektronischen Musik bezeichnet wird. Der Sound ist eine Mischung aus verschiedenen Genres wie Dub, Jazz, Hip-Hop und elektronischer Musik. Diese Verschmelzung verschiedener Einflüsse schafft eine einzigartige Klanglandschaft, die viele Fans anzieht, wobei ich mit Hip-Hop am wenigsten anfangen konnte. Das tat der Stimmung in München aber keinen Abbruch.

Kruder & Dorfmeister sind bekannt für ihre Pionierarbeit im Downbeat- und Trip-Hop-Genre. Ihre Musik ist oft entspannt, atmosphärisch und hat einen einzigartigen, unverwechselbaren Sound. Ich habe die beiden Alben The K&D Sessions und DJ-Kicks und wenn ich in der richtigen Stimmung bin, höre ich die Musik den ganzen Tag. Das Interesse an dem Duo weckte einmal ein Bericht als ich hörte, dass Kruder & Dorfmeister ihre Sounds auf einen Atari erzeugten. Als Atari-Fan musste ich damals die Musik hören und besorgte mir eine Audio-Cassette. Sie haben gezielt auf analoge Sounds und Vintage-Equipment gesetzt, um eine organische, fast greifbare Klangtextur zu erzeugen. Damals erschien nur eine EP, die ich aber bei uns nie im örtlichen Plattenladen Sound erhalten konnte. Der Sound begegnete mir auf vielen Partys, die Musik war damals irgendwie allgegenwärtig.

Das Duo hat inzwischen zahlreiche Remixe für andere Künstler produziert, die oft als besser angesehen werden als die Originalversionen. Diese Remixe haben ihren Ruf als innovative und kreative Produzenten gefestigt.

Tage nach dem Konzert habe ich erfahren, dass der !K7-Gründer Horst Weidenmüller nach einer schweren Krankheit verstorben ist. Bei !K7 erschienen die Alben von Kruder & Dorfmeister. Sicherlich ein schwerer Schlag für die Szene. Von der Plattenfirma hieß es: „Seine Vision, Leidenschaft und Hingabe haben !K7 seit 1985 zu dem geformt, was es heute ist, und sein Vermächtnis wird uns weiterhin inspirieren.“

Als ich so in meinem Stuhl in der Isar Philharmonie saß und mein Fuß mitwippte und die Show genoss, dachte ich über die Faszination nach. Ihre Tracks zeichnen sich durch atmosphärische Klangwelten aus, die eine fast cineastische Tiefe erzeugen. Sanfte, hypnotische Beats verbinden sich mit vielschichtigen Melodien und schaffen so eine warme, immersive Soundlandschaft. Das Konzert zeigte, warum das Album The K&D Sessions als Meilenstein des Genres gilt. Wie geschickt die Musiker mit ihrem Sampling, sanften Basslines und ausgefeilten Arrangements eine einzigartige musikalische Atmosphäre erschaffen können. Ich hoffe, dass von der Tour ein Live-Album erscheint – natürlich auf Vinyl. Ich bin dabei.