Konzert-/Filmkritik: Koyaanisqatsi in der Münchner Philharmonie 2020

Es gibt Filme, die schaue ich mir zur Unterhaltung an. Und dann gibt es Filme, die gehen tiefer: Filme, die einen aufwühlen und inspirieren. Filme, die einen nicht mehr loslassen und beschäftigen. Ein solcher Filme ist Koyaanisqatsi aus dem Jahre 1982. Der Film ist Teil der Die Qatsi Trilogie
Ich habe den Film zum ersten Mal im Schulkino bei mir am Gymnasium auf 16 mm gesehen und dann immer wieder mal auf DVD, mal im linearen Fernsehen. Jetzt habe ich den Film mit Live-Musik in der Münchner Philharmonie endlich auf der großen Leinwand erleben dürfen. An der Orgel spielte Stefan Moser.
Moser ist in der Filmszene kein Unbekannter. Er spielte live Orgelmusik zu verschiedenen Stummfilmklassikern, wie Nosferatu, Metropolis und Panzerkreuzer Potemkin. Ich erlebte ihn nun zum ersten Mal bei seiner Interpretation des Avantgarde-Films Koyaanisqatsi, wie er die Musik von Philip Glass spielte. Moser ist Konzertorganist, Cembalist und Kirchenmusiker und Agenturgründer von Orgelpunkt, einer Agentur für Orgelmusik.


Durch Koyaanisqatsi entdeckte ich als Jugendlicher die Minimal Music von Glass, der für mich bis dahin nur in Klassik gemacht hat. Glass war durch den Film für mich als besonderer Filmmusikkomponist etabliert. Sein Werk zu Dracula höre ich immer wieder gerne. Die Musik zu Koyaanisqatsi war für mich hypnotisch und ich ertappte mich, Als ich aus den Gasteig ging und nach Hause fuhr und immer wieder den Hopi-Gesang Koyaanisqatsi vor mich hin sang. Die Wirkung der Musik ist enorm und in Verbindung zu den Bilder beamt sie einen weg. Einen ähnlichen Effekt hatte ich bei 2001: Odyssee im Weltraum als es zum Ende hin psychedelisch wurde und ich Atmosphères von György Ligeti für mich entdeckte. Die Musik in Verbindung mit den Bildern in Koyaanisqatsi war ein Rausch. Wie in Trance saugte ich das Filmkunstwerk von Godfrey Reggio auf. Als die Endcredits über die Leinwand liefen, erwachte ich aus diesem Sog an Bilder und Tönen. Das hervorragende Orgelspiel von Stefan Moser leistete dazu einen gehörigen Beitrag.


Der Wechsel zwischen Zeitlupen- und Zeitraffer-Aufnahmen war für seine Zeit enorm. Zudem die Abwesenheit von Dialogen. Der Einsatz verschiedener Optiken wie Totale und Macro, Blenden von 22 bis 2.0 verfehlen ihre Wirkung beim Publikum nicht. Wie würde Godfrey Reggio mit heutiger Technik einen solchen Film drehen, wenn er statt Hubschrauber Drohnen einsetzen könnte? Mich hat Koyaanisqatsi auf jeden Fall inspiriert und meine Frau und ich haben anschließend viel über den ungewöhnlichen Film gesprochen. Für mich steht fest: Ich möchte 2020 stärker experimentieren – erste Anläufe sind gemacht.
Und das Thema von Koyaanisqatsi ist aktueller denn je. Die Übersetzung von Koyaanisqatsi in der Sprache der Hopi ist in etwa so: „Leben im Ungleichgewicht“. Dazu führt der Regisseur die Hopi-Gedanken an:
„Wenn wir wertvolle Dinge aus dem Boden graben, laden wir das Unglück ein.
Wenn der Tag der Reinigung nah ist, werden Spinnweben hin und her über den Himmel gezogen.
Ein Behälter voller Asche wird vom Himmel fallen, der das Land verbrennt und die Ozeane verkocht.“

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Eine Antwort to “Konzert-/Filmkritik: Koyaanisqatsi in der Münchner Philharmonie 2020”

  1. DoSchu Says:

    Oh, danke für die Erinnerung!

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