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Prag (3): Wie Wagner vom Konzerthaus Rudolfinum genommen wurde

24. Oktober 2024

Als glühender Verehrer der Musik von Richard Wagner (nicht seiner Politik) war ich von einer erfundenen Geschichte über die Statuen auf der Prager Philharmonie sehr angetan.

Damit es gleich klar ist. Es ist eine erfundene Geschichte von Jiří Weil aus dem Roman Mendelssohn auf dem Dach, aber sie ist so schön skurril, dass sie eine Legende unter Wagner-Anhängern geworden ist. Aber die Geschichte ist erfunden.

Der so genannte Reichsprotektor von Böhmen und Mähren Reinhard Heydrich hatte nach der Besetzung Prags durch die Nazis das ehrwürdige Konzerthaus Rudolfinum zum „Haus der deutschen Kunst“ umwidmen lassen, da entdeckt er unter den Komponistenstatuen auf dem Dach einen Juden: Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Der SS-Anwärter Julius Schlesinger erhält den Befehl, sich um dessen Beseitigung zu kümmern. Aber das ist schwieriger als gedacht. Denn erstens ist er nicht schwindelfrei und will nicht aufs Dach. Und zweitens finden die beiden mitgebrachten Tschechen, Be vá und Stankovský, nicht heraus, wer der fragliche Mendelssohn-Bartholdy ist, denn die Statuen tragen keine Namen. Da hat Schlesinger eine Idee: Eben erst hat er gelernt, dass Juden die größten Nasen hätten. Und die größte Nase hatte nun Mal die Statue von Hitlers Lieblingskomponisten Richard Wagner. Wagner wird abgebaut und als der Fehler bemerkt wird, wird Wagner wieder aufgebaut, allerdings von deutschen Arbeitern.

Es ist eine kuriose Anekdote, die oft erzählt wird, um die Absurdität und den Fanatismus des NS-Regimes zu verdeutlichen. Die Geschichte ist allerdings erfunden und hat sich im Laufe der Zeit zu einer Art urbaner Legende entwickelt. Es gab zu keiner Zeit eine Statue von Richard Wagner auf dem Konzerthaus Rudolfinum.

Der Hintergrund dieser Geschichte ist der fanatische Antisemitismus der Nationalsozialisten und ihre Abneigung gegenüber jüdischen Künstlern, auch wenn diese zu ihrer Zeit große musikalische Beiträge geleistet hatten. Felix Mendelssohn Bartholdy war ein jüdischer Komponist, der im 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle in der Musikgeschichte spielte. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Romantik und trug zur Wiederentdeckung der Werke von Johann Sebastian Bach bei. In der Nazi-Ideologie wurde seine Kunst jedoch aufgrund seiner jüdischen Herkunft verachtet.

Diese Geschichte hat viele symbolische Implikationen und wird oft als Beleg für die Ignoranz und den fanatischen Antisemitismus des NS-Regimes herangezogen. Während der Fehler den absurden Rassismus der Nazis bloßstellt, verdeutlicht die Anekdote auch den tiefen kulturellen Hass, den die Nazis auf jüdische Künstler projizierten, ungeachtet ihres enormen Beitrags zur europäischen Kultur.