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Estland (11): Das Gut Palmse – Eine Zeitreise in die Pracht des deutsch-baltischen Adels

16. Januar 2025

Aus dem ehemaligen Ostpreußen kenne ich noch die großen Landgüter des Adels oder Junker. Ähnliches traf ich im Baltikum wieder. Ich besichtigte das ehemals deutsch-baltisches Landgut in Estland, das Gut Palmse.

Eingebettet in die unberührte Schönheit des Lahemaa-Nationalparks erhebt sich das Gut Palmse, ein Ort, an dem Geschichte, Architektur und Natur zu einer Einheit verschmelzen. Dieses Gut, einst ein Stück des deutsch-baltischen Adelslebens in Estland, lädt seine Besucher auf eine Reise in eine vergangene Welt ein – voller Eleganz, Privilegien, aber auch Herausforderungen. Ich spazierte durch das Gebäude und hing meinen Gedanken nach, wie das Leben in der alten Zeit wohl war. Der Landsitz wurde zwar restauriert, aber langsam blättert die Farbe wieder ab. Hier ein Rundgang:

In der Zeit der ersten Unabhängigkeit und später nach der Einverleibung als Estnische Sozialistische Sowjetrepublik in die Sowjetunion wurden die ehemaligen Gutsgebäude und Ländereien unterschiedlichen Verwendungszwecken zugeführt, wobei die Erhaltung der Bausubstanz nur eine untergeordnete bis gar keine Rolle spielte.

Ein Juwel der deutsch-baltischen Geschichte
Das Gut Palmse wurde erstmals im Jahr 1510 erwähnt und gehörte über Jahrhunderte der angesehenen deutsch-baltischen Adelsfamilie von der Pahlen. Heute ist die Familie weitgehend vergessen, Es war nicht nur ein Zentrum landwirtschaftlicher Produktivität, sondern auch ein kulturelles und soziales Herzstück. Die Familie prägte das Gut durch ihre Visionen und schuf ein Ensemble, das sowohl Reichtum als auch ästhetisches Gespür widerspiegelt.

Besonders beeindruckend ist das klassizistische Herrenhaus, das im 18. Jahrhundert erbaut wurde. Seine harmonischen Proportionen, die strahlend gelben Fassaden und die edlen Säulen vermitteln den Eindruck von Macht und Anmut. Doch es ist nicht nur das Äußere, das fasziniert. Im Inneren des Hauses können Besucher eine Welt aus kunstvoll eingerichteten Salons, historischen Möbeln und kostbaren Gemälden entdecken, die vom Leben der ehemaligen Bewohner erzählen. Allerdings gibt es nicht mehr die Originalmöbel mehr. Natürlich faszinierte mich eine Musikbox mit Walzenlaufwerk. Hier der etwas schräge Klang.

Die Menschen hinter dem Glanz
Das Leben auf Gut Palmse war geprägt von der Symbiose zwischen Herrschaft und Landbevölkerung. Während die Adelsfamilie die kulturellen und politischen Geschicke lenkte, war es die Arbeit der Bauern, die das Gut wirtschaftlich trugen.

Diese Geschichte, voller sozialer Spannungen und Veränderungen, spiegelt sich in den verschiedenen Gebäuden wider – von den Stallungen bis hin zu den kleinen Häusern der Gutsarbeiter. Scheinbar war die Familie Pahlen um ihre Arbeiter besorgt, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein repressives Herrschaftssystem Adel-Bauer war.

Ein Ort der Veränderung
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Unabhängigkeit Estlands 1918 begann auch der Niedergang des deutsch-baltischen Adels. Das Gut Palmse wurde verstaatlicht und durchlebte eine wechselvolle Geschichte, doch sein architektonischer und historischer Wert blieb unvergessen. In der Sowjetzeit verfiel das Haus und wurde erst nach der Unabhängigkeit ab 1991 wieder restauriert für den Tourismus.

Palmse heute – Ein lebendiges Museum
Heute ist das Gut Palmse ein Museum und Kulturzentrum, das Besucher aus aller Welt anzieht. Es bietet nicht nur einen Einblick in die Geschichte der deutsch-baltischen Kultur, sondern auch die Möglichkeit, die Zeit der Gutshöfe hautnah zu erleben. Veranstaltungen, Ausstellungen und die Möglichkeit, in den historischen Räumen zu verweilen, machen einen Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis. Hier ein VR360 Eindruck.

Estland (6): Die KGB Folterkeller in Tallinn

10. Januar 2025

„In Tallinn steht das höchste Gebäude Estlands. Da kann man sogar vom Keller bis nach Sibirien schauen.“ Diesen Spruch hab ich gehört als ich vor dem Gebäude der Pagari-Straße 1 in der estnischen Hauptstadt Tallinn stand. Hier befand sich das ehemalige KGB-Gebäude des sowjetischen Geheimdienstes.

Menschen, die sich gegen die sowjetischen Okkupationen auflehnten, wurden verhaftet und zum Verhören hierher gebracht. Viele wurden später in Arbeitslager nach Sibirien deportiert oder hingerichtet. Bei einer Stadtführung bin ich an diesem schlimmen Platz vorbeigekommen und gedachte kurz den Opfern.

Düsterer Ort
Das KGB-Gebäude in Tallinn ist daher ein historisch bedeutender und düsterer Ort, der eng mit den beiden sowjetischen Besatzungen Estlands verbunden ist. Im Keller befanden sich die berüchtigtsten Zellen des Untersuchungsgefängnis. Die Fenster wurden zugemauert, um die Hilferufe der Gefangenen zu dämmen. Während den sowjetischen Besatzungen Estlands wurde das Gebäude als Hauptquartier des Geheimdienstes genutzt. Es war berüchtigt für Verhöre, Folter und Inhaftierungen politischer Gegner und anderer Personen, die des “Anti-Sowjetismus” verdächtigt wurden.

Symbol der Unterdrückung
Das Gebäude steht heute als Symbol der Unterdrückung und erinnert an die Repressionen während der Sowjetzeit in Estland (1940–1941 und 1944–1991).

Das Gebäude in der Pagari-Straße 1 hat eine wechselvolle Geschichte. Ursprünglich 1912 als Wohnhaus erbaut, diente es später als Sitz der provisorischen Regierung der Republik Estland, von wo aus der Freiheitskrieg geführt wurde. Bis 1940 beherbergte es das estnische Kriegsministerium. Während der sowjetischen Besatzung wurden in den Kellerräumen des Gebäudes estnische Politiker, Staatsbeamte, Intellektuelle, Veteranen des Freiheitskrieges und andere Personen inhaftiert, verhört und oft zu Gefängnisstrafen oder dem Tod verurteilt.

Die Kellerräume mit zwei Gängen, sechs Zellen und einer Arrestkammer sind heute der Öffentlichkeit zugänglich und dienen als Erinnerungsort, der die Ereignisse dieser Zeit dokumentiert. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands im Jahr 1991 wurde das Gebäude von der estnischen Polizei genutzt, bevor es schließlich wieder in ein Wohnhaus umgewandelt wurde.

Museum über Okkupationen
Wer sich für das Thema interessiert, sollte unbedingt auch das Museum über Okkupationen, Widerstand, Wiederherstellung der Unabhängigkeit und Freiheit ansehen. Anhand von Artefakten, persönlichen Schicksalen werden Fragen zu den Wendepunkten der estnischen nationalen Geschichte aufgezeigt. Deutsche und sowjetische Besatzung spielen hier eine große Rolle. Bedrückend empfand ich persönlich den Nachbau eines Eisenbahnwagons. 40 Gefangene wurden hier hineingepresst auf den Weg nach Sibirien, wobei viele beim Transport starben.