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Schönheit des Vergänglichen – Gothic-Träume auf dem Hügel der Toten

30. Juni 2025

Der Glasgow Necropolis übt auf Gothic-Fans eine ganz besondere Faszination aus, da er wie kaum ein anderer Ort die Ästhetik, Symbolik und Atmosphäre der Gothic-Kultur widerspiegelt. Bei meinem Streifzug durch diesen faszinierenden Friedhof traf ich verschiedene Gothic-Fans, die die Atmosphäre für fotografische Aufnahmen nutzen.

Ich sprach die Leute ohne Vorbehalte an. Die Schotten antworteten wir begeistert, nachdem wir auch ein bisschen über Gothic-Musik geplaudert hatten. Die asiatischen Frauen reagierten eher verschüchternd, sprachen aber dann auch, als sie etwas Vertrauen gewonnen hatten. Als Journalist war ich neugierig und wollte wissen, warum dieser Friedhof zu einem Magneten für Liebhaber des Düsteren und Romantischen ist. Hier die Antworten auf meine Fragen.

Architektur und Stilvielfalt
Die Necropolis ist ein Paradebeispiel viktorianischer Friedhofskultur und beeindruckt durch eine Mischung aus gotischer, ägyptischer und griechischer Revival-Architektur. Über 3.500 kunstvoll gestaltete Grabmäler, Mausoleen und Skulpturen verteilen sich über die Hügel und Terrassen. Besonders die zahlreichen spitzen Obelisken, verwitterten Engel, melancholischen Statuen und monumentalen Familiengräber schaffen eine Kulisse, die wie aus einem Gothic-Roman entsprungen scheint. Hier findet jeder schnell sein spezielles Fotomotiv.

Die Lage und Atmosphäre
Der Friedhof liegt auf einem Hügel östlich der St Mungo’s Cathedral, selbst ein Meisterwerk gotischer Baukunst. Die erhöhte Lage bietet dramatische Ausblicke über die Stadt und verstärkt das Gefühl, sich in einer eigenen, entrückten Welt zu befinden. Nebel, Wind und das wechselhafte schottische Wetter verleihen der Necropolis eine mystische, manchmal fast übernatürliche Stimmung – ideal für alle, die sich von der Melancholie und Schönheit des Vergänglichen angezogen fühlen.

Symbolik und Kunst
Die Grabmale sind reich an Symbolen, die für die Gothic-Szene eine besondere Bedeutung haben: gebrochene Säulen, Totenschädel, Efeuranken und Engel, die über die Toten wachen. Die kunstvollen Inschriften und die morbide Schönheit der verwitterten Steine regen die Fantasie an und laden zum Nachdenken über Leben, Tod und Unsterblichkeit ein.

Historische Bedeutung und Geschichten
Der Necropolis ist nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch ein „Museum unter freiem Himmel“, das die Geschichte Glasgows und seiner Menschen erzählt. Viele Persönlichkeiten, Künstler und Industrielle sind hier begraben, ihre Geschichten spiegeln sich in den Monumenten wider. Ich muss leider zugeben, dass ich die wenigsten Verstorbenen kannte. Aber die reiche Historie und die vielen Legenden, die sich um den Friedhof ranken, bieten Stoff für düstere Erzählungen und Inspiration für die Gothic-Subkultur.

Märchen und Legenden
Wie es sich für einen so alten und eindrucksvollen Ort gehört, ranken sich zahlreiche Märchen um den Necropolis. So wird erzählt, dass in nebligen Nächten Geister durch die Alleen wandeln – Geschichten, die von der Gothic-Szene gerne aufgegriffen und weitergesponnen werden. Diese Legenden sind natürlich als Märchen zu verstehen, tragen aber zur besonderen Aura des Ortes bei. Ich war bei strahlendem Sonnenschein vor Ort und traf auf keine Geister, sondern nur auf durstige Seelen.

Der Glasgow Necropolis vereint alles, was das Herz eines Gothic-Fans höherschlagen lässt: spektakuläre Architektur, düstere Symbolik, eine melancholische Atmosphäre und eine reiche Geschichte voller Geheimnisse und Geschichten. Wer sich für die Ästhetik des Morbiden und die Schönheit des Vergänglichen begeistert, findet hier einen der eindrucksvollsten Orte Europas. Und wer ohne Vorurteile auf die Gothic-Szene zugeht und das freundliche Gespräch sucht, der hat mehr vom Leben. Und die Toten hat die Fotosessions nicht mehr gestört.

Das Haus an der Friedhofsmauer – Rückblick auf meine phantastische Matinee

8. Juni 2025

Das Haus an der Friedhofsmauer von Lucio Fulci – ein Werk, das nicht einfach gesehen, sondern erlebt werden muss. Ich besprach den Film bei der phantastischen Matinee im Scala. Der nächste Film der Reihe ist Werner Herzogs Nosferatu von 1978. Karten gibt es hier.

Dieser Film ist kein klassischer Horror, sondern ein fiebriger Albtraum, eingefangen auf Zelluloid. Quella villa accanto al cimitero ist ein Abstieg in ein düsteres, modriges Reich zwischen Leben und Tod – eine Welt, in der die Logik der Nacht regiert. Die Kamera von Sergio Salvati gleitet durch verfallene Räume, als würde sie selbst Angst atmen. Jeder Flur, jede Treppe scheint ein eigenes, schweigendes Grauen zu bergen. Hier ist mein Vortrag.

Fulcis Bilder wirken wie Schattenfragmente aus einem bösen Traum: unscharf, langsam, bedrückend. Die Gewalt, die sich entlädt, ist roh, verstörend – doch nie bloß Effekt. Sie gehört zu dieser Welt wie das Flüstern hinter verschlossenen Türen oder der Schrei, den niemand hört. Kein Splatter zur Unterhaltung, sondern verstörende Kunst – grausam und hypnotisch zugleich.

Die Handlung? Zersplittert wie ein zerbrochener Spiegel. Wer in Fulcis Haus ein geradliniges Narrativ sucht, wird verloren gehen. Wer sich aber auf das Chaos, auf das Unsagbare, auf das Atmosphärische einlässt, erlebt eine dichte, beinahe poetische Form des Horrors.

Der Soundtrack von Walter Rizzati – mal traurig wie ein Kinderlied, mal unheilvoll wie ein letzter Atemzug – begleitet das Geschehen wie ein trauernder Schatten. Er ist das leise Echo einer Welt, in der nichts mehr stimmt – und genau das ist das Geniale an diesem Film.

Das Haus an der Friedhofsmauer ist ein Kultfilm. Kein einfacher. Kein freundlicher. Aber einer, der bleibt. Wie ein dunkler Fleck im Traum, der einfach nicht vergeht. Der nächste Film der Reihe ist Werner Herzogs Nosferatu von 1978. Karten gibt es hier.

Das Haus an der Friedhofsmauer – Phantastische Matinee am Sonntag, 18. Mai im Scala FFB

16. Mai 2025

Lucio Fulcis Das Haus an der Friedhofsmauer (Quella villa accanto al cimitero) ist ein Paradebeispiel für den italienischen Horrorfilm der frühen 1980er-Jahre – stilistisch markant, atmosphärisch dicht, erzählerisch jedoch brüchig. Der Film setzt weniger auf logischen Plotaufbau als auf eine albtraumhafte Bildsprache, wie sie nur Fulci inszenieren konnte. Ich bespreche und zeige Das Haus an der Friedhofsmauer am Sonntag, 18. Mai um 10:45 Uhr im Scala Kino Fürstenfeldbruck. Karten gibt es hier.

Morbide Ästhetik
Die Inszenierung lebt von der permanenten Bedrohung, die sich über das unheimliche Haus legt. Fulcis Hang zur morbiden Ästhetik ist überall spürbar: Moder, Verfall und Tod durchziehen die Kulissen wie ein bleierner Schleier. Die Kameraarbeit von Sergio Salvati verstärkt diese Wirkung durch langsame Fahrten, düstere Farben und gezielte Unschärfen, die das Gefühl von Unsicherheit und Wahnsinn erzeugen.

Gewalt wie im Fiebertraum
Die Gewalt ist brutal, explizit und bisweilen exzessiv – typisch für Fulci. Dabei geht es ihm weniger um Schockeffekte im modernen Sinne als um das Erzeugen einer grotesken, beinahe surrealen Atmosphäre. Körper werden zerschnitten, Kehlen aufgeschlitzt – doch der Horror wirkt eher wie aus einem Fiebertraum denn wie aus einem klassischen Slasherfilm.

Logik bleibt außen vor
Wirklich problematisch ist jedoch das Drehbuch. Die Logik der Handlung bleibt brüchig bis unverständlich. Figuren handeln oft irrational, Dialoge sind hölzern und die psychologische Tiefe der Charaktere bleibt oberflächlich. Man spürt, dass Fulci mehr an der Bildsprache als an narrativer Kohärenz interessiert war. Das macht den Film zwar interessant für Cineasten und Fans des Giallo, aber frustrierend für Zuschauer, die eine nachvollziehbare Geschichte erwarten.

Musikalisch bietet Walter Rizzatis Soundtrack eine passende Mischung aus sanften Klaviermotiven und bedrohlichen Klangteppichen, die zwischen Melancholie und Wahnsinn schwanken – ein unterschätztes Highlight des Films.

Das Haus an der Friedhofsmauer ist weniger ein konventioneller Horrorfilm als ein stilisiertes, morbides Kunstwerk. Wer sich auf Fulcis Logik des Albtraums einlässt, wird mit einzigartigen Bildern und einer dichten Atmosphäre belohnt. Wer jedoch klare Handlung und psychologische Tiefe sucht, wird eher enttäuscht sein. Ein Kultfilm – sperrig, bizarr, faszinierend. Und dennoch ist der Film wichtig für seine Zeit und daher ein würdiger Kandidat für die phantastische Matinee. Karten gibt es hier.