Posts Tagged ‘Multimodal Computing and Interaction’

Avatare lassen für deutsche Gehörlose das Internet sprechen

14. Oktober 2014
Saarbrücker Informatiker entwickeln ein Verfahren, bei dem Avatare Inhalte in Gebärdensprache wiedergeben sollen. Die Forscher arbeiten dabei mit Peter Schaar (im Bild) zusammen. Der Gehörlose ist Dozent für Gebärdensprache. Foto: AG Heloir

Saarbrücker Informatiker entwickeln ein Verfahren, bei dem Avatare Inhalte in Gebärdensprache wiedergeben sollen. Die Forscher arbeiten dabei mit Peter Schaar (im Bild) zusammen. Der Gehörlose ist Dozent für Gebärdensprache. Foto: AG Heloir

Das Internet eröffnet neue Welten – für alle. Ich selbst habe ein Augenleiden und ich diktiere viele meiner Texte via Siri. Ich kenne Blinde, die das Netz nutzen und auch Rollstuhlfahrer haben durch das Netz neue Möglichkeiten. Ich gebe oft Seminare für Behindertenorganisationen, Elternorganisationen für Behinderte und in Bayern für Bezirke. Im Moment bin ich auf ein interessantes Projekt für Gehörlose gestoßen.
Ich glaube, dass es für Gehörlose schwer ist, eine Sprache zu erlernen, die auf Lauten beruht, die sie nicht hören können. Daher hat ein Großteil von ihnen wohl Schwierigkeiten mit der Schriftsprache und damit, Texte zu lesen und zu verstehen. So bleiben ihnen auch die Inhalte der meisten Webseiten verschlossen. Das wollen Saarbrücker Informatiker mit einem Verfahren ändern, bei dem künstliche Online-Charaktere Inhalte in Gebärdensprache wiedergeben. Langfristig sollen Gehörlose die aus handelsüblichen Geräten bestehende Technik selber nutzen, um sich per Online-Plattform mittels Gebärdensprache auszutauschen.
Gebärdensprache wurde erst sehr spät, in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als Sprache anerkannt. Wie die gesprochene Sprache auch hat sie sich aus unterschiedlichen Kulturen heraus entwickelt. So gibt es in jedem Land eine eigene Gebärdensprache mit vielen Dialekten, die auf anderen Regeln als die gesprochene Sprache basiert. In Deutschland lernen Gehörlose als Muttersprache die Deutsche Gebärdensprache. Für sie ist schwer, das gesprochene Deutsch als zweite Sprache zu lernen. Daher haben Gehörlose in Deutschland nach dem Schulabschluss Schwierigkeiten, Texte zu lesen und zu verstehen. Auch wenn auf einigen Webseiten Filme existieren, in denen Gebärdensprachdolmetscher Texte übersetzen, bleiben den Gehörlosen dennoch etliche Inhalte des Internets verschlossen. Um Gehörlose schnell an Orten zu informieren, an denen es keine Dolmetscher gibt, arbeiten Forscher an neuartigen Verfahren, Inhalte bereitzustellen. Ein Ansatz: Avatare. Die künstlichen Charaktere könnten etwa bei Ansagen am Bahnhof oder auf Webseiten zum Einsatz kommen.
„Wir haben bereits erste Erfahrungen mit Avataren gesammelt“, erklärt Alexis Heloir, der am Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ die Nachwuchsgruppe „Sign Language Synthesis and Interaction“ leitet und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz forscht. „Wenn wir versuchen, sie wie Menschen zu animieren, haben Gehörlose Probleme sie zu verstehen.“ Der Forscher vermutet, dass es an der Vielfalt der emotionalen Ausdrucksformen liege, die bei Menschen doch größer sei als bei Avataren. Um dieses Problem zu umgehen, erschaffen die Saarbrücker Informatiker um Alexis Heloir und Fabrizio Nunnari Avatare, die in übertriebener Art artikulieren. Dabei arbeiten sie eng mit Peter Schaar zusammen. Der Gehörlose ist als Dozent für Deutsche Gebärdensprache am Sprachenzentrum der Saar-Uni und der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken tätig.
„Unsere Technik soll relativ preiswert und einfach zu bedienen sein, damit sie jeder Gehörlose nutzen kann“, sagt Fabrizio Nunnari. Um die Bewegungen des Gehörlosen zu erfassen, setzen die Wissenschaftler daher auf kostengünstige Kameras und Sensoren, mit denen Jugendliche bereits Videospiele steuern. Ein Rechenverfahren überträgt die Bewegungen des kompletten Körpers auf den Avatar. Langfristig möchten die Forscher mit diesem Verfahren auch eine Sammlung an kurzen Gebärdensprach-Sequenzen erstellen, mit denen Gehörlose auf einer Online-Plattform ihre eigenen animierten Charaktere erschaffen können, um sich im Netz auszutauschen.

Social Media: So verbreiten sich Infos in Netzwerken – der mathematische Beweis

26. Mai 2012

Dass sich Neuigkeiten innerhalb sozialer Netzwerke rasend schnell verbreiten, ist jetzt wirkliche keine Neuigkeit. Aber jetzt gibt es den mathematischen Beweis dafür von der Uni Saarland, aber so richtig kapiert habe ich nicht, muss ich zugeben.

„Es ist faszinierend“, sagt Tobias Friedrich vom Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“. Bisher habe man immer vermutet, dass das unkontrollierte Wachsen in einem sozialen Netzwerk eine Struktur fördere, über die sich Informationen sehr schnell verbreiten lassen. „Wir können das nun mathematisch nachweisen“, erklärt Friedrich, der im Exzellenzcluster die Nachwuchsgruppe „Random Structures and Algorithms“ leitet.

Zusammen mit seinen Forscher-Kollegen Benjamin Doerr, Honorarprofessor für Algorithmen und Komplexität an der Saar-Uni, und dessen Doktoranden Mahmoud Fouz wies er nach, dass sich die Informationen in sozialen Netzwerken noch schneller verbreiten, als in Netzwerken, in denen jeder mit jedem kommuniziert, oder deren Struktur völlig zufällig gewachsen ist.

Grund dafür, so die Forscher, sei das Zusammenspiel zwischen sehr gut und gering vernetzten Personen. „Eine gering vernetzte Person hat natürlich viel schneller ihre wenigen Kontakte informiert“, so Friedrich. Es sei jedoch auch nachweisbar, dass sich unter solchen Kontakten immer sehr gut vernetzte Personen befinden, die wiederum von sehr vielen Personen angefragt würden. Auf diese Weise werde in rasender Geschwindigkeit jeder über die Neuigkeit informiert, so Friedrich. Um das Beziehungsgeflecht in einem realen sozialen Netzwerk zu abstrahieren, nutzten die Forscher sogenannte „Preferential Attachment Graphs“ als Netzwerk-Modell. Es beruht auf der Annahme, dass sich neue Mitglieder eher mit bereits bekannten Personen vernetzten als mit unbekannten. Der Kommunikation legten sie ein Modell zugrunde, nach dem jede Person in gleichen Zeitabständen Informationen abfragt und angefragt wird, niemals aber erneut bei dem zuvor genutzten Kontakt.

Der mathematische Beweis, so Friedrich, umfasse rund 12 Seiten. Verständlicher erklären die Saarbrücker Informatiker ihre Beweisidee im Artikel „Why Rumors Spread Fast in Social Networks“, der im kommenden Juni in der Fachzeitschrift „Communications of ACM“ erscheint. Die dort veröffentlichten Artikel werden vorab von unabhängigen wissenschaftlichen Gutachtern überprüft.

Wer die Beweisidee nachvollziehen will, kann das gerne hier tun – und mir es dann noch einmal erklären.