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Estland (5): Wappen an der Wand des Doms von Tallinn

9. Januar 2025

Ich bin wahrlich kein Kirchenexperte, stelle aber fest, dass mich der Dom zu Tallinn in Estland nachhaltig beeindruckt hat. Der Dom ist heute die Bischofskirche des Erzbischofs der Estnisch Evangelisch-Lutherischen Kirche.

Der Besuch des Gotteshauses kostet Eintritt, weil es in Estland keine Kirchensteuer gibt. Die Kirchen müssen sich selbst finanzieren, viel durch Touristen. Gerade im Sommer kommen Tausende an Touristen aus den Bäuchen von Kreuzfahrtschiffen. Offiziell heißt der Dom die Kathedrale St. Maria und befindet sich auf dem Domberg (Toompea).

Der Kirchenraum ist eher nüchtern, hat aber viele Details zu entdecken. Natürlich im Zentrum steht die Ladegast-Sauer-Orgel. Die Orgel der Domkirche wurde 1878 vom Weißenfelser Orgelbauer Friedrich Ladegast hergestellt und 1913/14 von der Orgelwerkstatt W. Sauer Orgelbau modernisiert.

Ich finde den Klang hervorragend und im meinem VR 360 Rundgang durch die Kirche hatte der Organist zeitweise sein Instrument gespielt und geübt.

Was mich sehr fasziniert hat, sind die 107 Wappenepitaphe der deutschbaltischen Adligen Estlands, die an den Wänden der Kirche angebracht sind. Es sind nur Wappen von Männern. Hier gibt es viele Namen und Geschichten zu entdecken. Die Wappenepitaphe wurden aufwendig restauriert mit Hilfe der ethnischen Ritterschaft (ja, so was gibt es) mit finanzieller Unterstützung des Bundesrepublik und der Stadt Tallinn.

Liebhaber der Zarin
Und es gibt Grabplatten und Sarkophage, wie zum Beispiel von Samuel Greigh. Als Schottland-Fan kannte ich den Namen, denn Greigh war ein russischer Admiral schottischer Herkunft. Er war Befehlshaber der russischen Marine in den Kriegen mit dem Osmanischen Reich und Schweden.

Wahrscheinlich war er wohl auch ein Liebhaber der Zarin Katharina II.. Katharina die Große war bekannt dafür, talentierte Ausländer in ihre Dienste zu holen, um die Modernisierung und Stärkung Russlands voranzutreiben. Greigh wurde ein enger Berater in maritimen Angelegenheiten und trug wesentlich zur Reform und Entwicklung der russischen Marine bei. Nach seinem Tod 1788 ließ Katharina die Große zu Ehren von Samuel Greigh ein Denkmal errichten. Dies zeigt, wie sehr sie seine Verdienste für Russland und für sich privat schätzte.

Kurze Geschichte
Der Dom wurde im Jahr 1240 von dänischen Missionaren gegründet und war ursprünglich eine einfache Holzkirche. Im 13. Jahrhundert wurde die Holzkirche durch einen steinernen Bau im gotischen Stil ersetzt, der bis heute teilweise erhalten ist. Über die Jahrhunderte wurden barocke und klassizistische Elemente hinzugefügt, darunter der Turm, der 1779 fertiggestellt wurde. Den Turm konnte ich aus Zeitgründen nicht besichtigen.