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Der Anfang vom Ende: taz beendet unter der Woche das Drucken

17. September 2024

The End of Print hieß mal ein wichtiges Buch von Grafiker David Carson. Dabei ging es um Design und die Revolution von DTP. Dieser Titel kam mir in den Sinn als ich die Meldung von der linken Berliner Tageszeitung taz auf den Tisch bekam. Die letzte auf Papier gedruckte werktägliche Ausgabe der taz erscheint am 17.10.2025. Nur noch am Wochenende erscheint die Zeitung als Papier. Nun, das ist alles noch ein Jahr hin, aber immerhin. Der Medienwandel ist da und er ist brutal.

Das ist ein weiterer Einschnitt in die arg gebeutelte Print-Branche. Beispiele gibt es viele. Im Juni 2023 erschien nach 320 Jahren die letzte Print-Ausgabe der Wiener Zeitung erschienen. Es war die älteste gedruckte Zeitung auf diesem Planeten. Da war dann Schluss mit Papier.

Die Medienhäuser Funke und Madsack haben 2023 die Zustellung gedruckter Zeitungen in einzelnen unwirtschaftlichen ostdeutschen Erscheinungsgebieten eingestellt. Es gab den ersten Landkreis ohne gedruckte Zeitung in Prignitz (Brandenburg). Tablet sollte die Lösung für die „Märkische Allgemeine Zeitung“ sein, weil der Vertrieb sich einfach nicht mehr lohnt, steigende Energie­preise und steigender Mindestlohn sorgten für hohe Kosten, dazu ein rückläufiger Anzeigenmarkt. So richtig hat das Konzept die alten Abonnenten nur bedingt überzeugt.

Medienunternehmen kommen immer auf neue Ideen und testen den Markt aus. Zum Beispiel Der Spiegel, eine Zeitschrift, die bei mir noch eine starke Marke ist, bei meinen Kinder nur noch eine von vielen Medienmärkten ist. Der Spiegel will insge­samt 30.000 Menschen unter 30 Jahren mit einem kosten­freien Digital­abo beglücken. Das Blatt ver­schenkt dafür 15.000 Duo-Zugänge an junge Menschen. Wer die Kriterien erfülle und bereits ein Abo nutze, erhalte ein kosten­loses Upgrade. Die Abos seien ein Jahr lang gültig und endeten anschließend auto­matisch. Ich bin mir nicht sicher, ob die Aktion ein Erfolg wird und es zur Markenbildung bei den jungen Menschen dienst.

Das Vertrauen in Print ist angeschlagen. Eine neue Studie zeigt dies. 77 % der Befragten einer Allensbach-Studie für den MVFP halten die TV-Programme von ARD und ZDF für vertrauens­würdige Quellen, 65 % nennen die regionale Tages­zeitung. Über­regionale Titel liegen mit 57 % deutlich dahinter. In den ost­deutschen Bundes­ländern vertrauen über­regionalen Zeitungen nur 29 % der Befragten, auch „Spiegel“ und „Focus“ liegen mit 33 % deutlich unter dem gesamt­deutschen Wert von 48 %. Soziale Medien finden nur 12 % zuverlässig, 57 % halten „viele Informationen, die man dort findet, für unglaubwürdig“.

Immer wieder diskutiere ich mit Kollegen eine periodisches Neuigkkeitsmedium in Papierform herauszubringen und zwar mit flachen Hierarchien. Ich habe in so vielen Verlagen gearbeitet, die einen enormen Verwaltungsoverhead hatten: Büromieten, Dienstwägen, Privilegien, Pöstchen hier, Pöstchen da. Ich kenne Kollegen, die produzieren quasi am Küchentisch, sind vernetzt und bringen wohl finanziell überzeugende Publikationen auf den Mark. Vielleicht ist das ein Ausweg?
Vielleicht ist das Konzept der Zeitung aus Papier oder als eiaper nicht das ideale Konzept für die Massen. Ich habe als ehemaliger Zeitungswissenschaftler am Institut für Zeitungswissenschaften bei meinen alten Prof Hans Wagner gelernt, Zeitung bedeutet Neuigkeit. Damals hatte ich gegrinst als ich mich im Hörsaal quälte und dem alten Wagner (Jahrgang 1937) lauschte, der mit den anderen Professoren im Streit lag, die einen ,moderaten Ansatz vertraten. Aber der Wagner hatte recht. Gut recherchierte vertrauenswerte Neuigkeiten zählen, in welcher Form sie dargereicht werden, wird wohl weniger entscheidend sein.

Bei uns in der Familie wird immer wieder eine Flatrate für Zeitungen und Zeitschriften diskutiert. Plattformen wie Readly stehen im Moment bei uns hoch im Kurs. Für einen Preis viel Content, also Streaming für News so wie wir Streaming für Film und Musik nutzen.

Einen Ausweg aus der Misere habe ich auch nicht.

Meine Emotionen zur Bahn

22. November 2023

Es nervt mich, es nervt mich kolossal. Der jüngste Bahnstreik brachte mich emotional auf die Palme. Ich stelle ausdrücklich nicht das Streikrecht in Frage, aber wenn die Verhandlungen noch nicht mal richtig begonnen haben, kurzerhand einen Streik auszurufen, dass halte ich für schäbig. Bei der Bahn ist vieles schiefgelaufen. Verkehrsminister und Manager haben das Unternehmen kaputtgespart und tun so, als ob die Bahn von alleine kaputtgegangen wäre.

Ich bin konsequenter Bahnfahrer und ich werde belächelt von meiner Umgebung und es kostet mich Überwindung, die Bahn zu verteidigen. Das Familienauto lasse ich in der Regel konsequent stehen, nutze es meist nur für Kurzstrecken zum Einkaufen. Ich bin grundsätzlich ein Fan von Bus und Bahn, aber es fällt mir schwer.

Nur noch 28 % der Fahrgäste sind zufrieden mit der Deutschen Bahn, sagt eine Allensbach-Umfrage. Im Jahr 2007 waren es noch 55 %. Heute assoziieren 88 % der Befragten die Bahn mit Unpünkt­lichkeit, 73 % mit hohen Preisen, 71 % mit Unzuver­lässigkeit. Immerhin: 66 % sehen die Bahn als umwelt­freundlich.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds aus der vergangenen Woche macht die Sache nicht leichter, denn so können die dringend benötigten Bahnsanierungen wieder auf die lange Bank geschoben werden. Doch die Klimaveränderungen gehorchen keinen Haushaltsregeln.
Und ich bin ein Fan des Deutschlandtickets und zuvor des 9 Euro Tickes. Natürlich waren die Regionalzüge voll, was hat man denn erwartet?

Und nun lese ich, dass Bayerns Verkehrsminister Bernreiter das Deutschland-Ticket nicht als den Erfolg ansieht, als der es oftmals gepriesen wird. Für den Ballungsraum sei es zwar ein Gewinn, hat der CSU-Politiker der Mediengruppe Bayern gesagt. Bei der Einführung seien jedoch 13 Millionen Verkäufe prognostiziert worden, nun seien es nur 11 Millionen. Das sei bei 84 Millionen Einwohnern nicht der große Renner, so Bernreiter. Auch werde es bei den 49 Euro für das Ticket nicht bleiben. Bis zum 1. Mai müsse die Verkehrsministerkonferenz eine dauerhafte Lösung für die Finanzierung finden. Ich muss dem Verkehrsminister widersprechen: Jede Fahrt mit der Bahn ist eine gute Fahrt, wenn dafür der Verbrenner stehen bleibt.
Und nun lese ich, dass die kleine Bahngewerkschaft wieder streikbereit ist – wieder auf den Rücken der Bahnfahrer. Die Autolobby freut sich. Irgendwie ist der Wurm drin und wie gesagt, die Klimaveränderungen gehorchen keinen politischen Spielchen. Und ich bin bald wieder emotional auf der Palme.