Posts Tagged ‘Architekturgeschichte’

Wo Barmherzigkeit aus Backstein spricht – das Heiligen-Geist-Hospital in Lübeck

22. September 2025

Ein Ort, der mich bei meinen Besuch in Lübeck beeindruckt hat, ist das Heiligen-Geist-Hospital. Ich habe diese Geschichte des Hauses nicht erwartet, Das Heiligen-Geist-Hospitalist nicht nur ein architektonisches Wahrzeichen der Hansestadt, sondern auch ein kulturhistorisches Dokument von beinahe beispielloser Tiefe. Wer seinen hohen Giebel, die filigranen Backsteinbögen und die langgestreckten Dachsilhouetten betrachtet, erkennt sofort die Handschrift norddeutscher Backsteingotik, doch dahinter verbirgt sich weit mehr als nur Baukunst: ein Zeugnis gelebter Nächstenliebe, städtischer Macht und mittelalterlicher Sozialgeschichte.

Ein Ort der Barmherzigkeit und Repräsentation
Das um 1280 gegründete Heiligen-Geist-Hospital war eines der ältesten Spitäler Europas, entstanden im Kontext einer städtischen Elite, die ihr Ansehen durch Stiftungen sicherte und zugleich einen Akt christlicher Fürsorge demonstrierte. Die reichen Kaufleute Lübecks wollten nicht nur im Handel glänzen, sondern auch ihrem Seelenheil Vorschub leisten. So wurde das Hospital ein Ort, an dem Arme, Kranke, Alte und Pilger Aufnahme fanden – kein kaltes Armenhaus, sondern ein geistlich durchdrungener Raum der Versorgung, getragen von der Idee der Caritas.

Architektur als Spiegel des Glaubens
Die gewaltige Hallenkirche mit ihren vier charakteristischen Türmen, die zugleich die Silhouette der Lübecker Altstadt prägt, hatte dabei eine doppelte Funktion: Sie war Ort des Gebets, aber zugleich auch Kern einer Sozialarchitektur. Im Inneren schuf man ein beeindruckendes Zusammenspiel von Weite und Intimität. Die großen Hallenschiffe dienten als Bet- und Versammlungsräume, während die angrenzenden Bereiche in Krankensäle und Wohnkammern der Bedürftigen unterteilt waren. Seit dem 17. Jahrhundert lebten die Bewohner in kleinen hölzernen Kammern, die wie winzige Häuschen wirken und bis heute an den langen Mittelschiffen zu sehen sind – ein visuelles Sinnbild für Geborgenheit inmitten monumentaler Erhabenheit. Hier ein VR 360 Grad Rundgang durch die Hallenkirche.

Lübecks humanistisches Fundament
Das Hospital gehört in den Kontext der Lübecker Kulturpolitik, die sich zwischen frömmelnder Demut und stolzer Weltgeltung bewegte. Hier zeigt sich die Ambivalenz einer Stadt, die einerseits im Fernhandel ungeheure Profite erwirtschaftete und andererseits in solchen Bauwerken ihre soziale Verantwortung öffentlich ausstellte. Das Heiligen-Geist-Hospital war damit ein „Buch aus Backstein“, in dem der Anspruch der Hanseatischen Bürgergesellschaft niedergeschrieben steht: die Gemeinschaft durch Fürsorge zu sichern, aber auch durch monumentales Bauen Macht und Ordnung zu verkörpern.

Emotionale Resonanz bis heute
Wenn man das Hospital heute betritt, wirkt die Atmosphäre fast wie ein Flüstern vergangener Jahrhunderte. Die Patina des Holzes in den Kammern, die gedämpften Lichtstrahlen, die durch die farbigen Fensterkronen in den Kirchenraum fallen, rufen eine Melancholie hervor, die zwischen Trost und Ehrfurcht oszilliert. Die Vorstellung, dass hier einst Menschen ihr letztes Obdach fanden, dass hier Krankenpflege und spirituelle Begleitung Hand in Hand gingen, verleiht dem Ort eine tiefe Emotionalität.

Noch immer dient das Heiligen-Geist-Hospital als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Zwar wird es längst nicht mehr im ursprünglichen Sinne als Hospital genutzt, doch lebt sein Geist in kulturellen Veranstaltungen, Ausstellungen und als Erinnerungsort fort. Es ist ein Denkmal, das mehr als Mauern bewahrt: Es erinnert daran, dass Barmherzigkeit, geistige Weite und soziale Verantwortung keine abstrakten Begriffe sind, sondern mit Architektur, mit Alltag und mit Menschenschicksalen verwoben.

Das Heiligen-Geist-Hospital von Lübeck ist damit mehr als eine Sehenswürdigkeit. Es ist ein emotionales Geflecht aus Caritas, Macht, Glaube und Gemeinschaft, in dem die Stadtgeschichte gleichsam atmet – ein Resonanzraum menschlicher Würde, der sich bei mir als Besucher unauslöschlich einprägt.

FotoWalk Olympisches Dorf – Studentenstadt fotografisch erkunden

6. November 2024

Für mich ist das Olympische Dorf in München ein städtebauliches Juwel, das wie eine Insel in der Landeshauptstadt liegt. Es gibt so viele interessanten Ecke und Stellen an diesem Ort zum Entdecken. Daher veranstalte ich einen FotoWalk an diesem Samstag, 9. November von 14-16:30 Uhr.

Zunächst gibt es bei unserem FotoWalk eine Führung von Joachim Schmölz, einem ehemaligen Bewohner des Dorfes, der heute noch immer mit dem Studentenleben verbunden ist. Dann ziehen wir los und setzen das Olympiadorf fotografisch um, egal ob mit Smartphone oder Kamera.
Die Anmeldung bitte hier.

Nach der verbindlichen Anmeldung erhalten Sie von uns eine Teilnahmebestätigung und die PayPal-Adresse. Wenn die Seminargebühr von 23,80 Euro (inkl. MwSt) bei uns eingetroffen ist, erhalten Sie von uns den genauen Treffpunkt. Die Anmeldung bitte hier.

Städtebauliche Vision
Das Olympische Dorf in München, das für die Olympischen Sommerspiele 1972 errichtet wurde, ist ein ikonisches Beispiel für städtebauliche Visionen und moderne Architektur. Es spiegelt die optimistische Aufbruchsstimmung der 1970er-Jahre wider und verkörpert das damalige Verständnis von innovativem und menschlichem Städtebau. Nach den tragischen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs war es ein Projekt mit dem Ziel, München als weltoffene und zukunftsorientierte Stadt darzustellen und die Olympischen Spiele 1972 unter dem Motto “Die heiteren Spiele” zu feiern.

Planung und Idee hinter dem Olympischen Dorf
Die Planung des Olympischen Dorfs begann in den 1960er-Jahren und war Teil eines umfassenden urbanen Konzepts, das den gesamten Olympiapark umfasste. Das Architekturbüro Behnisch & Partner gewann den Wettbewerb zur Gestaltung der Olympia-Anlagen und setzte die Idee um, das Gelände als Landschaftspark zu gestalten. Das Olympische Dorf sollte ein Wohnraum für die Athleten bieten und gleichzeitig ein nachhaltiger Bestandteil der Stadtentwicklung bleiben. Der Gedanke war, ein Dorf für die Athleten zu schaffen, das nach den Spielen als Wohnraum für Münchner Bürger erhalten bleibt.

Die Architektur des Olympischen Dorfs
Die Architektur des Olympischen Dorfs gilt als revolutionär und markiert einen Wendepunkt im Städtebau der damaligen Zeit. Die Architekten planten ein Wohnkonzept, das auf Gemeinschaft und Nachhaltigkeit setzte, und sie legten Wert darauf, dass die Gebäude sich harmonisch in die Umgebung des Olympiaparks einfügen. Die Gebäude wurden im sogenannten Terrassenstil errichtet, was bedeutet, dass sie treppenförmig angeordnet sind und Terrassen mit Grünflächen bieten. Diese gestaffelte Bauweise sollte ein Gefühl von Offenheit und Gemeinschaft erzeugen und zugleich jedem Apartment eine individuelle Grünfläche bieten.

Ein weiteres markantes Element der Architektur ist die Verwendung von Stahlbeton und die Farbgebung der Gebäude. Die Fassaden wurden bewusst schlicht gehalten, während bunte Akzente wie Balkongeländer und Fensterläden für Fröhlichkeit und Lebendigkeit sorgen sollten. Auch die Nähe zur Natur war den Architekten wichtig: Zwischen den Wohnblöcken entstanden grüne Innenhöfe und Plätze, die als Treffpunkte für die Bewohner gedacht waren.

Der Wohnpark Olympiadorf und die Unterbringung der Athleten
Das Olympische Dorf bestand aus zwei Bereichen: dem “Männerdorf” und dem “Frauendorf”. Während die männlichen Athleten in Hochhäusern untergebracht waren, wohnten die weiblichen Athleten in den Bungalows. Diese kleinen, eingeschossigen Gebäude waren funktional und einfach ausgestattet, boten aber dennoch den Komfort, den die Sportler während der Spiele benötigten. Nach den Spielen wurde das “Frauendorf” in den “Wohnpark Olympiadorf” umgewandelt und beherbergt seitdem Studenten und junge Leute. Viele der ehemaligen Bungalows wurden mit farbenfrohen Fassaden bemalt und sind heute ein beliebter Wohnort für Münchner Studenten.

Die Vision eines verkehrsfreien Dorfs: Unterirdische Verkehrswege
Ein zentrales Element des Olympischen Dorfs ist die Trennung von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr. Die Architekten entschieden sich dafür, den gesamten motorisierten Verkehr in eine unterirdische Ebene zu verlegen, um das Dorf verkehrsberuhigt und kinderfreundlich zu gestalten. Sämtliche Straßen für Autos sowie die Parkplätze und Zufahrtswege befinden sich unter der Erde. Diese unterirdische Ebene besteht aus einem weitläufigen Tunnelsystem, das von den Bewohnern für Anlieferungen, Parkplätze und technische Versorgungen genutzt wird.

Diese Verlagerung des Verkehrs hatte nicht nur praktische Vorteile, sondern auch ästhetische und städtebauliche. Durch den Wegfall von Straßen und Parkplätzen konnte das Olympische Dorf großzügige Grünflächen und Fußgängerzonen bieten, was zu einer ruhigen und angenehmen Wohnatmosphäre beiträgt. Die Bewohner können sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewegen, ohne sich um den Autoverkehr sorgen zu müssen, was das Dorf zu einem der ersten autofreien Wohnprojekte seiner Art machte.

Nachnutzung und Bedeutung
Nach den Olympischen Spielen wurde das Olympische Dorf umgebaut und in eine reguläre Wohnsiedlung umgewandelt. Heute leben hier rund 10.000 Menschen, und das Gebiet hat sich zu einem lebendigen Stadtviertel entwickelt, das aufgrund seiner einzigartigen Architektur und der verkehrsfreien Gestaltung sehr beliebt ist. Auch der Gedanke der Gemeinschaft ist erhalten geblieben: Viele Bewohner organisieren gemeinsame Feste und Aktivitäten und nutzen die Gemeinschaftsflächen intensiv. Die ehemaligen Sportstätten, darunter das Olympiastadion und die Olympiahalle, sind noch heute Veranstaltungsorte für Konzerte, Sportveranstaltungen und Festivals.

Architektur als Symbol des Aufbruchs
Das Olympische Dorf in München ist nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein Symbol für die gesellschaftlichen Veränderungen der 1970er-Jahre. Die Idee, Menschen in einem “autofreien” Wohnumfeld und in enger Nachbarschaft zur Natur wohnen zu lassen, war ein zukunftsweisender Gedanke, der bis heute inspiriert. Die Trennung der Verkehrswege sowie die soziale und ökologische Ausrichtung des Olympischen Dorfs gelten noch heute als visionär und vorbildlich. Das Dorf ist nicht nur ein Stück Architekturgeschichte, sondern auch ein lebendiger Beweis für die positive Wirkung von durchdachtem Städtebau und nachhaltiger Planung.

So bleibt das Olympische Dorf in München ein einzigartiges Beispiel dafür, wie Sport, Architektur und gesellschaftliche Visionen zusammenkommen können und wie die Planung eines einmaligen Events eine dauerhafte Bereicherung für eine Stadt und ihre Bewohner schaffen kann.

Ich würde mich freuen, wenn Sie an unserem FotoWalk teilnehmen und das Olympische Dorf mit uns fotografisch erkunden wollen. Fotoapparat oder Smartphone nicht vergessen. Die Anmeldung bitte hier.