Der Schatz von Riga

Der Schatz der Letten.

Der Schatz der Letten.

In Riga habe ich den größten Schatz der Letten gesehen. Nein, es geht nicht um Gold und Silber oder Juwelen oder Geschmeide. Es geht um Kultur in Form von Versen und Liedern, so genannte Dainas.
Ein Daina ist in der Regel vier Zeilen lang und kann Jahrhunderte alt sein und, was ganz wichtig ist, sie sind in lettischer Sprache verfasst. Sie beschreiben das Leben der einfachen Leute und die Daina-Verse gibt es zu allen Bereichen des Lebens.

Die einzigartige Sammlung dieses kulturellen Schatzes gibt es in der lettischen Nationalbibliothek zu bewundern. In dem eindrucksvollen Bau steht hinter dickem Glas der Daina-Schrank mit vielen, vielen Schubladen. Dort sind die Dainas katalogisiert und fein säuberlich abgelegt – heute sind die Verse freilich digitalisiert.
Warum sind die Dainas so wichtig? Nun, sie sind ein Symbol der lettischen Identität. Das Land war lange von der deutschen Oberschicht geprägt. Deutsch war Amtssprache und die Sprache der gehobenen Gesellschaft. Auf dem Land sprach man dagegen Lettisch. Eine lettische Hochkultur mit eigener Sprache war damit ausgeschlossen.
Die Dainas wurden mündlich von Generation zu Generation übergeben. Als der Nationalismus im 19.Jahrhundert auch in Lettland Fuß fasste, wurden sich die Letten ihrer Kultur mehr und mehr bewusst. Der lettische Schriftsteller Krišjānis Barons machte es sich zur Lebensaufgabe, die Dainas zu sammeln. Er gilt als „Vater der Dainas“. Er archivierte die Zettel, auf denen er je eine Daina notierte, in einem von ihm selbst für diesen Zweck entworfenen und von einem deutschen Schreiner in Moskau gefertigten Schrank. Er ist 160 cm hoch, 66 cm breit und 42 cm lang. Dieses Heiligtum hab ich in der lettischen Nationalbibliothek bewundert. 2001 nahm ihn die UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes auf.
In den 70 Schubladen des Schranks befinden sich mehr als 350.000 handbeschriebene Zettel in einer Größe von 3 × 11 cm. Insgesamt gibt es 218.000 Dainas, die zwischen 1998 und 2006 digitalisiert wurden. Hier sind sie zu finden.

Eindrucksvoller Bau der lettischen Nationalbibliothek
Das Schränkchen ist in der neuen lettischen Nationalbibliothek. Sie ist optisch sehr eindrucksvoll und wurde nach einem Entwurf des 1925 in Riga geborenen US-amerikanischen Architekten Gunnar Birkerts gebaut. Baubeginn war im Jahre 2008. Die Bibliothek hat 13 Stockwerke und ist 68 Meter hoch. Die Kosten wurden mit 193 Millionen Euro angegeben, so eine Information in Shop des Gebäudes, das am 29. August 2014, dem 95. Gründungstag der Nationalbibliothek, eröffnet wurde.

Die Show zur Eröffnung hatte etwas ergreifendes, denn es wurden die Bewohner Rigas eingeladen, um mitzumachen. Bei einer Aktion im Rahmen des Programms der Stadt Riga als Kulturhauptstadt Europas wurden am 18. Januar 2014 ausgewählte Bestände aus dem derzeitigen Hauptgebäude der Nationalbibliothek durch eine Menschen- und Bücherkette symbolisch in den Neubau gebracht. Im Shop des Gebäudes gibt es umfangreiches Bildmaterial in Büchern, allerdings auf lettisch.

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