Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg – P-Seminar aus Schrobenhausen

Dieser Katalog erschien im Selbstverlag des Gymnasiums Schrobenhausen.

Dieser Katalog erschien im Selbstverlag des Gymnasiums Schrobenhausen.

Bei einem Vortrag am Gymnasium Schrobenhausen kam ich mit dem engagierten Direktor Edmund Speiseder ins Gespräch. Nachdem ich gerade ein P-Seminar zum Thema Journalismus vorbereite, zog er ein Ergebnis des P-Seminars Geschichte aus der Schublade. Unter dem Titel „Liebste Leni … Dein Konrad“ haben Schüler des Gymansiums Feldpostkarten eines bayerischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg gesammelt, analysiert und ein hervorragendes Ergebnis in Form eines Kataloges abgeliefert. Wirklich stark, was an unseren Schulen geleistet wird.
Während vier langer Kriegsjahre schickten sich der Ingolstädter Solat Konrad Kreitmeier und seine Frau Leni mehr als 80 Feldpostkarten. Nachdem Telegrafie zu teuer und das Telefon noch nicht verbreitet war, setzte man als Kommunikationsmittel auf die Post. Die Versorgung mit Informationen innerhalb des Militärs und mit den Lieben zu Hause nannte sich Feldpost. Diese Postkarten bedeuteten nicht nur ein Lebenszeichen, sondern sagen auch viel über die Psychologie der Truppe an der Front und der Familie an der Heimatfront aus. Die Schüler des P-Seminars analysierten die Texte des Ehepaares und zeigten die abartigen Schrecken des Ersten Weltkrieges mit seinen menschenverachtenden Materialschlachten – und sie zeigen eindringlich die Sorgen der Daheimgebliebenen. Sehr gut gelang es dem P-Seminar ein breites und vielschichtiges Informations- und Deutungsspektrum darzulegen. Konrad und Leni Kreitmeier überlebten beide den Ersten Weltkrieg und so zeigt sich an dem Postverkehr eindrucksvoll die Psyche, die sich während der Kriegsjahre veränderte. Vom Hurra-Patriotismus bis zur großen Sorge ist alles in den Feldpostkarten zu sehen.


Auch die Motivauswahl spielt beim Rückschluss auf die Psyche eine große Rolle. Neben den üblichen Weihnachts- und Grußkartenmotiven, gibt es Sehenswürdigkeiten und zerstörten Städte, abgeschossene feindliche Flieger, militärische Stellungen oder Soldaten. Der Übergang von Grüßen hin zur einer propagandistische Bildpostkarte ist fließend.
In seinem Vorwort schreibt Direktor Edmund Speiseder auch: „Es freut mich, dass das P-Seminar Geschichte unseres Gymnasiums unter Leitung von Richard Eckstein der Ereignisse, die vor 100 Jahren ihren Lauf nahmen, angenommen hat und dadurch ein Gedenken pflegt, das in den Kernbereich des menschlichen Lebens führt, in dem auch Leid und Not unserer Vorfahren eine Stimme bekommen. … Gerade deshalb sollte uns die Ächtung des Krieges und der militärischen Konfliktlösung jeglicher Art das oberste Gebot unseres Erziehungsauftrages sein – heute und auch in der Zukunft.“


Der zuständige Lehrer des P-Seminars Richard Eckstein berichtete über das Vorgehen. Im Sekretariat gab im Herbst 2012 ein Unbekannter eine Tüte mit rund Hundert historischen Postkarten ab. Der Fachbetreuer Geschichte des Gymnasiums schaute sich die Karten an und erkannte den historischen Schatz. Es handelte sich um die Feldpostkarten des Soldaten Konrad Kreitmeier aus Oberbrunnnenreuth bei Zuchering und seiner Frau Leni. Die Idee für ein P-Seminar war geboren.
Nachdem das Material getrocket, vom Schimmel befreit, gesichtet und gescannt war, begann die Analyse. Erste Schwierigkeit war es, die altdeutsche Schrift zu lesen. Hier mussten die Schüler lernen, die zum Teil verblichene Handschrift zu lesen und sich so in die Psyche der Eheleute hineinzudenken. In verschiedenen Referaten wurde das Material aufbereitet und durch ergänzende geschichtliche Informationen von den Schülern ergänzt. Lokalhistoriker wie Bernhard Rödig und Anna Probst unterstützten die Schüler. Es fanden sich Sponsoren, die den Druck des umfangreichen Katalogs unterstützten.
An zwei Abenden habe ich mir diesen Katalog angesehen und bin begeistert. Meine Schulzeit liegt lange, lange zurück und gerne hätte ich auch an so einem P-Seminar mitgearbeitet. Also Gratulation für so eine hervorragende Arbeit und ich mach mich mal auf die Suche nach anderen interessanten P-Seminaren. Es gibt sicher viel zu entdecken.

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2 Antworten to “Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg – P-Seminar aus Schrobenhausen”

  1. astrozwerge Says:

    Tschuldigung, aber was ist ein P-Seminar?

    Viele Grüße

    • redaktion42 Says:

      Das P-Seminar (Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung) ist Teil der gymnasialen Oberstufe in Bayern. Es soll die Schüler bei ihrer Studien- und Berufswahl unterstützen. Ziel ist es, sie auf die Anforderungen von Hochschule und Berufswelt vorzubereiten. Die Schüler arbeiten dabei ein Jahr lang in einem Projekt mit, das gemeinsam mit außerschulischen Partnern umgesetzt wird.

      Die Schüler sollen in folgenden Bereichen Erfahrungen sammeln: Methodenkompetenz, Sozialkompetenz, Selbstkompetenz und Fachkompetenz.

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