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Meine ersten Bücher zu Bob Dylan – Erinnerungen an seinem 84. Geburtstag

24. Mai 2025

Heute feiert der Meister seinen 84. Geburtstag und wahrscheinlich wird Bob Dylan auf Tour sein und nimmt sich vielleicht eine kleine Auszeit. Ich bin seit den achtziger Jahren ein glühender Fan von His Bobness und wünsche ihm natürlich alles Gute. Wenn möglich besuche ich die Konzerte von ihm und es wird gemunkelt, dass er im Herbst 2025 nochmals nach Berlin kommt. Ich hatte mich eigentlich aufgrund seines hohen Alters schon 2024 von ihm bei einem Konzert in Nürnberg verabschiedet.

Über die musikalische Dimension und Einfluss des Literaturpreisträgers wurde schon viel geschrieben. Ich will einen persönlichen Blick auf das Phänomen Bob Dylan werfen und habe mir aus meiner umfangreichen Bibliothek ein paar Bücher herausgesucht, mit dem ich mich anfangs dem Song and Dance-Man genähert habe. Viele, viele Bücher sollten folgen, aber dies waren meine ersten.

Bob Dylan und die sechziger Jahre von Mathias R. Schmidt
Im September 1983 erwarb ich das Buch Bob Dylan und die sechziger Jahre von Mathias R. Schmidt. Mathias R. Schmidts Werk Bob Dylan und die sechziger Jahre – Aufbruch und Abkehr ist ein bedeutender Beitrag zur Popkulturforschung und gilt als eine der ersten literaturwissenschaftlichen Studien über Bob Dylan im deutschsprachigen Raum. Ursprünglich als Dissertation verfasst, wurde das Buch 1983 in einer überarbeiteten Fassung im Fischer Taschenbuch Verlag veröffentlicht.

Schmidt analysiert Dylans sogenannte „message songs“ aus den Jahren 1962 bis 1969 und ordnet sie in den soziohistorischen Kontext der 1960er Jahre ein. Dabei gelingt es ihm, die Verbindung zwischen Dylans Liedtexten und den politischen sowie gesellschaftlichen Umbrüchen dieser Zeit herauszuarbeiten. Besonders hervorzuheben ist Schmidts Fähigkeit, komplexe Inhalte verständlich und stilistisch ansprechend zu vermitteln.

Die Studie zeichnet sich durch ihre fundierte Recherche aus, die unter anderem auf mehreren Forschungsaufenthalten in den USA basiert. Schmidt führt Interviews mit Experten und nutzt vielfältige Quellen, um ein umfassendes Bild von Dylans Werk und dessen Bedeutung für die anglo-amerikanische Tradition des sozialkritischen Liedes zu zeichnen. Das war mein Einstieg in die Droge Dylan.

Bob Dylan wie er sich selbst sieht herausgegeben von Miles und Pearce Marchbank
Dann fiel mir das Buch Bob Dylan wie er sich selbst sieht von 1978 in die Hände.
Das Buch erschienen bei Bastei Lübbe bietet einen faszinierenden Einblick in die Gedankenwelt des legendären Musikers. Das Buch versammelt Interviews, Zitate und Fotografien, die Dylans Selbstwahrnehmung und künstlerische Entwicklung bis Ende der 1970er Jahre dokumentieren.

Die Sammlung ist besonders wertvoll für Leser, die sich für Dylans Perspektiven auf seine Musik, seine Rolle in der Gesellschaft und seine persönlichen Erfahrungen interessieren. Die authentischen Aussagen ermöglichen es, den Künstler jenseits von Interpretationen und Mythen zu erleben.nAllerdings sollte man beachten, dass das Buch keine umfassende Biografie darstellt. Es konzentriert sich auf ausgewählte Aussagen und Momentaufnahmen, was einen tieferen Kontext manchmal vermissen lässt. Dennoch bietet es einen einzigartigen Zugang zu Dylans Selbstbild und ist somit eine lohnende Lektüre für Fans und Interessierte. Es ist eher ein Fan-Buch als wirkliche Information.

Bob Dylan – Drei Interviews 1977/78
Das Buch war ein wirkliches Fanbuch und wertvoll im analogen Papierzeitalter ohne Internet und YouTube. Bob Dylan – Drei Interviews 1977/78 ist eine Sammlung von drei Gesprächen mit dem Musiker, die einen tiefen Einblick in seine Gedankenwelt während einer kreativen Umbruchphase bieten. Die Interviews mit Jonathan Cott (Dezember 1977), Phil Beaver (März 1978) und Craig McGregor (April 1978) wurden 1978 im Renaldo Charpentier Ku Verlag veröffentlicht. Es ist auf Schreibmaschine geschrieben, hat einen schrecklichen Satz und ist absolut nur etwas für Hardcor-Fans.

In diesen Gesprächen reflektiert Dylan über seine Musik, seine Identität und seine künstlerischen Entscheidungen, insbesondere im Kontext seines Films Renaldo and Clara. Die Interviews zeichnen sich durch ihre Offenheit und Tiefe aus, wobei Dylan sowohl persönliche als auch philosophische Themen anspricht.

Für Dylan-Enthusiasten und Musikinteressierte bietet dieses Buch eine wertvolle Perspektive auf den Künstler in einer entscheidenden Phase seiner Karriere. Die Sammlung ist nicht nur historisch interessant, sondern auch literarisch ansprechend und bietet einen authentischen Einblick in Dylans Denkweise.

Bob Dylan – Der Messias der Rock-Generation von Michael Gross
Ein oberflächliches Buch, erschienen in der damals populären Heyne Discothek, das 1978 in den USA und 1980 in Deutschland erschienen ist. Insgesamt ist Bob Dylan – Der Messias der Rock-Generation eine ansprechende Einführung in Dylans frühe Jahre, die besonders durch ihre visuelle Aufbereitung besticht. Für Leser, die einen tiefergehenden Einblick in Dylans Werk und Einfluss suchen, ist das Buch jedoch zu oberflächlich sein. Die Analyse von Dylans Werk bleibt eher oberflächlich und kratzt oft nur an der Oberfläche seiner komplexen Persönlichkeit und Musik.

Reunion Sundown – Bob Dylan in Europa von Günter Amendt
Reunion Sundown ist eine Reportage von Günter Amendt über Bob Dylans Europa-Tournee im Jahr 1984, erschienen in meinem damaligen Lieblingsverlag 2001. Amendt, ein deutscher Sozialwissenschaftler und Autor, begleitet Dylan auf dieser Tour und bietet einen persönlichen Einblick in das Geschehen. Das Buch zeichnet sich durch eine Mischung aus Beobachtungen, Reflexionen und Kommentaren aus. Amendt versucht, Dylans Musik und Auftritte im Kontext der europäischen Kultur und Politik zu interpretieren. Dabei fließen auch eigene politische Ansichten und gesellschaftskritische Gedanken ein.
Einige Leser schätzen die subjektive Herangehensweise und die tiefergehenden Analysen, während andere eine klarere Struktur und mehr Fokus auf die musikalischen Aspekte vermissen. Die Sprache ist anspruchsvoll und setzt ein gewisses Vorwissen über Dylan und die damalige Zeit voraus.

Meine Meinung: Bob Dylan erhält den Literaturnobelpreis 2016

14. Oktober 2016

Die Nachricht erreichte mich als Breaking News während meines Referats bei einer Lehrerfortbildung. Bob Dylan erhält den Literaturnobelpreis 2016. Ich musste grinsen, ich freute mich. Nach all den Jahren in denen Dylan immer wieder im Gespräch war, wurde ihm nun von den Schweden die Ehre zu Teil. Seine Reaktion würde mich interessieren. Wahrscheinlich war er wie seit Jahren mit seiner Band auf seiner Neverending Tour und ihm wurde hinter der Bühne die Nachricht zugesteckt. Und wahrscheinlich genuschelt zugestimmt und hat dann seine Show als Song- and Danceman weitergeführt.
Und das bringt mich auch zum Thema. Ich freue mich wirklich, das Bob Dylan diesen Literaturnobelpreis erhalten wird. Er hat es absolut verdient und ich habe gestern mit einem Glas Wein auf diese Auszeichnung angestoßen und ein paar Dylan Songs gehört.
Als erstes dachte ich, Dylan bekommt den Preis für sein gedrucktes Werk. Ich holte mal wieder sein Buch Tarantula aus dem Jahr 1971 hervor und versuchte sein Buch zu lesen. Ich hangelte mich von Wort zu Wort, von Absatz zu Absatz, aber mir erschloss sich diese Lyrik nur schwer. Die gedruckten Gedichte von Leonard Cohen liebe ich, aber diese Lyrik von Dylan? Ich fragte mich, sollte Dylan dafür ernsthaft den Literaturnobelpreis bekommen? Tarantula ist für mich absolut schwer verdauliche Kost. Und so schaute ich nach, wie die Begründung der Jury lautete. Und diese Begründung versöhnte mich: The Nobel Prize in Literature for 2016 is awarded to Bob Dylan „for having created new poetic expressions within the great American song tradition“. Der Nobelpreis in Literatur des Jahres 2016 wird Bob Dylan verliehen „für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“.

Die Website der Schweden.

Die Website der Schweden.

Doch welcher Bob Dylan-Maske wird eigentlich dieser Preis verliehen? Das ist doch die Frage. Dylan hat so viele Phasen, so viele Gesichter, so viele Masken, dass der Mensch dahinter nicht greifbar wird. Wer ist dieser Bob Dylan eigentlich? Seine Lyrik zieht sich durch Jahrzehnte, aber er hat sich immer wieder radikal verändert. Begonnen als Rock’n Roller, dann erfolgreich als Folkie, dann wieder elektrisch Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit epochalen Alben. Es folgte die Hinwendung zum Country, die Erschaffung des Folk Rocks, dann des Country Rocks, und dann wieder ein Abdriften in puren reaktionären Country. Auch dabei war ein Exkurs Richtung Schlager, mit musikalische Hochphasen während seiner Scheidung, ein Ausflug nach Las Vegas und dann entwickelte er eine Power als reisender musikalischer Zigeuner. Oder bekommt Dylan den Preis für seine Maske, als er überraschend eine Hardliner Phase als religiöser Prediger und wiedergeborener Christ annahm? Sie wiederum wurde gefolgt von den Phasen als Rocker, dann als Blueser, dann wieder als Rocker. Heute ist Bob Dylan ein Gesamtkunstwerk, das auf der Bühne kaum aktiv zum Publikum spricht. Seine einzige Kommunikation sind seine Lieder, die inzwischen fast zum Volkslied mutierten. Aber Dylan ist weit entfernt vom Best-of-Musikant, sondern er interpretiert seine Lieder und Texte neu, variiert, streckt, zerreißt die Lieder. Mal bellt er sie als Punk heraus, dann interpretiert er sie herzzerreißend. Ein Dylan-Konzert ist immer ein Erlebnis, so oder so.
Ich bin sehr gespannt, wie und ob Dylan den Preis entgegen nehmen wird. Außer Thank you wird er nix sagen und so die vorangegangenen Literaturen bloßstellen, die lange Plädoyers über ihr jeweiligen Werk abgegeben haben. Als ihm sein Präsident Obama einen der höchsten Ordnen der USA umhängt, trug der Meister eine dunkle Sonnenbrille und sagte nichts. Oder er karikiert seinen Auftritt wie 1991 beim Grammy Lifetime Achievement Award mit einer vermeintlich wirren Rede, deren Gehalt erst viel später erkannt wurde. Wir können gespannt sein. Gewiss ist nur, dass Bob Dylan anschließend weiter auf Tour gehen wird, um seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition weiter zu pflegen. Herzlichen Glückwunsch Bob Dylan.

 

Hier nochmal die offizielle Verkündigung: Applaus für Dylan