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Urlaub in Südtirol (3/10): Andere Zeiten, andere Urlaubsgewohnheiten

26. August 2009

Gemeinschaft in Südtirol

Bei einem, zwei Gläschen Kalterersee, dem lokalen süffigen Rotwein, erzählte uns unsere Wirtin, wie sich der Tourismus in Burgeis in Südtirol verändert hat. Es waren vor zwanzig Jahren zumeist deutschsprachige Gäste in den Pension, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Heute ist Südtirol als jüngster Teil Italiens von den Italienern entdeckt worden, die natürlich auch die wunderbare Gegend genießen. Für die Bevölkerung ist dies grundsätzlich kein Problem. Die Südtiroler sprechen deutsch und italienisch fließend. Unter sich unterhalten sich die Südtiroler aber nach wie vor in deutsch – obwohl ich Schwierigkeiten hatte den Gesprächen im doch sehr eigenen Dialekt exakt zu folgen. Deutsch ist doch eine schwere Sprache.

Früher konnte man sich auf die Treue seiner Gäste verlassen. Viele kamen seit Jahren in die gleiche Pension zum Entspannen. Nur keine Experimente. Es ist wie bei der Sparkasse. Legte man dort einmal sein Geld an, blieb man sein Leben lang dabei und das über Generationen hinweg. Ein Wechsel war so gut wie unmöglich. Genauso verhielt es sich mit dem Urlaub. Man fuhr an den gleichen Urlaubsort, am besten in die gleiche Pension oder den gleichen Campingplatz. Am besten war es noch, wenn man das gleiche Zimmer wie im Vorjahr beziehen konnte. Alles hatte seine Ordnung. Alles hatte seinen Platz. Bei der Abreise buchte der treue Urlauber gleich für das nächste Jahr vor: Gleicher Zeitraum, gleiches Zimmer, gleiches Wetter bitteschön.

Verändert hat sich auch die Gemeinschaft unter den Gästen. In unserer Pension ist der Frühstücksraum nur zum Frühstück belegt. Abends findet sich dort kein Gast mehr ein. Der Raum mit seinen Tischen und Bänken war früher ein Gemeinschaftsraum. Nach dem Wandern trafen sich die Gäste auf eine Flasche Wein. Sie erzählten sich Geschichten von ihren Erlebnissen und tauschten Erinnerungen aus. Wenn die Stimmung richtig gut war, dann beschwor die Gemeinschaft die Südtiroler Gastlichkeit. Es wurde zusammen gesungen und musiziert. Heute kann kaum einer der jüngeren Gäste wohl ein Volkslied. Ich hätte vielleicht die Beatles zu bieten, deren Lieder für mich eine Art Volksmusik der Moderne geworden sind. Bei „Hoch auf dem gelben Wagen“ oder „Des Wandern ist des Müllers Lust“ komme ich mangels Textkenntnisse nicht über die erste Strophe hinaus.

Die Verlässlichkeit der Gäste hat sich verändert. Die wenigsten buchen ein Jahr im voraus und bleiben auch nicht mehr drei Wochen am Stück. Spontanurlaube sind heute angesagt. Mir fällt am Mittwoch ein, dass ich das Wochenende in Südtirol verbringen möchte und buche am Donnerstag dann eine Pension und reise am Freitag an. Ich verbringe in der Regel auch keine drei Wochen mehr im Urlaub. Rein, was erleben und wieder nach Hause. Ein Kollege nannte diese Art von Wochenendurlaub mit Bergsteigen, Wandern oder Radeln neulich „aktive Entspannung“. Netter Ausdruck für Freizeitstress.

Herzogstand bestiegen

30. September 2008

Meine Schwägerin hat folgendes meinem Sohn versprochen: Zum sechsten Geburtstag besteigen wir gemeinsam einen Berg. Gesagt, getan. Ziel war der Herzogstand. Der Herzogstand ist ein Berg in den Bayerischen Voralpen mit 1.731 m ü. NN nordwestlich des Walchensees. Ich war ganz baff, wie der kleine Mann mit Rucksack den Berg hinaufstampfte. Zack, zack, zack und oben war er. Oben haute er sich Apfelschorle und geschmierte Semmeln rein. Er war so begeistert, dass er gleich den Martinskopf daneben auch noch erklimmte. Ich bin ein richtig stolzer Papa. Der Weg war immer wieder mit farbigen Markierungen gekennzeichnet, damit wir Wandersmänner nicht vom Weg abkommen Mein Schwager, ein alter Bergsteiger vor dem Herrn,  erzählte mir, dass er Idioten gibt, die die bunten Markierungen mit grauer Farbe überstreichen, damit sich die Wanderer verirren. Das ist es gefährlich, vor allem bei Nebel, der plötzlich aufziehen kann. Aber es sollte noch schlimmer kommen. So gibt es Irre, die die Sicherungshaken ansägen, damit man sie nicht mehr benutzen kann. Das ist schon kriminell. Der Grund wird wohl ein Protest gegen die intensive Nutzung der Berge durch den Tourismus sein. Aber das geht zu weit.