Für mich steht mein Oscar-Gewinner als bester Film schon heute fest: Es ist eindeutig Konklave, ein Thriller nach dem Roman von Robert Harris. Harris, den ich eigentlich als Autor eher überschätzt finde, liefert hier jedoch eine hervorragende Vorlage für einen noch besseren Film von Edward Berger. Der in Deutschland geborene Filmemacher hat daraus ein eindrucksvolles Stück Schauspielkino gemacht. Ich habe mir den Film in meinem Lieblingskino, dem Scala in Fürstenfeldbruck, angesehen.

Edward Berger hatte mich bereits 2022 mit seiner Regiearbeit zu Im Westen nichts Neues begeistert. Mit Konklave beweist er erneut sein Können, indem er Schauspieler ohne große Spezialeffekte eindrucksvoll in Szene setzt. Außerdem zeigt er, dass er eine Geschichte auch für Nicht-Katholiken spannend und zugänglich erzählen kann. Dennoch bleibt Berger seinem zentralen Thema aus Im Westen nichts Neues treu: Dieses Mal spielt der Krieg jedoch nicht auf den Schlachtfeldern der Westfront, sondern innerhalb der Mauern der Sixtinischen Kapelle. Besonders schmunzeln musste ich, als Richard Nixon und seine Tonbänder erwähnt wurden.
Im Film geht es um die Papstwahl – einen Entscheidungsprozess voller Intrigen und erbarmungsloser Wortgefechte unter den heiligen Männern. Von den Kardinälen lässt sich einiges darüber lernen, wie man Dreck und Schmutz unter dem Mantel des Glaubens wirft. Beeindruckend ist, wie Bescheidenheit und Machthunger hier inszeniert werden.
Alle Schauspieler liefern intensive Performances ab, allen voran Ralph Fiennes als Kardinal Lawrence. Der Roman von Robert Harris wurde von Peter Straughan für den Film adaptiert. Ich schätze Straughan sehr, da er auch das intelligente Drehbuch zu einem meiner Lieblingsfilme, Dame, König, As, Spion, geschrieben hat.
Die Musik von Volker Bertelmann enttäuscht ebenfalls nicht. Sie knüpft an den großartigen Score seiner Arbeit für Im Westen nichts Neues an. Bereits viermal hat Bertelmann, auch bekannt als Hauschka, mit Berger zusammengearbeitet, und Konklave ist ihre fünfte Zusammenarbeit. Dieses Mal ist die Musik noch vielschichtiger, da verschiedene Figuren eigene Leitmotive haben. Zudem ist sie sakraler, passend zur zentralen Rolle des Katholizismus. Bertelmann erklärt, dass er für den Film ein besonderes Instrument namens Cristal Baschet verwendet hat, das 1952 in Frankreich entwickelt wurde. „Man spielt es ähnlich wie ein Weinglas mit Wasser, bei dem man den Glasrand kreisen lässt. Hier sind es jedoch Stäbe, die man mit angefeuchteten Fingerkuppen reibt. Das erzeugt einen leicht verzerrten, fast schon Synthesizer-artigen Klang“, so Bertelmann im Interview mit dem NDR.
Natürlich ist klar, dass Konklave keine Dokumentation, sondern ein Spielfilm ist. Auch als Nicht-Katholik habe ich dramaturgische Freiheiten erkannt, die es bei einer echten Papstwahl nicht geben würde. Für Interessierte hat die Website katholisch.de einen Faktencheck erstellt. Ich persönlich kann mit den künstlerischen Freiheiten des Regisseurs gut leben. Die Bilder sind großartig, die Schauspieler exzellent, die Musik passend – insgesamt ist Konklave ein grandioser Film.
Schlagwörter: Cristal Baschet, Edward Berger, Faktencheck, Filmkritik, Hauschka, Im Westen nichts Neues, Konklave, Peter Straughan, Ralph Fiennes, Robert Harris, Scala Kino Fürstenfeldbruck, Volker Bertelmann
30. November 2024 um 13:23 |
Auch meine Frau und ich waren gestern im Kino, und haben uns „Konklave“ angeschaut.
Vorneweg: Wir waren überrascht, wie wenig Gäste im Kino waren, auch mit den anderen Filmen. An einem Freitagabend.
Dabei ist dieses Kino in Fürstenfeldbruck in der Buchenau ein sehr schönes Kino. Das Personal ist sehr freundlich und sehr hilfsbereit. Wir hatten einen alten, überfälligen Gutschein dabei, wofür das Kino nichts kann, dass wir das wieder mal glorreich versemmelt hatten. Aber wir fanden mit der sehr freundlichen Mitarbeiterin eine sehr großzügige Lösung hierfür, an dieser Stelle noch mal ein ganz großes „Danke!“
Kino ist ein Erlebnis, ein Event, ein separater Raum, Ort und Zeit. Man ist da nicht zuhause, kleidet sich, begibt sich dort hin, setzt sich in einen verhältnismäßig kleinen Kreis wildfremder Leute, es wird einem die Umwelt sogar mit Licht und Geräuschen möglichst fern gehalten, man verhält sich dort leise und konzentriert sich voll und ganz auf das da vorne, was gezeigt wird. Und wird dadurch unterhalten.
Fast wie in einer Kirche, gäbe es nicht Snacks und Getränke, und die Dunkelheit.
Der Wert des Kinos wird meines Erachtens völlig unterschätzt.
Ja, es ist nicht mehr billig. Aber wir geben für andere Dinge von geringerem Wert mehr Geld aus.
Ja, Corona und Hollywood-Streiks haben den Fluss an guten Filmen unterbrochen. Langsam kommen wir aber auch hier wieder „aus dem Quark“, wenn nicht schon geschehen. Keine Ausreden mehr, es geht hier weiter.
Ja, für weniger Geld können mehr zuhause schauen. Popcorn, Jogginghose, Pizzakarton. Und ist der Bildschirm noch so groß, es bleibt wie ein verschlafener Sonntag.
Somit: Das Kino DARF-NICHT-STERBEN!
Und das schreibe ich als ehemaliger Videotheken-Besitzer, der nie das Kino als Konkurrenz oder Wettbewerb gesehen hat. Dass die Videothek durch Netflux, Amizan-Prome, Sidney+, Plotu, Wupai und was noch nicht alles ersetzt wurde, habe ich rechtzeitig entlebt.
Aber nicht das Kino, eine Mutter der Unterhaltung, auch wenn es manchmal wie eine alte Kathedrale anmutet. Schon zu Vaudeville-Zeiten vor mehr als 150 Jahren sind die Menschen dem Alltag entronnen und haben sich in ein Zelt gesetzt, und die Zeit mit Zauber, Akrobatik, Clownerie, Gedichten und Geschichten „verloren“.
Kino reinigt den Geist von dieser TikTok-versauten 20-Sekunden-Story-Periode. Dann die Stars der bewegten Bilder, erst stumm, dann laut. Und wer erinnert sich nicht an die finst’ren Nachmittage, Abende, Nächte, oder erschwänzten Vormittage voller Fantasie oder Spannung.
Deswegen: Geht-ins-Kino! Geht-da-hin!
Und was trifft sich da nicht besser, in dieser alten Kathedrale „Kino“, als ein Film wie „Konklave“?
Ein sehr schöner Film. Gut und unterhaltend. Mit echten Schauspielern, die ihr Handwerk wirklich erlernt und laufend erweitert haben. Von Leuten gemacht, die davon was verstehen. Zwei Stunden einer Geschichte, ohne langweilige Phasen.
Was mir besonders imponiert hat: Das Tempo des Story-Tellings, die Schnitte. Es wurde den Mienen stets die ausreichende Zeit gegeben. Vielleicht fällt mir das deswegen auf, weil ich langsam selber ein alter, schlauer Mann werde. Der auch seine Zeit braucht.
Man hat Zeit. Man braucht sie sich nicht nehmen, denn sie ist da. Besonders in diesem Film.
Genießt ihn.
30. November 2024 um 13:26 |
Vielen Dank