Archive for November 2024

Prag (11) Basilika Peter und Paul – ein optischer Hochgenuss

2. November 2024

Diese Kirche hat mich optisch umgehauen. Als ich durch die Basilika St. Peter und Paul in Prag gewandert bin, war ich von den Farben und Bildern überwältigt. Jeder freie Zentimeter des mächtigen Gotteshauses war mit religiösen Motiven bemalt. Auch wer nicht gläubig ist, sollte die neugotische Kirche besuchen, die über dem historischen Vyšehrad-Hügel in Prag thront.

Historische Ursprünge
Die Kirche wurde im 11. Jahrhundert gegründet, und ihre Ursprünge reichen bis in die Zeit des böhmischen Herzogs Vratislav II. zurück, der Vyšehrad als wichtigen Sitz wählte und die erste romanische Kirche an dieser Stelle errichten ließ. Vyšehrad selbst, mit seiner Festung und der Kirche St. Peter und Paul, sollte als Gegengewicht zur Prager Burg fungieren. Die ursprüngliche Kirche diente nicht nur als religiöses Zentrum, sondern war auch ein Symbol für die Macht und den Einfluss des Herzogs. Hier ein VR360 Video von meinem Rundgang durch die Kirche.

Im 14. Jahrhundert, während der Herrschaft Kaiser Karls IV., wurde die Kirche umfangreich erweitert und in gotischem Stil umgebaut. Karl IV. verlieh Vyšehrad eine neue Bedeutung als Symbol für die böhmische Staatlichkeit und die altehrwürdige Geschichte des Landes. Leider wurde die Kirche während der Hussitenkriege schwer beschädigt und verfiel in den darauffolgenden Jahrhunderten zusehends.

Der neugotische Umbau im 19. Jahrhundert
Die heutige Erscheinung der Basilika St. Peter und Paul stammt aus dem späten 19. Jahrhundert, als die Kirche im Stil der Neugotik umgebaut wurde. Die Architekten Josef Mocker und später František Mikš führten die umfangreichen Restaurierungsarbeiten durch, die der Kirche ihr charakteristisches neugotisches Aussehen verliehen. Der Umbau betonte die vertikale Struktur des Bauwerks mit seinen schlanken Türmen und aufwendigen Spitzbögen, wodurch die Kirche zu einem unverwechselbaren Wahrzeichen auf dem Vyšehrad-Hügel wurde. Die neugotischen Türme, die das Stadtbild Prags prägen, wurden erst im Jahr 1903 vollendet.

Die Fassade der Kirche ist reich verziert und enthält zahlreiche gotische Elemente wie Wasserspeier, Spitzbögen und Fensterrosen. Im Inneren der Kirche befindet sich eine reiche Ausstattung mit aufwendigen Fresken und Glasmalereien, die vom tschechischen Maler František Sequens gestaltet wurden und Szenen aus dem Leben der Heiligen Peter und Paul sowie anderen biblischen Themen darstellen. Die Kunstwerke vermitteln eine intensive Spiritualität und schaffen eine beeindruckende Atmosphäre für Besucher und Gläubige gleichermaßen.

Die Bedeutung der Kirche für Vyšehrad und Prag
Die Basilika St. Peter und Paul ist nicht nur ein Meisterwerk der Architektur, sondern spielt auch eine wichtige Rolle im religiösen und kulturellen Leben Prags. Die Kirche befindet sich auf dem Vyšehrad-Friedhof, einem der bedeutendsten Friedhöfe der Stadt, der die letzte Ruhestätte vieler prominenter tschechischer Persönlichkeiten beherbergt. Hier sind unter anderem die Gräber des Komponisten Antonín Dvořák, des Malers Alfons Mucha und des Dichters Karel Hynek Mácha zu finden. Der Friedhof selbst ist reich an Grabdenkmälern und Statuen, die oft von namhaften tschechischen Künstlern gestaltet wurden und die tschechische Kulturgeschichte lebendig widerspiegeln. Ich werde über diesen eindrucksvollen Friedhof noch separat bloggen.

Der Vyšehrad-Hügel ist von vielen Legenden und Geschichten umwoben, die tief in der tschechischen Geschichte verwurzelt sind. Die Kirche und der angrenzende Friedhof spielen eine zentrale Rolle in der nationalen Identität und symbolisieren die lange Geschichte des Landes. Vyšehrad gilt als eine Art “tschechische Akropolis” und ist ein Ort, der sowohl von Einheimischen als auch von Touristen geschätzt wird, die die Aussicht auf Prag und die friedliche Atmosphäre genießen möchten.

Moderne Nutzung und Bedeutung
Heutzutage wird die Basilika St. Peter und Paul nicht nur für Gottesdienste genutzt, sondern ist auch ein beliebter Ort für Hochzeiten und kulturelle Veranstaltungen. Die Akustik der Kirche macht sie zu einem idealen Ort für Konzerte klassischer Musik, die regelmäßig in der stimmungsvollen Atmosphäre des Kirchenraums stattfinden.

Im Jahr 2003, genau hundert Jahre nach der Vollendung ihrer neugotischen Türme, wurde der Kirche von Papst Johannes Paul II. der Titel einer „Basilica minor“ verliehen. Dies ist eine besondere Ehre und verleiht der Kirche eine besondere Stellung in der katholischen Kirche. Die Basilika St. Peter und Paul zieht jährlich viele Pilger, Gläubige und Touristen an, die die beeindruckende Architektur, die religiöse Kunst und die tiefe historische Bedeutung der Kirche erleben möchten.

Prag (10): Symbole der Versöhnung zwischen Deutschland/Bayern und Tschechien

1. November 2024

Die Repräsentanz des Freistaats Bayern in der Tschechischen Republik intensiviert die Beziehungen Bayerns zur tschechischen Regierung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft – über gemeinsame Projekte und Veranstaltungen und als Schaufenster Bayerns. Das ist ein wirtschaftlich und kulturell wichtig, sondern hat auch eine enorme Symbolkraft der Versöhnung zwischen Deutschland/Bayern und Tschechien. Geleitet wird diese Vertretung der Bayerischen Staatskanzlei von Martin Kastler bei dem unsere Reisegruppe vom Pfarrgemeinderat Maisach aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck gleich Mal vorbeischaute. Organisiert wurde das Gespräch samt Reise von Matthias Dörr, Mitglied des Maisacher Pfarrgemeinderates.

Ich kenne Martin Kastler noch aus früheren Zeiten und freute mich, den sympathischen Mann wieder zu treffen. Freundlich wurden wir empfangen und freundlich wurde diskutiert über zahlreiche Aspekte. Mich interessierte vor allem der Stand der Digitalisierung in Tschechien. Überall in Prag, so mein subjektiver Eindruck, wird stark auf Technologie gesetzt. Überall in Prag sind aber auch Überwachungskameras angebracht, für Deutsche ein ungewohntes Bild. Auch mein persönlicher Eindruck: Die Tschechen geben enorm Gas und haben Lust auf Veränderung, während viele meiner Landsleute satt sind.

Bayern in der Goldenen Melone
Übrigens, die bayerische Repräsentanz ist in der Goldenen Melone angesiedelt. So lautet der Name des Hauses, der erstmals 1422 urkundlich erwähnt wurde. Die Familie Chotek aus dem alten böhmischen Adel erwarb im 18. Jahrhundert das Gebäude. Und da klingelte es bei mir, denn Sophie von Chotek ist den Geschichtsfreunden bekannt. Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (1. März 1868 in Stuttgart bis 28. Juni 1914 in Sarajevo), ab 1900 Fürstin, ab 1909 Herzogin von Hohenberg, war eine böhmische Adelige und Ehefrau des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand. Sie fiel mit ihm zusammen dem Attentat von Sarajevo zum Opfer, das den Ersten Weltkrieg auslöste.

In dem Gebäude gibt es ein Zimmer, was dem Bayerischen Ministerpräsidenten und seinen Kabinettsmitgliedern als Dienstzimmer vorbehalten ist. Reinschauen durfte ich, betreten durfte ich das Zimmer von Söder und Kollegen nicht.

Maisacher zelebrieren Gottesdienst
Wir hatten Glück mit unserem Besuch, denn die Repräsentanz des Freistaats Bayern in der Tschechischen Republik feierte just ihr zehnjähres Jubiläum. Dazu gab es einen Gottesdienst im Veitsdom, zu denen wir eingeladen waren. Besondere Ehre zudem: Rainer Ullmann, Diakon aus Maisach, durfte zusammen mit dem tschechischen Stadtpfarrer den Gottesdienst halten. Und Doris Ortlieb aus Maisach durfte die Lesung auf Deutsch vortragen – wenn das mal keine Ehre ist. Hier der deutsche Teil des Gottesdienstes mit den Maisacher Akteure.

Aussöhnung ist enorm wichtig
Am nächsten Tag sah ich eine Statue von Edvard Beneš. Als Beneš-Dekrete werden 143 Dekrete des Präsidenten der Republik bezeichnet, die während der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei im Zweiten Weltkrieg von der Exilregierung in London und später von der Nachkriegsregierung erlassen wurden. Sie wurden am 28. März 1946 von der provisorischen tschechoslowakischen Nationalversammlung gebilligt.

Die Beneš-Dekrete dienten Behörden und vielen Bürgern gleichermaßen als Freibrief für einen Rachefeldzug, der Millionen Menschen um ihr Eigentum und Tausende um das Leben brachte, und sie leiteten 1946 in die Vertreibung der Sudetendeutschen und Ungarn aus der Tschechoslowakei über. Sehr gut, dass auf Versöhnung gesetzt wird. Unser Besuch ist ein aktiver Beitrag der Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen und ist für mich enorm wichtig. Daher war auch ein Besuch bei der Repräsentanz des Freistaats Bayern sehr wichtig.

Spatzen singen
Zudem lauschten wir ein Konzert der Regensburger Domspatzen. Der Knabenchor ist der wohl älteste der Welt und wird aktuell geleitet von Domkapellmeister Christian Heiß.

Wir waren noch beim Empfang anlässlich der Domspatzen im Erzbischöflichen Ordinariat dabei. Sehr eindrucksvoller Bau. Mich persönlich als Filmfan interessierte ein Gang, den Miloš Forman 1984 in seinem Film Amadeus mit Tom Hanks gedreht hat und uns im fertigen Film als Schloss Schönbrunn in Wien verkauft wurde. Man sieht wunderbar die französischen Gobelins, die auch im Film verwendet wurden.