Sind Hörspielkassetten heute noch sinnvoll?

Beutel mit Kassetten

Eine interessante Diskussion entwickelte sich vor kurzem auf einem Seminar zwischen mir und einer Seminarteilnehmerin. Ich berichtete, dass mein Sohn von seiner Tante eine Tüte mit Hörspielkassetten von Benjamin Blümchen und Sesamstraße geschenkt bekommen hatte. Fragend wandte sich der Nachwuchs an mich: „Papa, was ist denn das?“ Mein Sohn kannte keine Kassetten mehr. Wir haben auch ein Problem, denn wir haben nur noch ein Tape Deck im Haushalt. Die Seminarteilnehmerin fand dies entsetzlich. Ich müsste meine Kinder an das Medium Kassette heranführen. Wie könnten sie denn im Baumhaus ihre Hörspiele hören?

Ich erklärte, dass ich keinen Bedarf mehr an Kassetten habe, genauso wie ich keinen Bedarf mehr an den Tonbändern meines Vaters habe. Ich schloss das Tape Deck aus dem Keller, es war sogar ein teueres Doppel-Tape-Deck von JVC, an den Mac an und digitalisierte die Hörspiele. Zeitraubend und vom Klangergebnis her nicht gerade berauschend. Vielleicht ist es besser, wie ich es mit Hui Buh-Hörspielen gemacht habe. Ich habe es aufgegeben, meine Schallplatten zu digitalisieren und mir stattdessen für ein paar Euro die Hörspiele als MP3 gekauft. Diese liegen auf dem zentralen Hausserver und sind für alle Familienmitglieder zugänglich. Für mich ist es wichtiger, dass mein Sohn einen iPod und Rechner bedienen kann, anstatt eines antiken Kassettenrekorders. Ich habe auch mein analoges Diktiergerät mit den kleinen durchsichtigen Plastikkassetten mit weißen Aufklebern weggeworfen. Das digitale Aufnahmegerät oder sogar der Rekorder im iPhone macht einen besseren Dienst. Das ist für mich der Lauf der Dinge.

Nun, meine Seminarteilnehmerin verstand meine Argumentation nicht. Sie fand meine Einstellung „entsetzlich“. Ok, damit kann ich leben.


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5 Antworten to “Sind Hörspielkassetten heute noch sinnvoll?”

  1. Avatar von Jens Arne Männig Jens Arne Männig Says:

    Für jemanden, der ein entspanntes Verhältnis zur Technik hat und obendrein Freude an sinnvollen und ungemein praktischen Neuentwicklungen wie dem mp3-Format und der damit verbundenen Portierbarkeit von Audiodaten hat, mag das kaum nachvollziehbar sein. Wer aber Neuerungen eher kritisch gegenübersteht und gleichzeitig seine eigene Kindheit und die damals vorhandenen Audio-Freuden romantisiert, der versucht seinem Kind eben einfach bieten, was er selbst damals genossen hat.
    Als kurz nach der Jahrtausendwende meine Kinder ins hörspielfähige Alter kamen, hatte ich auch beschlossen, dass man mit dem ollen Kassetten-Mist lieber nicht mehr anfängt. Player war sowieso keiner mehr im Haus, nur im Auto. Doch eines Tages hatte meinen Frau plötzlich einen Kassettenrekorder gekauft: „Das hatten wir damals auch, das *muss* jedes Kind haben.“
    „Anything that is in the world when you’re born is normal and ordinary and is just a natural part of the way the world works. Anything that’s invented between when you’re fifteen and thirty-five is new and exciting and revolutionary and you can probably get a career in it. Anything invented after you’re thirty-five is against the natural order of things.“ – Douglas Adams
    Manche werden eben später dreißig, und manche haben Pech und werden es schon viel früher.

  2. Avatar von fneumeier fneumeier Says:

    So gesellschaftspolitisch wie Deine Seminarteilehmerin würde ich das auch nicht sehen. Aber ganz pragmatisch haben die Kassetten schon ein paar Vorteile: Sie sind billig und in Massen am Flohmarkt erhältlich. Das gleiche bei iTunes oder auf CD kostet ein Vielfaches. Auch die Abspielgeräte sind viel billiger und wie die Kassetten reichlich robust. Eigentlich ideal für Kinderhände.
    Aber ich gebe Dir schon Recht: Es ist kein Fehler, wenn Kinder gleich die moderne Technik lernen. Und irgendwann werden auch mobile Datendienste so bezahlbar sein, dass man die Musik vom heimischen Mediaserver via UMTS unterwegs am Handy (pardon: mobilen Universalgerät) hört.
    Ich seh’s pragmatisch: Nehmen, was grad‘ verfügbar ist und was das Kind okay findet. Politisch oder gar fanatisch muss man das Thema nun wirklich nicht angehen. Da gibt’s dramatisch Wichtigeres in der Kindererziehung (zum Beispiel zu lernen, dass man andere Menschen nicht tot prügelt.)

  3. Avatar von Dodo Dodo Says:

    Nachdem wir nun schon von der Tante die Kassetten bekommen haben, sollten wir beim Opa im Dachboden den alten Kassettenrekorder der Tante herauskramen. Den Kindern wird es bestimmt Spaß machen, das Teil zu bedienen. Für die Aufnahmetaste brauchen sie mindestens zwei Finger, die geht nämlich richtig schwer. Insofern muss ich fneumeier recht geben, was die Robustheit des Abspielgeräts angeht. Für die Kassetten gilt das allerdings nicht. Ich erinnere mich noch gut an die Aktionen, wenn ich mit Tesa und Bleistift bewaffnet versucht habe, die Lieblingskassette zu retten, nachdem der Rekorder sie wieder einmal gefressen hatte. Es war übrigens der Rekorder meiner Schwester. Und ich war als Kind richtig neidisch, weil sie einen eigenen Kassettenrekorder besaß und ich nicht.

  4. Avatar von misumoti misumoti Says:

    Respekt, ihr habt noch ein Tape-Deck! Kassetten sind für mich nicht mal mehr nostalgisch. Versteht mich nicht falsch, aber es war eine nette Zeit mit Kassetten so lange man nicht nach einem Jahr seine Aufnahmen wieder hören wollte! Man wußte dann immer welches Lied als nächstes kam. Das war schon toll und die Qualität! Ich liebe immer noch LPs aber Kassetten gehen mir nicht ab! O.K. für meine 2 Burschen hätten Kassetten durchaus Vorteile. Diese waren dann doch robuster als CDs. Aber auf meinem Server läuft alles was sie bis jetzt bekommen haben und das immer in der gleichen Qualität! Dann könnte ich ja auch VHS als nostalgisch bezeichnen. Eine LP kann ich noch in 100 Jahren hören (so lange keiner meiner Kinder sie in die Hände bekommen hat). Kann ich das mit einer Kassette auch, natürlich, aber ob ich noch etwas höre? Zugegeben war die Zeit, vor dem Rekorder, schon eine schöne, aber das Medium an sich….

    Gruß
    Michael

  5. Avatar von constanze m constanze m Says:

    Na ihr,

    ich bin 19 und noch mit Kassentten aufgewachsen, seitdem helfen die kleinen Geschichte meinen Alltag etwas leichter und angenehemer zu gestallte. Natürlich habe ich auch CD s aber das sind meist Hörbücher, keine Hörspiele. Warum Kassetten, weil ich die aus meiner Kindheit heute noch höre und sie nicht wegschmeißen möchte, dazu sind es zu viele.
    948 Stück inzwischen insgesamnt.
    Kassette und Schallplatte ist Kult

    Gruß

    Constanze

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