Geschickt mit viel Marketing-Power angekündigt und jetzt – endlich – erschienen. Pink Floyd Live at Pompeii – MCMLXXII. Eigentlich war von den Aufnahmen ja vieles schon bekannt, aber Steven Wilson hat nochmal an den Reglern gedreht und aus den Aufnahmen von 1971 Details herausgeholt. Ich habe mir die Vinyl-Ausgabe und den Konzertfilm auf Bluray geholt und schon in der Nacht der Veröffentlichung den Stream via Apple Music geladen.

Wie gesagt: Eigentlich bekannt, aber wieder eine deutliche Steigerung des bekannten Konzerts ohne Zuschauer in der antiken Stadt. Für so einen Sound legt man gerne seine Euro auf den Tisch, damit die lebenden Bandmitglieder Waters, Gilmour und Mason noch ein karges Auskommen haben.
Über meine bisherigen Ausgaben Laserdisc, DVD und Bluray habe ich ja bereits ausführlich gebloggt und den Wert des Konzerts für die Musikgeschichte eingeordnet.
Wenn das Album Stunde um Stunde von mir abgespielt wurde, begreife ich wieder, welch faszinierende Band dies einst war und welches Potenzial in ihr steckte. Der Sound von Pink Floyd zur Zeit von „Live at Pompeii“ (1971) war atmosphärisch, experimentell und von einer intensiven Klangarchitektur geprägt, die weit über konventionelle Rockmusik hinausging. In dieser Phase – zwischen den Alben Meddle (1971) und dem noch in Arbeit befindlichen The Dark Side of the Moon (1973) – präsentierte sich die Band auf dem Höhepunkt ihres psychedelischen und avantgardistischen Schaffens. Man hört sichtlich die Kreativität, die am explodieren ist. Der Übergang von einer psychodelischen Band zu einer Supergroup wurde hier als Zeitdokument eingefangen.

Raumwirkung
Typisch für diese Ära ist ein weiträumiger, fast cineastischer Sound, der durch den bewussten Einsatz von Hall, Echo und Raumwirkung verstärkt wird. In Live at Pompeii ist das besonders eindrucksvoll, da die Band ohne Publikum in einem antiken Amphitheater spielte, was die Musik zusätzlich mit einer gewissen Erhabenheit und Entrücktheit auflädt.
David Gilmours Gitarrenarbeit ist in dieser Zeit geprägt von langgezogenen, singenden Soli, häufig mit viel Reverb und Delay versehen, was dem Klang eine schwebende, fast außerweltliche Qualität verleiht. Seine Spielweise ist melodisch, zurückhaltend virtuos und stets atmosphärisch. Richard Wrights Keyboards – insbesondere die Orgel und der frühe Synthesizer – erzeugen dichte Klangflächen, die den Songs Tiefe und Weite verleihen. Roger Waters’ Bassspiel ist treibend und strukturell, während Nick Mason am Schlagzeug für mich der Star der Aufnahme ist, der mit wirkungsvollen Rhythmen und perkussiven Akzenten arbeitet. Auch der verlorene Drumstick ist in der überarbeiteten Filmaufnahme noch dabei. Mason, ein absoluter Profi und optisch ein wilder Mann.
Der Gesang ist oft fragmentarisch eingesetzt oder wird durch Geräuschcollagen, Klangexperimente und instrumentale Passagen ergänzt oder ersetzt. Auch der Hund in Paris ist wieder dabei. Die Kompositionen bauen sich langsam auf, steigern sich in Wellen und wirken wie musikalische Reisen. Stücke wie Echoes zeigen diese organische Struktur in Reinform – ein Klanggemälde mit psychologischer Tiefe und spiritueller Offenheit.
Für mich ist der Sound von Pink Floyd zur Zeit von Live at Pompeii ein Zwischenraum aus Rock, psychedelischer Musik, klassischer Klangarchitektur und frühem Ambient – introspektiv, hypnotisch und künstlerisch radikal. Es ist Musik, die nicht nur gehört, sondern erlebt wird. Der Kauf der Neuaufnahme Pink Floyd Live at Pompeii – MCMLXXII auf Vinyl und Bluray hat sich für mich gelohnt.
