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Die älteste Stimme Schottlands – St. Margaret’s Chapel: Ein Ort für leise Gebete – Die Seele von Edinburgh Castle

11. Juli 2025

Die St. Margaret’s Chapel auf dem Gelände von Edinburgh Castle ist nicht nur das älteste erhaltene Gebäude der schottischen Hauptstadt, sondern auch ein Ort voller symbolischer Kraft und historischer Tiefe. Trotz ihrer geringen Größe und schlichten Bauweise strahlt die Kapelle eine stille Würde aus, die bis heute Besucher aus aller Welt berührt. Ich habe mich eine halbe Stunde in den Raum gesetzt, die Touristen beobachtet und hing meinen Gedanken nach.

Eine Kapelle aus der Zeit der Königinnen
Erbaut wurde die Kapelle zu Ehren der heiliggesprochenen Königin Margarete von Schottland, einer angelsächsischen Prinzessin und der Gemahlin von König Malcolm III. Nach ihrem Tod im Jahr 1093 ließ ihr Sohn David I. in den Jahren nach 1130 das kleine Gotteshaus errichten. Die Kapelle war damit ein privater königlicher Andachtsraum, vermutlich genutzt für stille Gebete, Taufen und Abschiede – ein Ort innerer Einkehr inmitten der damals mächtigen Burganlage.

Königin Margarete selbst war eine fromme, wohltätige Frau, die großen Einfluss auf die kirchliche Reform in Schottland nahm. Sie wurde 1250 von Papst Innozenz IV. heiliggesprochen und gilt bis heute als eine der bedeutendsten religiösen Gestalten der schottischen Geschichte. Ihre Verehrung verleiht der Kapelle bis heute eine besondere Aura der Heiligkeit und des Gedenkens. Horden von Touristen wollen den Raum besichtigen und viele sind enttäuscht von der Schlichtheit.

Romanische Architektur in Miniatur
Die St. Margaret’s Chapel ist ein Paradebeispiel für romanische Sakralarchitektur im Kleinformat: Der Bau misst nur etwa sechs Meter in der Länge und knapp vier Meter in der Breite. Die dicken Mauern, das rundbogige romanische Fenster und das kleine Tonnengewölbe im Inneren schaffen eine intime, fast geschützte Atmosphäre. Die Kapelle wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach restauriert, unter anderem im 19. Jahrhundert durch Königin Victoria, die großes Interesse an der Geschichte Schottlands zeigte.

Trotz der Restaurationen ist der ursprüngliche Charakter weitgehend erhalten geblieben – auch weil die Kapelle jahrhundertelang unberührt blieb. Während Edinburgh Castle wechselnde militärische und politische Rollen spielte, blieb die Kapelle vergessen, überbaut und zweckentfremdet – bis man sie im 19. Jahrhundert wiederentdeckte und als historischen Schatz erkannte.

Die Fenster
Lange habe ich mir die Fenster angesehen: In der St. Margaret’s Chapel auf Edinburgh Castle befinden sich fünf kunstvoll gestaltete Glasfenster, die 1922 von dem renommierten Glasmaler Douglas Strachan geschaffen wurden. Die Motive sind:

St. Margaret von Schottland – Die Namenspatronin der Kapelle. Ihr Bildnis zeigt die heilige Königin in würdevoller Haltung und erinnert an ihren Einfluss auf die frühen kirchlichen Reformen in Schottland.
St. Andrew – Der Schutzpatron Schottlands. Der Apostel wird mit dem typischen Andreaskreuz dargestellt, das im National- und Kirchenwappen eine zentrale Rolle spielt.
St. Columba – Der irisch-schottische Missionar, der das Christentum in Schottland verbreitete. Sein Fenster vermittelt eine spirituelle Tiefe und den Brückenschlag zwischen keltischer und schottischer Christenheit.
St. Ninian – Früher Missionar der Pikten und einer der ersten christlichen Heiligen Britanniens. Sein Fenster symbolisiert die historische Verwurzelung des Glaubens in der Region.
William Wallace – Der schottische Nationalheld („Braveheart“), hier als symbolische Figur für Freiheitsgeist und nationale Identifikation vertreten. Ein ungewöhnliches Motiv für eine Kapellenranzahlung, aber typischer Ausdruck des schottischen Selbstverständnisses um 1922.

Douglas Strachan (1875–1950) gilt als einer der bedeutendsten Glasmaler Großbritanniens im frühen 20. Jahrhundert. Seine Arbeiten zeichnen sich durch klare Farbfelder, filigrane Blei­führung und eine plastische Wirkung aus, die für religiöse und symbolische Darstellungen besonders geeignet ist.

Als Gegenstück zur romanischen Architektur – schlicht, klar, intim – fügen sich Strachans farbintensive Fenster harmonisch ins Innere der Kapelle ein. Sie verleihen dem kleinen Gotteshaus eine leuchtende Transzendenz und helfen dem Besucher, in einen Moment der Stille und Kontemplation einzutauchen.

Das Gebetsbuch
Nahezu unscheinbar am Rande gibt es einen historischen Schatz finden: eine Faksimile-Ausgabe des sogenannten „St. Margaret’s Gospel Book“, eines mittelalterlichen Gebetsbuches, das ursprünglich der heiligen Margarete von Schottland selbst gehört haben soll.

Es handelt sich um eine illuminierte Reproduktion des historischen Evangelienbuches, das im 19. Jahrhundert nach alten Vorlagen hergestellt wurde. Ein Exemplar dieser Faksimile befindet sich heute in einem Glaskasten innerhalb der Kapelle – sorgfältig präsentiert als Hinweis auf das geistliche Erbe von Königin Margarete.

Das Originalbuch, so die Überlieferung, sei einst von Margarete mit großem Wert geschätzt worden – nach einem Unfall, bei dem es in einen Fluss fiel, soll es nahezu unversehrt geborgen worden sein. Diese Geschichte wird in der mittelalterlichen „Vita“ von Margarete erzählt – was dem Buch den Nimbus eines Wunders verlieh.Die vormalige Originalausgabe ist heute in der Bodleian Library in Oxford untergebracht. Das in Edinburgh ausgestellte Exemplar erinnert jedoch symbolisch an die persönliche Andacht und die fromme Persönlichkeit der Heiligen, die im 12. Jahrhundert eine reformatorische Rolle in Schottland spielte.

Die Kapelle heute: Ein Ort des Erinnerns und der Andacht
Heute ist die St. Margaret’s Chapel mehr als ein architektonisches Relikt – sie ist ein lebendiger Ort des Gedenkens. Sie wird gelegentlich noch für Taufen und Hochzeiten genutzt, vor allem für Angehörige des Royal Regiment of Scotland oder mit besonderer Verbindung zur Burg. Besucher nutzen den Ort oft für einen Moment der Stille – als Kontrast zum quirligen Burgbetrieb draußen.
Die Kapelle wird auch von der St. Margaret’s Chapel Guild betreut, einer Gruppe ehrenamtlicher Frauen, die sich dem Erhalt und der Pflege der Kapelle verschrieben haben. Die Mitglieder bringen regelmäßig frische Blumen und sorgen dafür, dass der Raum seinen stillen, spirituellen Charakter bewahrt.

Zugleich ist die Kapelle ein Symbol: für die Kontinuität der Geschichte, für Glauben in einer rauen Umgebung und für die Rolle der Frauen in der schottischen Geschichte – denn Margarete war nicht nur eine Heilige, sondern auch eine Gestalterin gesellschaftlicher und religiöser Veränderung.