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Ein Groschen voller Träume – die Magie des Novomat

9. Oktober 2025

Ich bin kein großer Fan von Geldspielautomaten, aber als ich den Novomat bei einer Veranstaltung entdeckte, wurde ich schwach. Ein Novomat ist ein Stück Spielhallen-Geschichte – ein mechanischer Geldspielautomat aus der frühen Zeit der Firma Novomatic (die damals noch unter „Novo-Mat Apparatebau“ auftrat).

Solche Geräte gehörten zu den klassischen Unterhaltungsautomaten, wie man sie in Gaststätten, Kneipen oder kleinen Spielsalons der 1950er Jahre fand. Typisch für diese Geräte war noch die rein mechanische Technik – Zahnräder, Federn, Walzen und Hebel bestimmten das Spielgeschehen, Elektronik kam erst Jahre später dazu. Die Automaten waren laut, rasselten und klackerten beim Spielbetrieb – was zu ihrem besonderen Charme beitrug. Der Spieler warf Münzen ein (z. B. 10 Pfennig oder 1 DM), zog an einem Hebel oder drückte einen Startknopf. Die Mechanik setzte dann Walzen, Scheiben oder Zeiger in Bewegung.

Der Automat hatte eine tolle Geschichte. Meine Gedanken gingen auf Reisen. In den rauchigen Bars und belebten Tanzlokalen der Nachkriegszeit hielt Mitte der 1950er-Jahre ein neues mechanisches Wunder Einzug: der Novomat-Spielautomat. Dieses Gerät, im Volksmund auch als „einarmiger Bandit“ bekannt, zog die Gäste mit blinkenden Zahlen und verheißungsvollem Geklingel in seinen Bann. Man stelle sich die Szene vor: In einer Ecke der Kneipe steht der Novomat, ein hölzerner Kasten mit verchromten Zierelementen und einer gläsernen Front, hinter der drei Walzen mit Symbolen rotieren. Beim Ziehen des seitlich angebrachten Hebels – gekrönt von einem runden Knauf – setzt ein sattes Klack die feinmechanische Maschinerie in Gang. Für einen Augenblick hält jeder in der Nähe den Atem an, während ein leises Rattern und Klicken aus dem Inneren ertönt. Dann, nach einer kleinen Ewigkeit von vielleicht 15 Sekunden, kommen die Walzen nacheinander zum Stillstand und zeigen ihr Ergebnis . Mit etwas Glück poltert eine Handvoll Münzen in die Auszahlschale und das metallische Klimpern erfüllt den Raum – ein Geräusch, das in den 50ern unweigerlich für Begeisterung sorgte.

Ein originaler Novomat-Spielautomat aus den 1950er-Jahren. Das Gehäuse aus Holz mit Sichtfenster für die Walzen und verchromten Bauteilen verleiht dem Gerät den zeittypischen Charme dieser Ära.

Einfallsreichtum
Technisch gesehen verkörpert der Novomat den ganzen mechanischen Einfallsreichtum seiner Zeit. In seinem Inneren arbeitete er rein mechanisch, vollkommen ohne Elektronik – jedes Geräusch, jeder Ablauf entstand durch Zahnräder, Federn und Hebel. Der Spieler warf eine 10-Pfennig-Münze ein, wodurch das Gerät entriegelt wurde . Ein kräftiger Zug am Hebel spannte Federn und setzte die Walzen in Rotation. Anders als bei heutigen Automaten konnte man den Spielverlauf hier noch spüren: Den leichten Widerstand des Hebels, das Rucken der Mechanik und das surrende Auslaufen der Walzen. Eine Besonderheit des Novomat war die Möglichkeit, das Spiel selbst minimal zu beeinflussen. So verfügte er – im Gegensatz zu früheren Geräten – über eine Nachstart-Funktion: Der Spieler konnte nach dem ersten Drehen eine der Walzen gezielt nochmals in Bewegung setzen, um die Gewinnchancen zu erhöhen. Dieses kleine Element von Geschicklichkeit verlieh dem Spiel einen zusätzlichen Reiz und füllte zugleich die vorgeschriebene Mindestspieldauer von 15 Sekunden mit Spannung.

Die Gewinnmöglichkeiten waren zwar bewusst begrenzt – auf maximal das Zehnfache des Einsatzes, also 1 DM – doch genau diese Bescheidenheit passte zur Zeit. In einer Ära, in der das Wirtschaftswunder langsam Fahrt aufnahm, bedeutete ein Gewinn von einer Mark bereits eine kleine Sensation und die Hoffnung, dass das Glück einem lacht, selbst wenn es nur ein paar Groschen waren.

Auch kulturell strahlte der Novomat einen besonderen Reiz aus. In den vom Krieg gezeichneten 50er-Jahren sehnte man sich nach Ablenkung, nach ein wenig Glanz und Spannung im Alltag. Der Novomat lieferte genau das: Er vereinte den technischen Charme eines präzise gebauten Geräts mit dem aufregenden Versprechen des Zufalls. Wenn abends die Jazz- und Rock’n’Roll-Klänge aus der Jukebox erklangen und die Tanzfläche lebendig wurde, bildeten sich nicht selten Trauben von Neugierigen um den Spielautomaten. Für einige Minuten konnte man alles um sich vergessen – jeder Hebelzug erzählte eine eigene kleine Geschichte von Risiko und Hoffnung. Das leuchtende Ziffernfeld und das kunstvoll gestaltete Zählwerk zogen die Blicke auf sich, während der Gedanke mitspielte: Vielleicht trifft die Walze diesmal die richtige Kombination? Die Faszination, die solche Geräte auslösten, war universell. Vom Fabrikarbeiter bis zum Geschäftsmann – alle konnten sich gemeinsam über einen Gewinn freuen oder augenzwinkernd das Pech teilen. In Kneipen und Tanzlokalen wurden durch den Novomat fremde Leute zu Mitfiebernden, man lachte und staunte gemeinsam, wenn die Münzen klingelnd aus dem Auswurfschacht schossen.

Hergestellt wurde der Novomat von der Berliner Firma Günter Wulff Apparatebau, die in jenen Jahren zu den Pionieren der deutschen Automatenindustrie zählte . Bereits 1953 hatte Günter Wulff mit dem Rotomat den ersten vollmechanischen Drei-Walzen-Geldspielautomaten der Nachkriegszeit herausgebracht. Der Novomat folgte 1954 und wurde mit über 26.000 produzierten Exemplaren zum erfolgreichsten Modell seiner Art. Kaum ein Imbiss oder eine Gastwirtschaft, in der nicht irgendwann ein Novomat an der Wand hing oder auf dem Tresen thronte. Sogar über die Landesgrenzen hinaus fand das Gerät Verbreitung – es war sinnbildlich für den Aufbruch und die neue Vergnügungslust jener Zeit.

Die Firma Wulff traf mit dem Novomat genau den Nerv der Gesellschaft: Unterhaltung für wenig Geld, greifbare Technik zum Anfassen und die aufregende Möglichkeit, mit einem simplen Groschen den kleinen Jackpot zu knacken. Gleichzeitig achtete man streng auf Regeln: Damit das Spiel ein harmloses Vergnügen blieb, galten strenge Auflagen. Die Behörden erlaubten solche Geräte nur unter der Bedingung, dass der Einsatz gering blieb und die Ausschüttungsquote fair war. Tatsächlich mussten Automaten wie der Novomat mindestens 60 % der eingeworfenen Beträge als Gewinne wieder auszahlen – genug, um die Spieler bei Laune zu halten, aber nicht so viel, dass jemand ein Vermögen verlor. So etablierte sich der Novomat als Freizeitbeschäftigung der kleinen Leute: Ein kurzes Spiel nach Feierabend, ein paar Pfennig Einsatz, und mit etwas Glück ein paar Münzen mehr in der Tasche oder zumindest eine gute Geschichte für den Heimweg.

Die Präsenz des Novomat prägte das Freizeitverhalten der 1950er-Jahre nachhaltig. Er war mehr als nur ein Automat – er war ein Stück Zeitgeist. In einer Epoche, die von Aufbruchsstimmung und dem Wunsch nach Vergnügen geprägt war, symbolisierte das aufleuchtende, klingelnde Gerät die neu gewonnene Leichtigkeit des Seins. Jung und Alt standen davor, oft mit glänzenden Augen, und ließen sich von der Mischung aus Technik und Glücksspiel verzaubern. Viele Jugendliche jener Zeit erinnerten sich später daran, wie sie fasziniert den Erwachsenen beim Spielen zusahen, vom bunten Walzendrehen hypnotisiert, während sie selbst noch nicht alt genug waren, um mitzuspielen. Der Novomat stand in Eckkneipen neben dem Stammtisch, in Tanzcafés neben der Theke und sogar in manchem Bahnhofsbuffet – überall dort, wo Menschen zusammenkamen, um ihre Sorgen für einen Moment zu vergessen und sich dem kleinen Nervenkitzel hinzugeben. Manche Wirte berichten rückblickend, dass der Automatenplatz heiß begehrt war: Man traf sich am Novomat, wartete geduldig auf seinen Einsatz und fieberte bei jedem Spiel der anderen mit. So schuf der Apparat eine ganz eigene Gemeinsamkeit im Spiel, die in den Nachkriegsjahren von unschätzbarem Wert war.

Heute, viele Jahrzehnte später, haftet dem Novomat ein nostalgischer Glanz an. Die meisten dieser Maschinen haben die Zeit nicht unbeschadet überstanden – zu verlockend war es für Betreiber und Hersteller, die Mechanik weiterzuverwenden und alte Gehäuse zu neuen Geräten umzubauen. Trotz der einst hohen Stückzahlen sind daher nur noch vergleichsweise wenige Novomaten im Originalzustand erhalten . Wer jedoch das Glück hat, ein solches Exemplar in einem Sammlerkreis oder Museum zu sehen, spürt sofort die Aura der 50er-Jahre. Abgeblätterter Lack in Hammerschlag-Blau, abgenutzte Hebel und matte Glasscheiben erzählen von ungezählten Berührungen und hoffnungsvollen Momenten vor dem Automaten. Restauratoren und Liebhaber widmen sich mit Hingabe diesen historischen Geräten, bringen die Mechanik behutsam wieder zum Laufen und lassen die Walzen erneut drehen. So lebt der Geist des Novomat weiter: als mechanisches Märchen aus einer Zeit, in der schon ein einziger Groschen große Träume entfachen konnte. Mit jedem Klicken, Rattern und Klingeln führt uns der Novomat zurück in jene Ära – in die Nachkriegsjahre, als Technik und Hoffnung Hand in Hand gingen und ein einfacher Spielautomat namens Novomat die Menschen für einen Augenblick die Welt um sich vergessen ließ.