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Mein langsamer Abschied von Twitter/X und ich hab meine Probleme damit

1. November 2023

Ich bin untreu, ich steh dazu und hab aber auch ein schlechtes Gewissen. Nein, nicht das, was ihr jetzt denkt. Als langjähriger Twitter Nutzer verabschiede ich mich mehr und mehr von meiner einstiegen Lieblingsplattform, wechselte zunächst zu Mastodon und fühle mich mehr und mehr bei Bluesky zu Hause – und ich fühle mich schlecht dabei.

Ich bin seit Oktober 2008 bei Twitter, eine ganz schön lange Zeit und ich hab mich auf der Plattform wohlgefühlt. Ich habe zahlreiche virtuelle Freundschaften geschlossen aus denen sich dann Bekanntschaften im Real Life ergeben haben. Ich habe tolle, inspirierende Leute kennengelernt, mich ausgetauscht und meinen Horizont erweitert. Ich habe gelitten, als die Community zur Rettung von Suizidgefährdeten aufrief. Ich habe als Newsjunkie die weltpolitische Ereignisse auf der Plattform verfolgt – als dramatisch empfand ich die Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 oder die Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris. Ich war durch Twitter nah am Menschen, hab gelacht, hab geweint, hab argumentiert und mich auch mal gestritten. Ich habe mich Prominenten unterhalten wie beispielsweise mit Willi Shatner. Ich habe viele Seminare zu Twitter gemacht. Kurzum: Ich habe Twitter geliebt.

Aber meine Liebe ist erkaltet, es wird kälter und kälter. Ich bin noch dabei, sende meine Tweets und nur noch ab und zu kommt das Feuer zurück. Es facht wieder auf, aber oftmals ärgere ich mich nur über den Fanatismus und die Rechthaberei. Aus einer Kommunikationsplattform wurde eine Verlautbarungsplattform mit vielen schlechten Eigenschaften.
Als Elon Musk vor einem Jahr einstieg, dachte ich mir, es wird schon nicht so schlimm kommen. Ich habe mich geirrt. Elon Musk, den ich für manche Dinge bewundere, hat Twitter oder X wie es nun heißt, in weiten kaputt gemacht – sei es aus Spargründen oder aus Irrsinn. X ist nicht mehr meine Plattform Twitter – es hat sich viel verändert. FakeNews, linke und rechte Trolle stören mich am meisten. Nach einem Jahr unter der Regie von Musk trage ich mich ernsthaft mit dem Abwandergedanken, wobei ich natürlich weiß, welche Herausforderungen das mit sich bringt. X hat einen bestrafenden Netzwerkeffekt, denn viele meiner Bekannten aus der Community sind bei X und noch nicht im blauen Himmel. Ich möchte sie nicht verlieren, weil ich sie über die Jahre liebgewonnen habe. So manche meiner virtuellen Freunde werden nicht wechseln, auch weil Bluesky nicht alle Funktionen hat, die ich an Twitter/X schätzen gelernt habe. Auch viele „meiner Nachrichtenseiten“ sind noch nicht gewechselt, von denen ich aber abhängig bin.
Zunächst dachte ich, dass Mastodon eine Alternative für mich sei, aber für die breite Masse ist die Plattform zu Tech-lastig. Mastodon ist prima, aber wird für mich niemals die Breitenwirkung wie Twitter/X haben. Das neueste Update von Mastodon für Android führt eine lang erwartete Funktion ein – Listen. Mit dem neuen Update hat der Benutzer nun die Möglichkeit, benutzerdefinierte Listen zu erstellen und seine Kontakte basierend auf bestimmten Themen oder Interessen zu kategorisieren und sie gleichzeitig aus dem Hauptfeed zu entfernen.

Vielleicht kam Bluesky zur richtigen Zeit und ermöglicht eine Alternative. Der Einladungszirkus per Code dient aber nicht dazu, dass man es mal schnell ausprobiert, sondern man muss erst mal betteln oder die Community fragen, wenn man einen Code erhalten will. Das ist der breiten Masse zu lästig und ich hoffe, es sind nur die Anlaufschwierigen.

Geburtstag – Ich bin heute seit zehn Jahren bei Twitter

24. Oktober 2018

Ich komm mir vor wie Captain Ahab, denn ich habe den Fail Whale früher immer wieder gesehen. Immer wieder tauchte er auf, wenn es eng wurde. Heute ist der Fail Whale verschwunden, er ist ausgestorben, egal wann man ihn sucht. Ich bin schon so lange bei Twitter, dass ich den Wal noch kenne, der erschien, wenn das soziale Netzwerk überlastet war. Heute feiere ich meinen zehnten Twitter Geburtstag. Zehn Jahre zwitschere ich nun unter meinen Account @redaktion42 .


Warum so lange? Nun, Twitter hat mein Medienverhalten geändert. Für mich ist Twitter News, Spaß, Empathie, blöde Sprüche, schlüpfrige Andeutungen, Nachrichtenquelle Nummer 1, in letzter Letzt ist es aber auch Verschwörung, Hetze, Aggression, Verleumdung. Twitter hat sich verändert, es ist kälter dort geworden und das mag ich überhaupt nicht. Ich werde Twitter nicht den Hetzern, den Bots und den Hatern überlassen und weiterhin das Gute in den Menschen zu sehen.


Es ist in den vergangenen zehn Jahren so viel passiert: Wir Twitterer konnten zusammen lachen, konnten zusammen Tatort schauen, die digitale Sau durchs Dorf jagen. Wir konnten Menschen vor dem Selbstmord retten oder Hilfsaktionen für anderer Twitterer organisieren. Twitter war und ist etwas Gutes, wenn wir es nur richtig einsetzen.
Ich habe noch die 140 Zeichen erlebt und gelernt, mich kurz und bündig auszudrücken. Ich kenne noch Faven und ich wünsche mir seit zehn Jahren, Tweets nachträglich bearbeiten zu können (wegen der Rechtschreibung). Aktien von Twitter habe ich mir keine gekauft, obwohl ich mir es immer wieder überlegt habe. Aber der richtige Zeitpunkt war irgendwie nicht gekommen. Ich habe an Twitterwalls während Veranstaltungen geschrieben, ich habe erlebt, wie aus dem Bundestag Wahlergebnisse getwittert wurde, bevor der Bundestagspräsident das Ergebnis verkündet hat. Ich habe den Niedergang der klassischen Massenmedien erlebt, wenn The Donald und andere sich direkt an die Wählerinnen und Wähler wenden und das Medium dazwischen überspringen.


Ich habe in den vergangenen zehn Jahren tolle Dialoge geführt. Promis, die mir im Real Life nie eine Antwort gegeben hätten, sprachen mit mit. Politikerinnen und Politiker kamen zu mir aufs Handy und wir führten Diskurse und tauschten Meinungen aus. Und auch mir wurde geholfen. Ich bekam Meinungen, Bestätigung und Freunde. Aus virtuellen Freunden wurden echte Freunde und Bekannte – das ist toll. Ich habe andere Ansichten kennengelernt und ich habe viel, viel gelernt durch Chats. Twitter war anders als Facebook und das ist gut so. Der SMS an alle bleibe ich weiterhin treu und wenn ich in meinen Seminaren ab und zu meinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Macht von Twitter zeigen kann und um #Followerpower bitte, dann machen viele, viele von euch da draußen mit. Danke dafür, dass ich seit zehn Jahren Teil einer solch tollen Gemeinschaft sein darf. Danke für die Infos, den Spaß, die Freude, die Wärme, den Humor, die Menschlichkeit und wenden wir uns gegen die Neider, Hetzer, Hater, Verschwörer, Verleumder, Rassisten, Faschisten, Kommunisten und Zerstörer der Menschlichkeit.